Wie könnten Frontiermärkte im Jahr 2020 aussehen?

Bei den Frontiermärkten sind Veränderungen an der Tagesordnung. In den letzten Jahren haben Pakistan, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate den Sprung von den Frontiermärkten in die Emerging Markets geschafft. Angesichts der Tatsache, dass sich weitere Länder in Richtung Wohlstand bewegen; wer ist als nächstes an der Reihe? Markets | 07.08.2017 10:06 Uhr
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Welche Entwicklungen Oliver Bell, Portfolio Manager, Frontier Markets Equity Strategy bei T. Rowe Price für das Universum der Frontiermärkte erwartet, lesen Sie im nachfolgenden Gastkommentar:

Pakistan

Pakistan hat im Mai den Emerging Markets Status zurückerlangt, wodurch sich die Anzahl der Länder im MSCI Frontier Markets Index auf 23* reduziert. Diese Veränderung war für Pakistan absolut gerechtfertigt. Bedeutende Verbesserungen des wirtschaftlichen, politischen und sicherheitstechnischen Hintergrunds bedeuten, dass sich das relativ volatile Umfeld in ein stabileres gewandelt hat, in welchem gutgeführte Unternehmen Potenzial für Erfolg haben. Die Wachstumsrate des Bruttoinlandprodukts (BIP) in Pakistan hat sich weiter beschleunigt. Mittlerweile hat das Land die tiefsten Inflations- und Zinsraten seit Generationen, während die Währung sich relativ stabil gehalten hat. Zugleich hat sich die politische Stabilität verbessert: Gerade hat zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit vor fast 70 Jahren eine Regierung eine ganze Amtszeit absolviert.

Pakistan war für Investoren über die letzten Jahre zwar ein gutes Thema, doch bilden sich sowohl in der wirtschaftlichen als auch in der politischen Sphäre Risiken. Längerfristig werden weitere Reformen und Entwicklungen nötig sein, um Pakistan in einen wahren «Asiatischen Tiger» zu verwandeln. Damit diese Wachstumsraten erreicht werden können, muss das Land eine Reihe von Problemen in Angriff nehmen, allen voran die Infrastruktur. Der Fortschritt des Infrastrukturprojekts «Wirtschaftskorridors China/Pakistan (CPEC)» für 46 Milliarden US-Dollar ist hierfür ein guter Anfang.

Argentinien

Obwohl der Finanzdienstleister MSCI, Inc. kürzlich angekündigt hat, dass der MSCI Argentina Index ein Frontiermarkt bleiben wird, erwarten wir, dass Argentinien im Jahr 2018 den Kriterien für ein Upgrade in die Emerging Markets gerecht wird. Die Schicksalswende Argentiniens geht zurück auf Oktober 2015, als der unternehmerfreundliche Mauricio Macri zum Präsidenten gewählt wurde und die längst benötigte Veränderung in die Politik brachte. Er implementierte rasch Reformen, die eine gewisse Form der Normalität nach Argentinien zurückbrachten – und die Märkte haben das belohnt.

Nun braucht es weitere politische Reformen und ausländische Direktinvestitionen, um nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu generieren. Wenn Macri in der Wahl der Legislative im kommenden Oktober Kräfte konsolidieren kann, hat der «Reform-Drive» eine gute Chance, weiterzugehen.

Saudi-Arabien

Saudi-Arabien ist derzeit als «standalone»-Land klassifiziert. Es gibt Mutmassungen darüber, ob es –nach Reformen und Verbesserungen – in den MSCI Frontier Markets Index oder direkt in den MSCI Emerging Markets Index aufgenommen wird.

MSCI, Inc. verwies im Juni auf die Möglichkeit eines direkten Eintritts in den Emerging Markets Index im Jahr 2018. Zurzeit geht das Land durch eine Konsultationsphase, aber das Potenzial von Saudi-Arabien ist riesig. Der Grund für den Optimismus liegt darin, dass Saudi-Arabien bei weitem der grösste Markt des Nahen Osten ist – mit mehr als 165 Aktien, einer Marktkapitalisierung von rund USD 530 Milliarden (etwa 50% der Marktkapitalisierung der Länder des Golfkooperationsrats) und einem Handelsvolumen von bis zu USD 4 Milliarden pro Tag. Hinsichtlich Grösse und Liquidität übertrifft der dortige Aktienmarkt alle anderen der Nahost-Region. Er ist überdies diversifizierter als in anderen Ländern, weil weder der Energie- noch der Finanzsektor den Index dominieren.

 

Die Wirtschaft Saudi-Arabiens hat sich zwar verlangsamt, doch haben tiefere Ölpreiseinnahmen Druck auf das Haushaltsdefizit, die internationalen Reserven und die Liquidität ausgeübt. Das Land muss seine Wirtschaft nach wie vor vom Öl weg diversifizieren. Die «2030 Vision», die letztes Jahr angekündigt wurde, gibt Hoffnung auf einen Gesinnungswandel des Königreichs, auch andere Teile der Wirtschaft zu fördern.

Peru

Peru war lange – und ist nach wie vor – eines der Länder Südamerikas mit dem besten Wachstum. Es hat es geschafft, ein ordentliches Niveau wirtschaftlicher Diversifikation zu erreichen – mit mehreren angesehenen Unternehmen innerhalb des Banken-, Immobilien- und Einzelhandelssektors.

Dennoch bleibt Perus Emerging Market Status «on watch», da nur drei seiner Aktien (eine davon ist US-gelistet) den Liquiditätsanforderungen des MSCI Emerging Markets Index entsprechen. Drei ist die Mindestanzahl, um die Eintrittsschwelle zu erreichen. Von einer Abstufung war letztes Jahr zunächst abgesehen worden, doch sie könnte immer noch vollzogen werden. Angesichts der steigenden Überprüfung einer Reihe peruanischer Qualitätstitel durch ausländische Investoren, würden wir jegliche Art von Reklassifizierung als positiv erachten.

Nigeria

Nigeria hat nach wie vor das Potenzial, aus den Frontier Markets auszutreten und ein «standalone»-Markt zu werden – so wie Saudi-Arabien heute. In erster Linie liegt dies an den inadäquaten Liquiditätsniveaus seines FX-Markt. MSCI, Inc. kündigte kürzlich an, die Entscheidung zu verzögern, «um internationalen institutionellen Investoren Zeit zu geben, die Effektivität des neuen FX-Handelsfensters besser zu überprüfen».

Aufgrund sinkender Öleinnahmen hatte Nigeria in den letzten Jahren Schwierigkeiten bekundet. Zwar laufen seit dem Antritt des Präsidenten Muhammadu Buhari im Jahr 2015 einige positive, aber kaum beachtete Entwicklungen, doch braucht das Land nach wie vor Reformen. Nigeria könnte Investoren auch noch anziehen, wenn es den Frontier Index verlassen würde. Noch wichtiger wären jedoch die weitreichenden Auswirkungen auf die Gewichtungen der verbleibenden Länder, da Nigeria momentan fast 8% des Index ausmacht**.

Iran

Die grösste Unbekannte ist der Iran, die nach Saudi-Arabien zweitgrösste Wirtschaft der MENA-Region. Wir begaben uns im Frühjahr 2016 auf eine «Faktenfindungs-Mission» ins Land – noch vor der Aufhebung der internationalen Sanktionen. Was wir vorfanden ist ein gut gebildetes, unternehmerisches und ressourcenreiches Land, das jedoch aufgrund der Sanktionen, die seit 1979 galten, kaum Cashflows generiert.

Neben der Politik verbleiben einige bedeutende Fragen. Beispielsweise rangiert der Iran regelmässig am unteren Ende der Geschäftstransparenz- und Korruptionsrankings. Überdies würden sich institutionelle Investoren wahrscheinlich mit Herausforderungen im Bereich der Liquidität und der Corporate Governance konfrontiert sehen.

Dennoch sind solche Herausforderungen nicht ungewöhnlich, wenn sich Märkte öffnen. Es gibt immer Bereiche für erfahrene Investoren, vernachlässigte Unternehmen mit einer gesunden oder sich verbessernden Geschäftstätigkeit zu entdecken. Von diesen Punkten abgesehen wäre der etablierte und vielseitige Aktienmarkt im Iran eine willkommene Ergänzung für das Frontieruniversum.

Sich weiterentwickelndes Anlage-Universum wird Möglichkeiten kreieren

Alles in allem gibt es in den Frontiermärkten vieles, worauf wir uns freuen können. Die makroökonomischen Fundamentaldaten und die Demographie vieler Frontiermärkte zeigen sich heute günstig und gleichen in einigen Fällen jener der Emerging Market Länder vor etwa 15 bis 20 Jahren. Wir glauben weiterhin an unsere langfristige Investitionsthese für die Frontiermärkte. Diese basiert auf einer Kombination von zunehmendem Frieden und Stabilität, was ein besseres politisches und demokratischeres Umfeld schafft. Daraus wiederum sollten ein verbessertes wirtschaftliches Management und ein Zufluss ausländischer Investitionen resultieren. Zum Schluss gehen ein stärkeres Wirtschaftswachstum und somit ein Rückenwind für den Unternehmenssektor hervor.

Die Frontiermärkte werden sich über die nächsten Jahre weiterentwickeln, es wird also Gewinner und Verlierer geben. Für Investoren ist es wichtig zu erkennen, dass diese Märkte nicht als eine Art serienmässig produziertes Paket gekauft werden können. Sie sind von Natur aus sehr eigenwillig und erfordern eine vorsichtige Analyse. Das Identifizieren eines Themas oder eines Trends wird noch lange nicht automatisch zu einer erfolgreichen Wachstumsinvestition. Auch Aktienrenditen innerhalb eines Landes oder einer Industrie können beträchtlich voneinander abweichen.

Die Frontiermärkte werden gewiss auch weiterhin einen fruchtbaren Boden für erfahrene Investoren bieten, wo gutgeführte, schnell wachsende Unternehmen zu finden sind, die gleichzeitig Wachstum und Rendite liefern können.  

Oliver Bell, Portfolio Manager, Frontier Markets Equity Strategy bei T. Rowe Price


Gastkommentare werden von anerkannten Experten verfasst, deren Meinungen nicht mit jener der e-fundresearch.com Redaktion übereinstimmen müssen.

*Source: MSCI
**Per 30. Juni 2017

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