Lethargische US-Politik
Im Vergleich dazu wirkt das Ergebnis der Bemühungen der US-Regierung eher mager. Präsident Obama hat mit seinen Konjunkturmaßnahmen nicht die geplante Verbesserung der Beschäftigungszahlen erreicht. Die scheinbare Resignation der Regierung angesichts der Rekordarbeitslosenzahlen dürfte dazu führen, dass die Argumente der Republikaner, die staatliche Eingriffe in die Privatwirtschaft ablehnen, auf fruchtbaren Boden fallen. Es wird schon damit gerechnet, dass bei den Zwischenwahlen im kommenden November die Republikaner die Mehrheit der Sitze im Repräsentantenhaus gewinnen. Für den Rest der bis 2012 dauernden Legislaturperiode wären die regierenden Demokraten damit auf eine Zusammenarbeit angewiesen.Sind die Wahlen im November erst einmal vorüber, dürften die Republikaner allerdings einen pragmatischeren Ansatz verfolgen. Wir gehen daher für das kommende Jahr auch weiterhin von einer Haushaltskonsolidierung in Höhe von nur 1,2 % des BIP aus, wovon der Großteil durch die erzwungenen Sparmaßnahmen der Bundesstaaten realisiert wird. Die Auswirkungen der restriktiven Haushaltspolitik werden wahrscheinlich durch den starken Export und Produktivinvestitionen mehr als ausgeglichen, sodass die US-Wirtschaft nach einem enttäuschenden zweiten Halbjahr 2010 im Verlauf von 2011 wieder an Fahrt gewinnen und ein Wachstum von rund 2,5 % erzielen kann. Neu ist allerdings die Tatsache, dass die US-Verbraucher sich schwerpunktmäßig um die Rückzahlung ihrer Schulden kümmern werden, mit negativen Folgen für das Gesamtwachstum.
Neue Liquiditätswelle
Ein Wachstum in dieser Höhe wird für eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsmarktlage jedoch nicht ausreichen. Von der derzeitigen Arbeitslosenquote geht nach Ansicht der Fed ein unvertretbar hohes Deflationsrisiko aus. Trotz interner Meinungsverschiedenheiten scheint die US-Notenbank daher zu zusätzlichen Maßnahmen gegen dieses Risiko bereit. Wir gehen davon aus, dass sie im November ein neues Programm der quantitativen Lockerung ankündigen wird, das sich im Wesentlichen auf den Ankauf öffentlicher Anleihen konzentriert und monatlich entsprechend der Wirtschaftsentwicklung angepasst wird. Eine Ausdehnung dieses Programms auf weitere Assets (ABS, Kommunalobligationen) ist denkbar. Dieser neue geldpolitische Ansatz wird weltweite Auswirkungen haben. Die resultierende Abwertung des US-Dollar wird sich zwar hilfreich auf die US-Exporte und US-Unternehmensgewinne auswirken, von den Handelspartnern der USA aber alles andere als begrüßt werden. Sie könnte eine reale Abwertung des chinesischen Yuan und damit auch anderer asiatischer Währungen in einer Quasi-Dollarzone zur Folge haben. Die Bank of Japan hat bereits vorbeugend Gegenmaßnahmen beschlossen und am 5. Oktober ein eigenes quantitatives Lockerungsprogramm angekündigt, ohne den Yen hierdurch erkennbar geschwächt zu haben. Angesichts der vorsichtigen Abwartehaltung der EZB könnte der Euro im Gegenzug automatisch an Wert gewinnen, was angesichts der in den Randländern der Eurozone herrschenden Krise und notwendigen Haushaltsanpassungen nicht hilfreich wäre. Zudem würde der von den Zentralbanken der Industrieländer weltweit erzeugte Liquiditätsüberschuss vor dem Hintergrund des überdurchschnittlichen Wachstums in den Schwellenländern (allen voran Asien und Brasilien) erneut in Assets und Rohstoffe der Emerging Markets fließen. Die Zentralbanken der Schwellenländer werden sich gegen die hierdurch verursachte Aufwertung ihrer Währungen durch Bildung von Fremdwährungsreserven zur Wehr setzen und diese unter Nutzung der Renditekurven in US-Dollar und Euro reinvestieren. Damit wäre der Kreis geschlossen und die weltweite Liquiditätsmaschine käme erneut in Gang. Von dieser Entwicklung könnten zwar etliche der heute unterbewerteten Assets profitieren, das Ergebnis kann aber auch ein Überschießen und die Entstehung neuer Blasen sein.
Anleihen: Unterstützung durch die Fed
Die Wirtschaftslage zeigte sich zwar solider als allgemein erwartet wurde, dieser positive Aspekt kam jedoch kaum zum Tragen, da die Anleger zunehmend von weiteren quantitativen Lockerungsmaßnahmen in den USA ausgingen. Anleiherenditen wurden außerdem durch japanische Interventionen am Devisenmarkt beeinträchtigt.
Was die weitere Entwicklung angeht, gehen wir nach wie vor davon aus, dass sich die Fundamentalwerte positiv auf Rentenpapiere auswirken werden. Eine massive Produktionslücke in den Industrieländern, die zur Eindämmung der Kerninflation beitragen wird, sowie weitere quantitative Lockerungsmaßnahmen in den USA (und wohl auch in Großbritannien) werden unserer Ansicht nach noch längere Zeit für eine außergewöhnlich expansive Geldpolitik sorgen. Wir rechnen daher frühestens Ende 2011 mit Zinsänderungen. Vor diesem Hintergrund dürften Kurzläufer mindestens bis Mitte nächsten Jahres unverändert bleiben, ehe sie dann allmählich höhere Zinsen einpreisen. Bis dahin dürfte der Anleihenmarkt Aufwärtspotenzial haben. Risikoaversion, schwache Wirtschaftslage und/oder die Notwendigkeit von Carry-Trades könnten die Renditen von US-Schatzanleihen nach unten drücken. Es würde uns nicht wundern, wenn die Renditen von 10-Jahres-Anleihen zunächst in Richtung der 2 %-Marke absacken, ehe die Bewertungsfaktoren wieder die Oberhand gewinnen und Langläuferrenditen erneut nach oben drücken.
Vor diesem Hintergrund halten wir an unserer positiveren Einschätzung qualitativ hochwertiger Staatsanleihen fest. Da-bei gehen wir von einem weiteren Abflachen der Renditekurve in den USA und Europa aus.
In Bezug auf die Risikokurve bevorzugen wir nach wie vor Schwellenländermärkte, die trotz des derzeitigen Spreads von rund 270 Basispunkten, der uns etwas überzogen erscheint, allgemein durch die bessere Wirtschaftslage und insbesondere durch die bessere Finanzlage unterstützt werden.
Bei Investment-Grade-Anleihen halten wir an einer Übergewichtung fest, da diese Titel auch weiterhin vom sogenannten „Sweet Spot“ (niedrige Renditen und nachlassende Ausfallraten) profitieren dürften. Angesichts einer implizierten Ausfallrate (kumulativ über 5 Jahre) von 9 % für US-amerikanische bzw. 9,4 % für europäische Investment-Grade-Titel erscheinen die Bewertungen angemessen. Hochzinsanleihen bieten zwar ebenfalls einen recht ordentlichen Bewertungsaufschlag, doch sollte man unserer Meinung nach deren engere Korrelation mit Aktien und die daraus resultierende höhere Volatilität bedenken. Insgesamt erlauben die Rahmenbedingungen eine positivere Einschätzung dieser Assetklasse, die auch weiterhin von sinkenden Ausfallraten profitieren dürfte.
Aktien: profitieren von der Reflation, es fehlen jedoch positive Wirtschaftsimpulse
Als sich das Wirtschaftswachstum erholte, verzeichneten Aktien im September kräftige Zuwächse. Diese Entwicklung war zum Großteil auf Deckungskäufe zur Glattstellung von Leerverkäufen sowie Hoffnungen auf eine Reflation zurückzuführen. Die Reflation könnte sich in der Tat positiv auswirken, für einen nachhaltigen Aufwärtstrend brauchen risikoreiche Assets allerdings makro-ökonomische Unterstützung. Diese ist derzeit nicht absehbar. Die Märkte bewerten die Lage jedoch grundsätzlich zukunftsorientiert. Die Stabilisierung der Hochfrequenzdaten und die Aussichten auf neue Liquiditätsinfusionen sind wichtige Faktoren, die eine Neueinschätzung von Aktien angebracht erscheinen lassen. Gleichzeitig könnten einige dieser Hochfrequenzindikatoren jedoch erst leicht nachgeben, ehe sie sich dann stabilisieren.
Analysten haben erwartungsgemäß mit Abwärtskorrekturen der Gewinnprognosen für 2011 begonnen. Wir sind dennoch überzeugt, dass die Gewinne höher ausfallen werden. Die von einigen Analysten aufgestellten Erwartungen von +13 % für 2011 sind jedoch zu optimistisch. Bei Unternehmen außerhalb des Finanzsek-tors rechnen wir für 2011 nach wie vor mit einem Gewinnwachstum in der Größenordnung von 10 %. Trotz der im September erzielten Zuwächse sind die Bewertungen keineswegs überzogen. Wir sind weiterhin überzeugt, dass die globale Bewertung gemessen am Gesamtjahresgewinn 2011 eher beim Faktor 11 liegen wird. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Parameter halten wir die Zeit für gekommen, Aktien positiver zu bewerten und diese Assetklasse insgesamt wieder zu einer neutralen Gewichtung auszubauen. Dabei empfehlen wir, insbesondere die Gewichtung von Schwellenländern zu erhöhen.
Hauptgrund hierfür ist die Tatsache, dass das chinesische Wachstum im 2. bzw. 3. Quartal seinen Tiefststand erreicht zu haben scheint und nun bessere Aussichten bietet, wobei chinesische Titel die gleichen Bewertungen wie vergleichbare Werte anderer Regionen aufweisen. Zudem könnten die liquiditätsfördernden Maßnahmen der Fed Ländern zugute kommen, deren Währungen an den US-Dollar gekoppelt sind. Von dieser Entwicklung könnte der Grundstoffsektor etwas stärker profitieren – eine Einschätzung, der die Bewertungen nicht entgegenstehen.
Rohstoffe:
Es wird häufig behauptet, die Entwicklung der Rohstoffpreise würde durch die chinesische Nachfrage bestimmt. Das ist unserer Meinung nach eine zu stark vereinfachte Sicht, da Rohstoffe die einzige wirklich globale Assetklasse darstellen. Zwar sind die heutigen Preise mit denen von 2007 vergleichbar, doch von den in 2007 erreichten Wachstumsraten (laut OECD-Angaben: ca. +5 %) ist die Weltwirtschaft heute weit entfernt. Außerdem sind die heutigen Lagerbestände deutlich höher als 2007/2008. Bei einigen Rohstoffen liegen sie trotz der im Sommer/Herbst beobachteten leichten Rückgänge heute sogar doppelt so hoch.
Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass Finanzinvestitionen und die Aussichten auf eine weitere Unterstützung durch die US-Notenbank dieser Assetklasse weiter starken Aufwind verleihen werden. Insgesamt gesehen, rechtfertigt diese Situation unserer Meinung nach aber noch keine Änderung der Gewichtung. Daher bewerten wir diese Assetklasse nach wie vor vorsichtig.