Steuern wir auf einen Bearmarket zu?

Dass die Aktienmärkte anscheinend unaufhaltsam auf immer neue Höchststände klettern, wirft bei Anlegern die Frage auf, ob eine Korrektur bevorsteht. Eine solche vorherzusagen, ist allerdings schwieriger, als es aussieht, sagt Lukas Daalder, Chief Investment Officer von Robeco Investment Solutions. Robeco | 08.12.2017 14:09 Uhr
Lukas Daalder, Chief Investment Officer, Robeco Investment Solutions / ©  Robeco
Lukas Daalder, Chief Investment Officer, Robeco Investment Solutions / © Robeco
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Der S&P 500 ist in diesem Jahr bisher 57 Mal auf einem neuen Allzeithoch aus dem Markt gegangen. Der NASDAQ hat dies sogar schon 70 Mal geschafft und damit jetzt schon seinen Rekord von 61 Allzeithochs aus dem Jahr 1999 gebrochen. Dass auf die Rally von 1999 ein Kurssturz folgte, macht laut Daalder viele nervös.

Einen Börsencrash vorherzusehen versuchen, ist allerdings keine exakte Wissenschaft; denn Ökonomen und Wissenschaftler können sich noch nicht einmal einigen, was einen Bearmarket darstellt, und nicht alle Aktien sind durch den anhaltenden Bullmarket teuer geworden, betont Daalder.

„Die Sorge vor einer bevorstehenden Korrektur macht sich bei jedem neuen Allzeithoch breit”, sagt Daalder, dessen Multi-Asset-Fonds weiterhin in Aktien übergewichtet ist. „Wenn man die von den großen Banken und Institutionen herausgegebenen Ausblick-Publikationen durchliest, stellt man fest, dass vorsichtiger Optimismus das zentrale Thema ist, wobei die Betonung klar auf ‚vorsichtig’ liegt.”

Luftige Höhen

„Die Bewertungskennzahlen von US-Aktien haben luftige Höhen erreicht, während die Kreditrisikoaufschläge zurückgegangen sind – ungeachtet der Verschlechterung der Kreditqualität und der zunehmenden Gesamtverschuldung. Es überrascht nicht, dass sich immer mehr Analysten fragen, ob, wann und wie die derzeitige Rally in den riskanten Segmenten der US-Finanzmärkte zu Ende gehen wird.”

Bei einer kürzlich durchgeführten Überprüfung der Finanzstabilität wies die EZB auf das hohe Bewertungsniveau des US-Aktienmarkts hin und mahnte, dass eine Korrektur an diesem Markt auch für die wesentlich billigeren europäischen Aktienmärkte ein Risiko wäre. Würde eine solche Korrektur aber einen Bearmarket auslösen?

„Wer versuchen will, Bearmarkets vorherzusagen, muss zunächst einmal eine klare Vorstellung davon haben, wie ein solcher zu definieren ist”, sagt Daalder. „Die Definition, nach der ein Bearmarket ‚eine Korrektur um 20 % gegenüber dem vorherigen Höchststand’ ist, klingt einfach, wirft aber einige Fragen auf.”

„Bei strenger Auslegung bedeutet dies, dass sich der japanische Nikkei schon seit über 27 Jahren in einem Bearmarket befindet. Auch wenn niemand behaupten wird, der Nikkei sei in den letzten Jahrzehnten ein solides Investment gewesen, wird diese Definition den sechs Korrekturen um mehr als 20 %, die dieser Index seit den 1990er Jahren erlebt hat, nicht gerecht.”

„Ein weiteres Kriterium könnte die Inflation sein. Bspw. stieg der brasilianische Bovespa-Index 1994 um mehr als 1.000 %, aber bei einer Inflationsrate von 5.000 %. Und die meisten Anleger würden das als einen Bearmarket bezeichnen.”

Robert Shillers Definition

Daalder beschäftigt sich mit der Definition von Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller: „Die Spitze vor einem Bearmarket ist nach meiner Definition das letzte Zwölfmonatshoch, und im folgenden Jahr sollte es einen Monat geben, der um 20 % darunter liegt.” Demnach hat es in den USA seit 1881 13 Bearmarkets gegeben, zuletzt während der Euro-Krise im Jahr 2011. Das ist aber nicht die ganze Geschichte, gibt Daalder zu bedenken.

„Die Regel, dass innerhalb von zwölf Monaten eine Korrektur um 20 % stattfinden muss, bedeutet, dass Bearmarkets, die etwas länger auf sich warten lassen, herausgefiltert werden”, macht er deutlich. „Außerdem hält Shiller bei der Konstruktion seines berühmten zyklisch bereinigten Kurs-Gewinn-Verhältnisses (Cyclical Adjusted Price Earnings Ratio oder CAPE) an einem nominalen Ansatz fest. Demzufolge gab es in den 1970er und 1980er Jahren keinen Bearmarket, obwohl sich in dieser Zeit ein paar schmerzhafte Korrekturen ereigneten.”

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Volatilität als zusätzliches Kriterium

Dass ein hohes Bewertungsniveau das Risiko einer Korrektur erhöht, ist wahrscheinlich keine schockierende Behauptung. Doch bringt geringe Volatilität zusätzliche Erkenntnisse als ein Frühwarnsignal? Shiller scheint dies anzudeuten, wenn er darauf hinweist, dass in seiner Analyse für die USA „Aktienkursschwankungen in dem Jahr bis zu dem Monat, in dem vor den letzten 13 Bearmarkets der Höchststand erreicht wurde, geringer waren als im Durchschnitt.” Einige Anleger ziehen deshalb Parallelen zu der derzeit niedrigen Volatilität und sehen darin einen Gefahrenhinweis.

Nach Daalders Ansicht ist das aber ebenfalls unzuverlässig: „Eine Volatilität auf Rekord-Tiefstand ist keineswegs ein zuverlässiges Frühwarnsignal, das auf einen Bearmarket hinweist. Ein Blick auf die zehn wichtigsten Phasen mit einer solchen extrem niedrigen Volatilität zeigt, dass darauf nur einmal, nämlich 1895, ein Bearmarket folgte. In den anderen neun Fällen kam es nicht zu einem Kurssturz. Alles in allem scheint die Volatilität für sich genommen kein nützliches Instrument zur Vorhersage von Bearmarkets zu sein.”

Wie sieht es aber mit einer Kombination aus Bewertung und Volatilität aus? In der unten stehenden Tabelle werden dazu die Volatilitätswerte den für die nächsten 12 Monate prognostizierten Aktienrenditen gegenübergestellt. „Wenn die Kombination aus geringer Volatilität und hohem Bewertungsniveau in der Vergangenheit auf bevorstehende Probleme hingewiesen hätte, würde man in der (durch einen roten Kreis markierten) linken unteren Hälfte der Tabelle im Durchschnitt niedrigere Renditen erwarten als in der übrigen Tabelle. Doch anscheinend gibt es in diesem Teil der Matrix keinen besonderen Tiefpunkt, sagt Daalder.

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„Alles in allem glauben wir nicht, dass die Kombination aus Bewertung und Volatilität besondere Prognosekraft hat. Selbstverständlich teilen wir aber die Auffassung von EZB und Shiller, dass das aktuelle Bewertungsniveau von US-Aktien Anlass zur Sorge gibt. Ob das bedeutet, dass wir auf eine baldige Korrektur zusteuern, bleibt jedoch abzuwarten.”

„Die derzeitige Rally ist sehr stark durch Momentum und Liquidität geprägt, und wir sehen bislang kaum Anzeichen dafür, dass sie bald zu Ende gehen wird. Deshalb sind wir in Aktien weiterhin übergewichtet, sind aber durch eng gesetzte Stop-Loss-Orders abgesichert.”

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