Im November standen die Finanzmärkte ganz im Zeichen der US-Präsidentschaftswahlen. Der für viele Marktteilnehmer überraschende Wahlsieg von Donald Trump sorgte nur kurz für Alarm an den Aktienmärkten, die gemäßigten Töne des „President-elect“ sowie die Erwartung eines Fiskalpaktes ließen die Kurse an der Wall Street rasch wieder steigen. International waren die Reaktionen gemischt. Während der Aktienmarkt in Japan vom starken US-Dollar profitierte, gab es in den Schwellenländern durchwegs Kursverluste.
Trumps expansive Fiskalpolitik könnte globalen Wachstumsschub bringen
In den USA präsentiert sich die Großwetterlage seit der Wahl von Trump sehr wirtschaftsfreundlich, die Inflation steigt. „Der robuste Arbeitsmarkt sowie die angekündigten fiskalpolitischen Stimuli, bestehend aus Steuersenkungen und Infrastrukturinvestitionen, sollten für eine anziehende Binnenkonjunktur mit steigenden Einkommen und einer Belebung der Industrieproduktion sorgen“, analysiert Christian Nemeth, Vorstandsmitglied und Chief Investment Officer der Zürcher Kantonalbank Österreich AG. Trump plant massive Steuersenkungen und eine Erhöhung der Staatsausgaben. Eine Wirtschaftspolitik, die an jene von Ronald Reagan in den 80er-Jahren erinnert. „Insgesamt sollte die US-Konjunktur, aber vor allem die Binnennachfrage, durch das bereits für das erste Halbjahr 2017 erwartete Steuersenkungspaket an Fahrt gewinnen, ohne dass es in den nächsten zwölf Monaten zu Überhitzungserscheinungen kommt“, schätzt Nemeth die Lage ein. Für 2017 rechnet die Privatbank, die auf die Betreuung vermögender Privatkunden und Unternehmer in Österreich und Deutschland spezialisiert ist, mit mindestens zwei Leitzinserhöhungen in den USA, womit auch der Renditeanstieg bei US-Staatsanleihen noch etwas anhalten dürfte. Statt mit 2,3 Prozent ist in den USA 2017 nun mit einem BIP-Wachstum von 2,7 Prozent zu rechnen.
Eurozone: Gute Prognose, aber politische Risiken
Auch im Euroraum wurde die Wachstumsprognose von 0,7 Prozent auf 1,5 Prozent angehoben. „Die politische Entwicklung bildet weiterhin das größte Prognoserisiko. In unserem Basisszenario unterstellen wir, dass die Ergebnisse der in den nächsten zwölf Monaten anstehenden Wahlen nicht zur erneuten Infragestellung der Währungsgemeinschaft führen“, spielt Nemeth auf die bevorstehende Präsidentschaftswahl in Frankreich und die Bundestagswahl in Deutschland an. Nach den US-Wahlen hat der Euro gegenüber dem Japanischen Yen und dem Schweizer Franken nachgegeben. Das stützt zwar den Außenhandel, deutet aber auch auf Unsicherheit hinsichtlich der Anti-Establishment-Tendenzen in Europa hin. Deswegen sind auch fiskalpolitische Stimuli nur schwer zu koordinieren. Während bei allen Unsicherheiten und Herausforderungen der konjunkturelle Grundtenor in der Eurozone dennoch positiv ist, geht der aktuelle Trend in Großbritannien nach unten. Im United Kingdom wurde der Schock nach dem Brexit-Votum zunächst besser verdaut als erwartet. Allmählich belasten das schwache Pfund und die anziehende Inflation aber die Konsumaktivität.
Emerging Markets: Grundsätzliche Erholung, offene Fragen nach US-Wahl
In den Schwellenländern stellte sich in den vergangenen Monaten eine konjunkturelle Wachstumserholung ein. Russland und Brasilien verließen das rezessive Umfeld und die Konjunkturerholung in China erweist sich als nachhaltig. Der mittelfristige Einfluss des US-Wahlausgangs auf die konjunkturelle Entwicklung der Schwellenländer ist noch offen. Zumindest für einzelne, vor allem lateinamerikanische Staaten könnten sich die fiskalpolitischen Impulse und die damit eher gleichbleibenden Industriemetallpreise positiv auswirken. Ein starker US-Dollar ist auch eine Stütze für exportorientierte Schwelländer, belastet aber Staaten mit hoher Auslandsverschuldung. „Ein wichtiger, noch offener Risikofaktor für Emerging Markets ist die zukünftige Handelspolitik der nächsten US-Regierung. Die Unsicherheit der Investoren ist entsprechend hoch, insgesamt haben die Kapitalabflüsse aus den Schwellenländern deutlich zugenommen“, erklärt Nemeth.
Anlagetipps zum Jahresende
Auch im Dezember spricht das globale Umfeld aus Sicht der Zürcher Kantonalbank Österreich AG weiterhin für die Übergewichtung risikobehafteter Anlageklassen, Aktien bleiben daher attraktiv. Regional sollten die USA von einer wirtschaftsfreundlichen Regierung unter Trump profitieren, die Bewertung ist jedoch bereits fortgeschritten. Nemeth macht darauf aufmerksam, dass global in Folge der Wahl eine deutliche Sektorrotation festzustellen war. „Banken, Finanzdienstleister und Versicherungen haben das Momentum auf ihrer Seite und konnten im zweiten Halbjahr ins Positive drehen, während es beispielsweise für defensive Konsumwerte und den Bereich Telekommunikation nach dem 30. Juni bergab ging“, informiert der Chief Investment Officer der Privatbank. Auf der Anleihenseite schätzt die Zürcher Kantonalbank Österreich AG Unternehmensanleihen derzeit höher ein als Staatsanleihen und empfiehlt daher bei letzteren, die Laufzeit eher kürzer zu halten.