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Der drohende Super-GAU in Fukushima hat alle anderen Themen verdrängt. Dennoch möchten sich die Experten von AXA IM einer Prognose der wirtschaftlichen Folgen nicht entziehen und glauben, dass sich die Konsequenzen der Katastrophe für die Weltwirtschaft insgesamt in Grenzen halten werden. AXA Investment Managers | 17.03.2011 11:59 Uhr
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Im Überblick
  • Der drohende Super-GAU in Fukushima  hat alle anderen Themen verdrängt. Ökonomische Fragen erscheinen angesichts der Tragödie nebensächlich.
  • Dennoch möchten wir uns einer Prognose der wirtschaftlichen Folgen nicht entziehen. Insgesamt glauben wir, dass sich die Konsequenzen der Katastrophe für die Weltwirtschaft in Grenzen halten.
  • Aufgrund des Ölpreisanstiegs dürfte daher auch die Geldpolitik (außer in Japan) stärker gestrafft werden als bislang geplant, so dass die großen Emerging Markets schon bald schwächer wachsen.
  • Spätestens zur Jahresmitte dürften die USA den Aufschwung anführen.
  • Bei Renten bevorzugen wir nach wie vor inflationsindexierte Anleihen und Unternehmensanleihen, insbesondere High Yield, kurzfristig aber auch sichere Häfen.
  • Bei Aktien empfehlen wir Gewinnmitnahmen.

Die Erdbebenkatastrophe in Japan und der drohende Super-Gau im Fukushima-Atomkraftwerk haben alle anderen Themen verdrängt. Angesichts der Tragödie fällt eine sachliche Analyse der langfristigen Folgen schwer, und rein ökonomische Fragen erscheinen plötzlich nebensächlich. Dennoch glauben wir, dass wir Ihnen eine Einschätzung der wirtschaftlichen Folgen der Katastrophe schulden – auch wenn zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch völlig unklar ist, ob die Situation in Fukushima in den nächsten Tagen weiter eskaliert.

Nicht nur die japanische Börse ist nach der Erdbebenkatastrophe eingebrochen – mit Verzögerung reagierten auch der DAX und Indizes auf die wachsende Atomangst. Gefragt sind stattdessen die klassischen sicheren Häfen wie der US-Dollar und deutsche Bundesanleihen. Der Ölpreis, angesichts der Krise im Nahen Osten das beherrschende Thema der letzten Wochen, ist wieder deutlich zurückgegangen.

Dennoch gehen wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch davon aus, dass sich die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft in Grenzen halten, sofern es in Fukushima nicht zu einer jetzt noch nicht absehbaren Eskalation kommt.

Japan ist keine besonders großer Importeur ausländischer Waren, so dass eine Rezession in anderen Ländern aufgrund der ausbleibenden japanischen Nachfrage unwahrscheinlich ist. Trotz aller Warnungen vor einer Repatriierung japanischer Auslandsvermögen rechnen wir auch nicht mit signifikanten Mittelabflüssen aus den USA und Europa – denn nach wie vor haben die Japaner ihr Geld vorwiegend im Inland angelegt. Wir glauben daher nicht, dass die Katastrophe die Erholung der Weltwirtschaft nachhaltig bremst.
   
Unser Hauptszenario: Die Stunde der USA

Wir bleiben deshalb bei unserem Hauptszenario, dass der Weltwirtschaft 2011 ein Führungswechsel bevorsteht. Nach einem vermutlich unerwartet guten 1. Quartal dürfte das Wachstum in China im 2. und im 3. Quartal deutlich nachlassen, weil die Geldpolitik und ab dem 2. Quartal wohl auch die Fiskalpolitik restriktiver wird. Noch immer gibt es Inflationsdruck, zumindest gemessen an der Preiskomponente des Einkaufsmanagerindex. Da die Inflation die Reallöhne aufzehrt und die Banken weniger bereitwillig Kredite vergeben, wird das Wachstum zur Jahresmitte unter die 8%-Marke fallen. Eine solche Zahl ist für die chinesische Politik kein Tabu mehr. Im Fünfjahresplan für 2011 bis 2015 wird ein Wachstumsziel von 7% genannt.

Die meisten Emerging Markets werden 2012 dem chinesischen Muster folgen, wenn auch mit einigen Monaten Verzögerung. In wichtigen Ländern wie Brasilien, Indien und der Türkei ist die Industrieproduktion seit Jahresbeginn maßvoll gestiegen. Aber jetzt gibt es immer mehr Anzeichen für eine Überhitzung – interne (Inflation) ebenso wie externe (Leistungsbilanzdefizite). Wenn Geld- und Fiskalpolitik nicht bald gestrafft werden, droht eine massive Kapitalflucht. Brasilien hat bereits gehandelt und sowohl die Zinsen erhöht als auch die Staatsausgaben gesenkt. Indien und die Türkei warten, wie es scheint, aber erst einmal ab. Hier hofft man auf den steigenden Ölpreis und wünscht sich, dass er die Binnennachfrage dämpft. Doch unabhängig davon, ob eine Konjunkturabkühlung gezielt angestrebt oder durch externe Faktoren verursacht wird – 2011 wird das schwächere Wachstum der Emerging Markets ein wichtiges Thema sein. Umso bedeutsamer ist US-Nachfrage.

Die amerikanischen Konjunkturdaten bestätigen, dass die Binnennachfrage wegen der besseren Beschäftigungssituation steigt – so wie es die  Konsumklimaindizes bereits andeuteten. Auch die Unternehmen investieren wieder.

In Europa bleibt es unterdessen beim Gegensatz zwischen Kernländern und Peripherie. Exporte und Industrieinvestitionen steigen in den meisten Ländern enorm, während Konsumnachfrage und Wohnungsbauinvestitionen an der Peripherie noch immer schwach sind. In den schwächeren Euro-Ländern könnte die für den April erwartete Anhebung des EZB-Hauptrefinanzierungssatzes die notwendige Haushaltskonsolidierung und die Refinanzierung der Banken erschweren. Insbesondere könnten schon bald EU-Hilfen für Portugal nötig werden. Auf dem EU-Gipfel am 24. und 25. März geht es also um viel.

Unser Ausblick für Japan hat sich nach dem Erdbeben hingegen deutlich geändert. Kurzfristig wird die japanische Wirtschaft unter der Unsicherheit sowie den zu erwartenden Stromsperren und Produktionsausfällen leiden. Wir erwarten daher für dieses Jahr ein um einen halben Prozentpunkt schwächeres Wachstum als vor der Katastrophe. 2012 dürfte die japanische Konjunktur aber, so pietätlos das jetzt klingt, eher stärker wachsen als bislang erwartet. Der Wiederaufbau wird das Wirtschaftswachstum dann um bis zu einen Prozentpunkt steigen lassen.

Dass sich die ökonomischen Folgen vermutlich in Grenzen halten, liegt nicht zuletzt an der Reaktion der japanischen Notenbank und der Regierung, die nach bewährtem Muster zu einer noch expansiveren Geld- und Fiskalpolitik übergehen, als man es von Japan ohnehin gewohnt ist. 

Renten: Weiter vorsichtig, Unternehmensanleihen bevorzugt

Die amerikanischen Renditen waren zuletzt zwar recht stabil, aber die Renditen von Euro-Anleihen stiegen, als Jean-Claude Trichet für die kommenden Monate Zinserhöhungen andeutete. Sollte eine weitere führende Zentralbank diesem Beispiel folgen, wäre dies in der Tat eine wichtige Weichenstellung.

Leider bestätigt dies unsere lang gehegte Befürchtung, dass die Renditen Ende 2011 durchweg höher sein werden als heute. Zwar glauben wir noch immer, dass die Fed ihren Leitzins erst Anfang 2012 anhebt, doch bleiben wir dabei, dass die amerikanischen Renditen zum Jahresende über 4% liegen werden. Zunächst würde es uns aber nicht überraschen, wenn die Langfristrenditen erst einmal etwas zurückgingen und sich dann seitwärts bewegten – denn die Anleger vertrauen wieder darauf, dass die Fed an ihrer Geldpolitik kurzfristig nichts ändert.

Für den Euroraum rechnen wir weiter mit Renditen zwischen 3,5 und 4% zum Jahresende, also nur mit wenig mehr als heute.

Kurzfristig profitieren amerikanische, kerneuropäische und auch japanische Staatsanleihen auch davon, dass sie als sichere Häfen gelten. Langfristig werden aber vor allem japanische Papiere wegen der dann noch höheren Staatsverschuldung wieder an Wert verlieren.

Inflation: Eine große Herausforderung

Dennoch bleibt die Inflation eine der großen Herausforderungen für dieses Jahr – sagen die chinesischen Behörden und leitende IWF-Mitarbeiter. Neben der Überhitzung wichtiger Volkswirtschaften hat in letzter Zeit  vor allem der steigende Ölpreis dafür gesorgt.

Zwar haben sehr viele Emerging-Market-Zentralbanken eine Straffung der Geldpolitik beschlossen, doch dürften die Inflationserwartungen recht hoch bleiben. Wir empfehlen daher, sich mit inflationsindexierten Anleihen abzusichern – insbesondere in den USA, wo die Rohstoffpreisentwicklung die größten Auswirkungen auf die Verbraucherpreisentwicklung hat.

Unternehmensanleihen: Halten

Seit langem schätzen wir Unternehmensanleihen positiv ein, und daran hat sich auch nichts geändert. Zwar rechnen wir zum Jahresende mit insgesamt höheren Renditen, glauben aber auch, dass die Assetklasse von der von uns bis zum Jahresende erwarteten volatilen Seitwärtsbewegung der Zinsen profitiert. Wegen der recht niedrigen Renditen gibt es für diese Assetklasse aber nur einen recht kleinen Puffer. Investmentgrade-Anleihen reagieren normalerweise als erstes auf steigende Staatsanleihenrenditen. Hochzinsanleihen sind besser abgesichert.

Aktien: Gewinne mitnehmen

Zwar sind die Konjunkturdaten noch immer überraschend gut, doch glauben wir, dass sich das Risiko-Ertrags-Profil verschlechtert hat. Dies liegt keineswegs nur an Japan, auch wenn Unsicherheit stets schlecht für die Aktienmärkte ist und insbesondere japanische Papiere aus gutem Grund stark einbrechen, Mittelfristig dürften sie sich aber wieder stark erholen.

Eine wesentliche Rolle spielen auch die Andeutungen von EZB-Präsident Trichet und nicht zuletzt die in diesen Tagen etwas in Vergessenheit geratene Krise im Nahen Osten.

Dennoch bleiben wir bei unserer Einschätzung, dass 2011 ein ordentliches Aktienjahr wird. Unsere Prognose eines Anstiegs der Unternehmensgewinne um etwa 10% ist gut fundiert, und mit einem KGV von 13,5 (auf Basis der erwarteten Gewinne) sind US-Aktien noch immer fair bewertet.

Letztlich gehen wir davon aus, dass die Aktienmärkte in diesem Jahr zwischen Krisen, Katastrophen und Inflationssorgen auf der einen und der anhaltenden Konjunkturerholung in den USA und Europa hin- und hergerissen sein werden.

Auf Länderebene empfehlen wir deshalb eine weitere Verringerung des Portfolio-Betas durch eine Untergewichtung von Emerging-Market-Aktien, weil hier die Inflationsängste zunehmen.

Aus den gleichen Gründen sind wir auch weniger optimistisch für konjunktursensitive Aktien. Wir verringern den Anteil von Industriewerten, die wir jetzt untergewichten, und investieren verstärkt in den Telekommunikationssektor.  Finanzwerte bleiben ebenfalls untergewichtet. Auch gilt es, die Konsequenzen der Erdbebenkatastrophe und eines möglichen Super-Gaus für den Energiesektor genau im Auge zu behalten – und zwar weltweit.

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