Jahrgang 2008: Guter Tropfen oder Ladenhüter?

Mit der Wirtschaft verhält es sich wie mit dem Wein: Es gibt gute und schlechte Jahre. Anders als beim Wein kommen schlechte Jahre in der Wirtschaft zum Glück weniger häufig vor. Und in beiden Fällen kann es starke regionale Unterschiede geben, so Sebastian Paris-Horvitz, Marktstratege bei AXA IM. Markets | 11.12.2007 14:10 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

So kann ein Bordeaux des Jahrgangs 1992 enttäuschen, während ein Weißer Burgunder ganz hervorragend abschneidet.

2007: USA schwach, Schwellenländer behaupten sich 

Im Jahr 2007 hat sich die Wirtschaftslage in den USA infolge der Immobilienkrise erheblich verschlechtert. Ferner hat der Verfall der Immobilienpreise eine Finanzkrise mit ungeahnter Tragweite ausgelöst. Durch diese Krise sind die Schwachstellen bei der seit einigen Jahren praktizierten Verbriefung von Forderungen (Securitisation) zutage getreten. Vor diesem Hintergrund haben die Ausfälle bei den sogenannten Subprime-Krediten in diesem Sommer eine Panikstimmung ausgelöst. Dabei wurden die Finanzmärkte teilweise lahmgelegt, insbesondere die Kreditmärkte, an denen deutliche Kurskorrekturen zu verzeichnen sind. Diese Schockwelle hält noch immer an.

Paradoxerweise war 2007 mit Ausnahme der USA für die meisten Länder ein sehr gutes Jahr, insbesondere für die Schwellenländer. Aufgrund der gestiegenen Rohstoffpreise werden die Schwellenländer, allen voran China, voraussichtlich im fünften Jahr in Folge ein Wirtschaftswachstum von mehr als 5 % verzeichnen – eine Leistung, die schon seit 50 Jahren nicht mehr erreicht wurde. 

Diese Unterschiede bei der Wirtschaftsleistung spiegeln sich auch in den Märkten wider. So lag die Wertentwicklung der Schwellenländer bei etwa 33 % (Basis: MSCI, in lokaler Währung) und für die Industrienationen bei 6 %. Während das Jahr 2007 sich dem Ende neigt, mehren sich die Fragen für 2008.

Herausforderungen für das Jahr 2008 

Gemäß den Konjunkturindikatoren und Umfragen zeichnet sich für die Konjunktur zum Jahresbeginn ein recht klares Bild ab: Das Wachstum schwächt sich ab! Dennoch hat man bislang den Eindruck, dass die diversen Schocks (Immobilien- und Finanzkrise, Ölpreis) keine drastischen Auswirkungen auf die Wirtschaftsaktivität hatten. Insbesondere das verarbeitende Gewerbe setzt gemessen am US-amerikanischen ISM-Index sowie dem deutschen Ifo-Geschäftsklimaindex seinen Expansionskurs fort, wenngleich leicht abgeschwächt. Dies lässt sich zum Teil mit der Widerstandsfähigkeit der Schwellenländer erklären, die unerwartete Absatzmöglichkeiten für Produkte aus den Industriestaaten bieten. So hat der Außenhandel im 3. Quartal 2007 mehr als 1 % zum Wachstum des US-Bruttoinlandsprodukts beigetragen.

Wirtschaft durch "credit crunch" belastet

Realistisch betrachtet dürften die erwähnten Krisen jedoch das Wachstum, vor allem in den USA, in Zukunft noch stärker belasten. Insbesondere die unmittelbaren Auswirkungen der Bankenkrise sind längst nicht voll überschaubar. Die Banken haben nämlich erst kürzlich ihre Absicht bekannt gegeben, die Kreditvergabe bei Privatpersonen und Unternehmen einzuschränken. Dies geht eindeutig aus den Umfragen bei Kreditinstituten hervor, die sowohl in den USA als auch der Eurozone erhoben werden. Die Folgen einer restriktiveren Kreditvergabe („credit crunch“) sind allerdings nur schwer prognostizierbar. Man kann aber davon ausgehen, dass die Wirtschaftsaktivität beeinträchtigt wird.

Gegenmassnahmen werden getroffen

Vor diesem Hintergrund vertritt Paris-Horvitz die Meinung, dass die US-Notenbank früher oder später akzeptieren muss, dass die Risiken für das Wachstum signifikant genug sind, um eine sehr aggressive Geldpolitik zu rechtfertigen. Er erwartet für die kommenden drei Quartale ein Wachstum deutlich unterhalb des Potenzialpfades. Diese Einschätzung veranlasst zu der Prognose, dass die realen Zinsen im Sommer 2008 bei etwa 0 % liegen werden. Dies entspricht einem Fed-Funds-Satz i. H. v. ungefähr 2,5 %. Die Bank of England dürfte ebenfalls eine Lockerung der Geldpolitik vornehmen. Die EZB wird dagegen bis zum Frühjahr 2008 weiterhin unter dem Druck einer sehr hohen Inflation stehen. Erst dann ist mit Zinssenkungen zu rechnen.

Darüber hinaus wären auch staatliche Stützungsmaßnahmen in den USA denkbar, insbesondere um die Lage am Immobilienmarkt  zu entschärfen. Eines der wichtigsten Ereignisse des kommenden Jahres wird zweifellos der Wechsel im Weißen Haus sein. Dabei könnte ein Demokrat bzw. wohl eine Demokratin die Wahl gewinnen. Es ist allerdings schwierig, die Auswirkungen eines solchen Wechsels vorherzusagen. Dies wird sich erst im Jahre 2009 deutlicher zeigen.

Inflation als Hemmnis für Wachstum

Bei makroökonomischer Betrachtung darf natürlich auch die Inflation nicht außer Acht gelassen werden. Aufgrund des Anstiegs der Rohstoffpreise sind auch wieder Bedenken aufgekommen, dass die Inflation auf einem anhaltend hohen Niveau bleiben könnte. Leider kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Inflationsrate allein durch Basiseffekte in den kommenden Monaten relativ hoch bleiben wird. Dennoch besteht kein Grund zur Annahme, dass die Verteuerung der Rohstoffe einen Anstieg anderer Preise oder der Löhne auslösen wird. Daher geht Paris-Horvitz weiterhin davon aus, dass durch die Konjunkturabschwächung die Erhöhung der Preise im Jahresverlauf abgebremst werden dürfte. Zudem wird der Anstieg des Inflationsniveaus, der auch in den Schwellenländern zu verzeichnen ist, zu einer restriktiveren Geldpolitik führen. Demnach ist auf längere Sicht mit einer Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität und einem Rückgang der Inflation zu rechnen. 

Sicherlich könnte sich eine anhaltende Abschwächung des Dollars negativ auf das Inflationsniveau in den USA auswirken. Dies gilt umso mehr bei einer zunehmenden Verteuerung der asiatischen Währungen, insbesondere des chinesischen Yuan, gegenüber der US-Währung. Dennoch kommt Paris-Horvitz zur Auffassung, dass die Finanzierung des amerikanischen Handelsbilanzdefizits durch das Interesse der chinesischen Behörden an Absatzmöglichkeiten chinesischer Produkte weiterhin sichergestellt bleibt und somit eine allzu starke Verteuerung des Yuan verhindert wird. Eine Long Position in Bezug auf asiatische Währungen kann sich 2008 dennoch als gute Marktposition erweisen. Wichtig ist allerdings die Feststellung, dass die chinesischen Behörden um jeden Preis versuchen werden, die wirtschaftliche Stabilität des Landes zu bewahren, erst recht im Vorfeld der Olympischen Spiele in Peking.

Vorsicht statt Risiko

Die Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität, verstärkt durch die Risiken des oben beschriebenen Credit Crunch, veranlasst Paris-Horvitz dazu, zum Jahresbeginn 2008 auf eine vorsichtigere Gangart zu schalten. Tatsächlich hat AXA IM sich zu einer Verringerung des Anteils an risikoreichen Titeln entschlossen, insbesondere der Aktien. Hier empfiehlt sich eine Untergewichtung. Weiters geht Paris-Horvitz jedoch nicht davon aus, dass wir uns bereits in einem Baisse-Markt befinden. Er rechnet nämlich mit dem Erfolg der Leitzinssenkungen und glaubt, dass risikoreiche Titel durch die Bewertungen geschützt werden.

Wir schreiben nicht das Jahr 2000: Die Bewertung der Aktien, gemessen an der Risikoprämie, liegt heute in Europa bei 7 %: Dagegen war sie im Jahr 2000 unterhalb der 3%-Marke angesiedelt. Dennoch kann man im Laufe der kommenden Monate Enttäuschungen bei den Unternehmenszahlen erwarten, vor allem aber eine Zunahme der Unsicherheit in Bezug auf die Konsequenzen der Finanzkrise. Allerdings dürften diese Befürchtungen allmählich nachlassen. In der  Zwischenzeit favorisiert Paris-Horvitz Staatsanleihen, u.a. solche, die an die Inflationsentwicklung gekoppelt sind. Diese weisen zwar eine wenig attraktive  Bewertung auf, dürften sich aber als brauchbarer Schutz gegen die Inflation erweisen, die dennoch etwas oberhalb der Prognosen liegen könnte. Man darf aber nicht dem Pessimismus verfallen. Bei Investments mit einem mittelfristigen Anlagehorizont muss man nämlich bereit sein, die sich bietenden Gelegenheiten zu nutzen.

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