Berenberg Fondsmanager Jurczyk: "Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen"

Brexit, Banken, Terror – vor allem diese drei Themen sorgen zurzeit für Unsicherheit in Europa und belasten damit die Aktienmärkte. Für Boris Jurczyk, Manager des Euroland-Aktienfonds Berenberg European Equity Selection, gibt es dennoch gute Gründe für ein aktives Investment in europäische Aktien: Markets | 03.08.2016 20:34 Uhr
Boris Jurczyk, Fondsmanager, Berenberg / ©  Berenberg
Boris Jurczyk, Fondsmanager, Berenberg / © Berenberg
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Zu Jahresanfang sahen noch viele Marktteilnehmer Europa als die aussichtsreichste Aktienregion. Diese Einschätzunghat sich nicht bewahrheitet. Europäische Aktien haben in den ersten sieben Monaten deutlich schlechter abgeschnitten als andere Aktienmärkte. So verlor der Euroland-Aktienindex Euro Stoxx 50 bis Ende Juli 7 Prozent, während der amerikanische Aktienindex S&P 500 (in Euro) 4 Prozent und der MSCI Emerging Markets (in Euro) sogar knapp 10 Prozent zulegten. „Es wurde viel Geld aus Europa abgezogen. Aktuelle Fondsmanagerumfragen zeigen, dass Europa inzwischen als Anlageregion in den Portfolios untergewichtet ist. Das hat es längere Zeit nicht mehr gegeben“, sagt Berenberg-Fondsmanager Boris Jurczyk.

Drei Belastungsfaktoren für Europa

Vor allem drei große Themen haben nach Meinung Jurczyks die Stimmung in Europa zerstört: politische Unsicherheit durch das Brexit-Votum, die Bankenkrise in Italien und die Terroranschläge. Die Unsicherheit über den weiteren Verlauf des EU-Austritts Großbritanniens wirkt sich zum einen auf das Investitionsverhalten von Unternehmen aus. Die Fluggesellschaft Ryanair beispielweise will geplante Investitionen für Großbritannien auf das europäische Festland verschieben. Der Einkaufsmanagerindex, ein wichtiges Konjunktur-Barometer, ist in Großbritannien auf dem niedrigsten Stand seit sieben Jahren gefallen. „Zum anderen verunsichert die Brexit-Entscheidung Investoren außerhalb Europas. Dazu hören sie etwas von Terroranschlägen und entscheiden sich schnell gegen Europa“, erklärt Jurczyk.

Die Terroranschläge schrecken nicht nur Investoren aus Übersee ab. Sie können sich mittelfristig auch auf die europäische Wirtschaft auswirken. „Beispielsweise wird weniger gereist. Gewinnwarnungen von Fluggesellschaften – wie jüngst von Lufthansa und Easyjet – sind häufig ein Vorbote einer wirtschaftlichen Abschwächung“, so der Fondsmanager. Der dritte große Belastungsfaktor für Europa ist die Bankenkrise in Italien. Der europäische Bankenstresstest hat die Probleme des Bankensektors erneut deutlich aufgezeigt. „Unserer Ansicht nach bleibt der Bankensektor in ganz Europa für Aktienanleger erst einmal äußerst unattraktiv“, sagt Jurczyk.

Fünf Gründe für europäische Aktien

Trotz der Unsicherheitsfaktoren, die den Markt auch in der zweiten Jahreshälfte begleiten dürften, sind europäische Aktien attraktiv. „Jeder größere Rückschlag an den europäischen Aktienmärkten ist mittelfristig eine Kaufgelegenheit“, sagt Jurczyk. Für die Anlageregion sprechen seiner Meinung nach vor allem fünf Gründe:

 

  • Politische Risiken sind größtenteils bekannt und im Markt eingepreist
    Zwar herrscht viel Unsicherheit, wie es politisch in der Europäischen Union weitergeht, der Markt ist sich der Risiken aber bewusst. Das gilt auch für den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf, der die Märkte in den kommenden Monaten beschäftigen dürfte.
  • Die Geldpolitik der Notenbanken wird unterstützend für Aktien bleiben
    Durch die Brexit-Entscheidung ist mit weiteren Lockerungsmaßnahmen zu rechnen. Die Europäische Zentralbank hat es bislang nicht geschafft, die Inflation anzukurbeln. Es könnten neue Maßnahmen folgen, auch extreme, bislang unvorstellbare Instrumente wie Helikoptergeld sind nicht mehr völlig abwegig.
  • Das Wirtschaftswachstum in Europa bleibt positiv
    Auch wenn Großbritanniens angekündigter EU-Austritt und die Terrorgefahr einen negativen Einfluss auf die wirtschaftliche Stimmung haben, bleibt das Wachstum in Europa deutlich positiv. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass Europa in eine Rezession abdriften könnte.
  • Europäische Aktien sind im Vergleich zu US-Aktien attraktiv bewertet
    Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des S&P 500 liegt auf einem Fünf-Jahres-Hoch, während das KGV des Euro Stoxx 50 noch 15 Prozent unter dem Fünf-Jahres-Hoch liegt.
  • Das Sentiment für europäische Aktien ist extrem negativ
    Eine extrem schlechte Stimmung ist oft ein sehr guter Indikator für einen Trendwechsel.

 

Comeback der Rohstoffe, überteuerte defensive Aktien

Kurspotenzial sieht Jurczyk zurzeit bei ausgewählten Aktien mit Bezug zum Rohstoffsektor. Die Rohstoffpreise haben sich im Frühjahr stabilisiert und Optimismus für die globale Wirtschaftsentwicklung entfacht. Im Juni hat der Fondsmanager mit der italienischen ENI erstmals seit Langem wieder einen Energiekonzern gekauft. Gute Chancen erwartet er ebenfalls im Mediensektor, wo er mit dem Satellitenbetreiber SES, Sat1Pro7 Media und dem französischen Medienhaus Publicis deutlich übergewichtet ist. „Diese Unternehmen korrelieren wenig mit dem allgemeinen Marktgeschehen und können als Puffer in fallenden Märkten dienen“, so Jurczyk. Traditionell defensive Aktien – etwa die großen Unternehmen aus dem Nahrungsmittel- und Getränkesektor – hält er hingegen für zu teuer und sieht dort eine erhöhte Rückschlaggefahr.

Abgesehen vom stark angeschlagenen Bankensektor erkennt Jurczyk zurzeit wenig übergreifende sektorale Bewegungen. Es sei vielmehr wichtig, jedes Unternehmen einzeln zu analysieren. Jurczyk: „Im aktuellen Umfeld haben aktive Manager einen signifikanten Vorteil gegenüber passiven Indexinvestments. Es gibt eine hohe Divergenz wie sich die einzelnen Unternehmen entwickeln. Aktives Management kann in diesem Umfeld durch die Auswahl der geeigneten Aktien einen deutlichen Mehrwert erzielen. In stabilen Aufwärtsmärkten ist es tendenziell schwer, den Gesamtindex zu schlagen. Jetzt trennt sich aber die Spreu vom Weizen.“

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