Währungsunion wird erste Feuerprobe überstehen

Die europäische Währungsunion wird ihre erste Feuerprobe überstehen. Sie wird ihre Kontrollmechanismen zwar reformieren, allerdings langsamer und weniger geschickt, als die Märkte wohl gern hätten. Auf kurze Sicht dürfte der Euro bis zum Ende der Griechenlandkrise gegenüber dem US-Dollar und den asiatischen Währungen an Wert verlieren. AXA Investment Managers | 28.06.2010 10:31 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Danach sollte sich der Euro auf einem Niveau stabilisieren, das in etwa seinem Fair Value gegenüber dem US-Dollar entspricht, also bei rund 1,15 bis 1,20. Bitte lesen Sie dazu den Kommentar von Eric Chaney, Chefvolkswirt bei AXA Investment Managers.

Währungsunion wird erste Feuerprobe überstehen

Zehn Punkte zur europäischen Schuldenkrise
Von Eric Chaney, Chefvolkswirt bei AXA Investment Managers

Finanzmärkte arbeiten dann am effektivsten, wenn sie gegen den politischen Strom „schwimmen“ bzw. herkömmlichen Überzeugungen zuwiderlaufen. Bereits Ende 2008, als die offiziellen Statistiken Griechenlands lediglich geringfügige Verwerfungen auswiesen, meldeten sich an den Märkten Zweifel an der Qualität griechischer Staatsanleihen. In jüngerer Zeit richteten die Märkte ihr Augenmerk zunehmend auf die Fragilität des europäischen Banken- und Staatsanleihensektors. Das macht insofern Sinn, als dass Regierungen Banken mit „systemischer“ Bedeutung vor der Pleite bewahren müssen. Zudem sind Bankkredite in Europa nach wie vor die wichtigste Finanzierungsquelle (im Gegensatz zu den USA, wo die Kapitalmärkte weiter entwickelt sind). Die kluge Entscheidung, Stresstests durchzuführen und deren Ergebnisse zu veröffentlichen, erfolgte auf Druck durch den Markt, konnte aber bisher aufgrund der Rivalitäten zwischen nationalen Aufsichtsbehörden nicht umgesetzt werden. Dennoch kristallisieren sich an den Märkten implizit Annahmen zu den langfristigeren Perspektiven heraus, die naturgemäß mit weitaus größerer Ungewissheit verbunden sind. So deutet das Renditegefälle bei den fünfjährigen Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen darauf hin, dass der Markt bereits von einem teilweisen Auseinanderbrechen der Eurozone ausgeht. Danach ist unwahrscheinlich, dass Griechenland, Irland und Portugal in der EWU verbleiben, während Spanien und Italien als Wackelkandidaten gelten.
 
Daher sollte man die Zukunft des Euroraums aus längerfristiger Perspektive betrachten. Die Situation lässt sich so auf den Punkt bringen: Griechenland ist ein hoffnungsloser Fall. Die Eurozone wird die aktuelle Krise überleben und ihre Vorschriften und Kontrollen gerade genug anpassen, damit der zögerliche strukturelle Konvergenzprozess weiter voranschreiten kann. Zu den Hintergründen:
 
1. Die Staatsanleihenkrise lässt sich vor allem auf drei Faktoren zurückführen: Erstens der Anstieg der Staatsverschuldung auf 30 Prozent des BIP in fast allen OECD-Staaten während der Rezession 2008/09 sowie die Rettungspakete für den angeschlagenen Finanzsektor. Zweitens das Bewusstsein, dass die meisten OECD-Länder sich bald einer noch größeren haushaltspolitischen Herausforderung stellen müssen, nämlich den steigenden Kosten einer rasch alternden Bevölkerung. Drittens – vor allem im Euroraum – die schweren Mängel im Modell der Währungsunion, die gerade in der Krise zutage traten.
 
2. Wir haben ernsthafte Zweifel an der haushaltspolitischen Tragfähigkeit des Landes, das am nachhaltigsten gegen die EWU-Regeln verstoßen hat: Griechenland. Hier könnte die Staatsverschuldung durchaus auf 150 Prozent des BIP steigen. Eine Umstrukturierung der griechischen Staatsschulden in naher Zukunft ist eine reale Möglichkeit. Das wäre zwar ein bedeutendes Kreditereignis auf staatlicher Seite, würde aber trotzdem nicht das Ende der EWU bedeuten.
 
3. Im Gegensatz dazu sind wir von Spaniens Solvenz überzeugt. Die Rahmendaten für spanische Staatsanleihen sind keineswegs schlechter als die für französische, britische oder sogar deutsche Staatspapiere. Im ungünstigsten Fall müsste die spanische Regierung einen Großteil des Bankensektors stützen. Diese finanzielle Hilfe dürfte aber nach unseren Schätzungen einen Betrag von € 200 Milliarden bzw. 20 Prozent des BIP nicht übersteigen. Im Rahmen eines solchen Worst-Case-Szenarios würde die Staatsverschuldung in Spanien auf 95 Prozent des BIP klettern, also auf ein Niveau, das bei den großen europäischen Volkswirtschaften mit ähnlicher Wachstumsrate (ca. 2 Prozent) zu erwarten ist.
 
4. Sofern am Markt die Zweifel an Spaniens Zahlungsfähigkeit in nächster Zeit zunehmen, könnte sich das Land allerdings gezwungen sehen, das 750 Milliarden schwere Euro-Rettungspaket von EU und IWF in Anspruch zu nehmen. In jedem Fall wird die Europäische Finanzmarktstabilisierungsfazilität (EFSF) die Krise wohl kaum ausufern lassen.
 
5. Im weiteren Verlauf wird eine restriktive Fiskalpolitik nötig sein, um die haushaltspolitische Glaubwürdigkeit wiederherzustellen und die Langfristzinsen niedrig zu halten. Die für 2011 angekündigten Fiskalmaßnahmen machen in den EWU-Ländern summa summarum rund 0,6 Prozent des BIP aus (0,4 Prozent in Deutschland). Das dürfte den Aufschwung zwar bremsen, aber wohl nicht zum Erliegen bringen – solange die Weltkonjunktur ihren Erholungskurs fortsetzt. Das Wachstum der Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal dürfte positiv überraschen; wir erwarten daher deutliche Aufwärtskorrekturen der jüngsten BIP-Prognosen. Der 12%ige Wertverlust des Euro (handelsgewichtet) seit Jahresbeginn wird die negativen Folgen einer strafferen Fiskalpolitik teilweise ausgleichen.
 
6. Auch über die aktuelle Krise hinaus darf man die langfristige Tragfähigkeit der Eurozone ernsthaft bezweifeln. Selbst wenn EWU-Regierungen die politischen und aufsichtsrechtlichen Kontrollen im Euroraum straffen (und das ist angesichts des Marktdrucks wahrscheinlich), werden die Renditeaufschläge gegenüber Bundesanleihen wohl auf hohem Niveau verharren und volatil bleiben. Grund ist die Skepsis in der Anlegerschaft im Hinblick auf die fiskalische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit verschiedener Euro-Länder.
 
7. Die Mitglieder des „Euro-Clubs“ müssen zwei gravierende Schwachstellen angehen:
i) Da die Euro-Bürger den fiskalischen Föderalismus (von den Deutschen abfällig als Transfer-Union bezeichnet) seit jeher abgelehnt haben, müssen die einzelnen Mitglieder akzeptieren, dass sie die Konsequenzen ihrer haushaltspolitischen Entscheidungen nicht auf andere abwälzen können.
ii) Die EWU-Regierungen müssen Strukturreformen vorantreiben, um die strukturellen Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten zu reduzieren und deren Wirtschaftsleistung zu verbessern.
 
8.
Um das erste Ziel zu erreichen, ist zunächst ein reformierter Stabilitätspakt vonnöten, der weniger auf hypothetische Sanktionen als auf konkrete Anreize abstellt und auch einen formalen Schuldensanierungsprozess mit strengen Auflagen umfasst. Ferner müssen die nationalen Haushaltsziele (getragen von einer qualifizierten Mehrheit) in den einzelnen Verfassungen festgeschrieben werden. Das ist nach unserem Dafürhalten durchaus realisierbar, insbesondere nach den von Deutschland im letzten Jahr ergriffenen Maßnahmen.
 
9. Die Umsetzung des zweiten Ziels, also der strukturellen Konvergenz, ist aufgrund der tief verwurzelten Differenzen zwischen Produkten sowie Beschäftigungs- und Immobilienmärkten schwieriger. Als Folge der aktuellen Krise sollen die strukturellen Ungleichgewichte innerhalb der EWU nun sehr viel schneller abgebaut werden, als sie von Anbeginn der Währungsunion entstanden sind.
 
10. Im Rahmen unseres Hauptszenarios gehen wir davon aus, dass die Währungsunion ihre erste Feuerprobe überstehen wird. Die EWU wird ihre Kontrollmechanismen zwar reformieren, aber langsamer und weniger geschickt, als die Märkte wohl gern hätten. Auf kurze Sicht dürfte der Euro bis zum Ende der Griechenlandkrise gegenüber dem US-Dollar und den asiatischen Währungen an Wert verlieren. Danach sollte sich der Euro auf einem Niveau stabilisieren, das in etwa seinem Fair Value gegenüber dem US-Dollar entspricht, also bei rund 1,15-1,20. Während der Euro auf kurze Sicht in Richtung Parität mit dem USD tendieren könnte, ist längerfristig ein erneuter deutlicher Anstieg möglich, wenn sich die Anlegerschaft wieder auf die potenziellen Fallstricke beim Entschuldungsprozess in den USA besinnt.

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.