Infrastrukturinvestments: Diskussion bei Institutionellen und Potenziale der Asset-Klasse

„Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ - alternative Assetklassen sind vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase bei institutionellen Investoren gefragt. Besonders intensiv wird derzeit der Bereich Infrastrukturinvestments diskutiert. Welche Chancen und Herausforderungen sich daraus für Anbieter und Investoren ergeben könnten, erörtert Asset Management Consultant Markus Hill in einem exklusiven Gastkommentar. Markets | 22.02.2016 20:00 Uhr
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"Laut diverser Studien, aber auch laut fortlaufenden Meldungen über diese Asset-Klasse bei Kapitalverwaltungsgesellschaften und anderen Firmen, diskutiert die Asset Management-Branche engagiert. Die Bereiche, in die investiert werden kann sind vielfältig. Listed Infrastructure, Debt Fonds, Real Assets und Renewables – alles Themen, die einen fruchtbaren Dialog fördern, sind der Industrie willkommen. Die Chancen für das langfristig ausgerichtete Portfoliomanagement erscheinen vielversprechend. Die Herausforderungen für Anbieter und Investoren sind groß. Know-how, Risikomanagement und Kommunikation stehen im Fokus von Anbietern und Investoren.

Mögliche Investmentfelder im Bereich Infrastrukturinvestments

Städte müssen gebaut werden, Stromnetze ausgebaut und Wasser gestaut werden: Investoren auf privater und öffentlicher Ebene sind gesucht. Neben den genannten Feldern sind die Möglichkeiten für Infrastrukturinvestments breit gestreut. Grob kann man zum Beispiel, ohne Anspruch auf Vollständigkeit die Bereiche Kommunikation (Kabel, Funk), Transport (Bahn, Schiff, Straßen), Ver- und Entsorgung (Abfall, Elektrizität, Wasser) sowie Soziales (Bildung, Kultur, Gesundheit) als Projekt oder Unternehmen als Investitionsobjekte betrachten. Der scheinbar triviale Charakter dieser Aufzählung täuscht, weil das Investmentfeld („Projektfinanzierung“) in vielen Fällen mit einer Vielzahl von Risiken behaftet sein: Regulierung, Input/Output, Rolle von Staat und Politik sowie operative Risiken, Transferrisiken etc. erhöhen die Komplexität bei der Entscheidungsfindung bei institutionellen Investoren. Trotz der in Regel oft anzutreffenden „Langlebigkeit“ der Investmentobjekte kann man keinesfalls immer von sicheren Investments sprechen, ein Eindruck der bei mancher Investmentdiskussionen auf Konferenzen oder in der Fachpresse entstehen kann. Unternehmerische Entscheidungen bei Investitionen, unabhängig von verpackungstechnischen Aspekten, bleiben ihrer Natur gemäß mit Risiken, die man in vielen Fällen erfolgreich managen kann, behaftet. Die Industrie arbeitet daran, diese Risiken für Investoren in verantwortlicher Weise „investitionsfähig“ zu machen (Optimierungspotentiale: Due Diligence, Risikomanagement).

Anbieter und Investoren bei Infrastrukturinvestments

In Deutschland entwickelt sich seit Jahren das Angebot im Bereich der Fondsauflage positiv. Verstärkt nehmen die Kapitalanlagegesellschaften auch den Trend zur Verbriefung wahr. Luxemburg gilt oft als eine erste Anlaufstelle für die Strukturierung, auch die Diskussion im Feld Public Private Partnerships (PPP) nimmt Fahrt auf. Auch die Private Equity-Industrie ist in einer intensiven Diskussionsphase, unabhängig von der Größen- und Kostendiskussion (Der komplexe Bereich der Direktinvestments ist an dieser Stelle nicht im Vordergrund). Etablierte Industrieadressen wie auch viele mittelgroße bis „kleine“ Anbieter von Produkten stellen sich ebenso auf wie Anbieter aus klassischen Infrastrukturmärkten: Australien, USA, Kanada, Großbritannien.

Klassische institutionelle Investoren wie Versicherungen, Versorgungswerke und Corporates (Verbund) beschäftigen sich intern derzeit stark mit Aufbau von Know-how-Kapazitäten bzw. bedienen sich externer Consultants. Man kann in Teilen eine Spaltung des Marktes wahrnehmen: 

Investoren wie zum Beispiel bestimmte Family Offices, Stiftungen und Pensionskassen haben Interesse an Infrastrukturinvestments und besitzen auch in Teilen internes Know-how. Bei bestimmten Größenordnungen und bei professionellem Netzwerk kommen auch bestimmte „Club Deals“ zustande. Aufgrund der Vielfalt von Investmentmöglichkeiten – der oben genannte UBS-Fonds sticht aufgrund der Größe hervor – auch im Energiebereich (Beispiel) nimmt man in Teilen eine Form von „Attentismus“ war – kurz gesagt: Weil derzeit der Aufwand für Due Diligence zu teuer, zeitwendig bzw. unüberschaubar erscheint, wird erst einmal abgewartet. Insbesondere dann, wenn man von der Investitionsebene Fonds auf die Investitionsebene Direktinvestment gelangt, steigt der Grad an Komplexität im Prüfungsprozess (Stichwort: Anlagenverordnung). Bestimmte Investoren können derzeit diese Prüfkapazitäten nicht vorhalten bzw. suchen noch nach Lösungen. Obwohl dieser Prozess nicht ein Kerntrend ist, wird die Zurückhaltung mancher Investoren vielleicht auch dadurch verursacht, dass es in bestimmten Phasen immer wieder zu einer Verknappung des Angebots von attraktiven Zielinvestments für die Fonds kommen kann.

Chancen für das Portfoliomanagement

Langfristigkeit, stabile Erträge und Portfoliodiversifikation werden häufig als Chancenpotential für institutionelle Investoren im Portfolio Management betrachtet. Ähnlich wie die in der Vergangenheit geführte Diskussion im Hedgefondsbereich dient die aktuelle Diskussion bei Infrastrukturinvestments unter Umständen dazu, möglichst frühzeitig „Red Flags“ bei der Due Diligence von Investments zu erkennen, Fehlannahmen zu korrigieren und die vielversprechende Asset-Klasse erfolgreich in den eigenen Portfolios zu managen.

Diversifikation und Risikomanagement

Die Streuung von Risiken ist eine der Kernaufgaben von Portfolio Managern auf Anbieter- wie Investorenseite (Selektion) bei Fondslösungen im Infrastrukturbereich. Ähnlich wie bei der klassischen Asset Manager-Auswahl wird auf internes wie externen Know-how (Consultants) bei der Auswahl bestimmter Fonds zurückgegriffen. Single- und Dachfondslösungen werden geprüft. Die Fondslösungen müssen in die Gesamtstrategie des Investors (z. B. Versicherung) passen. Das richtige Maß zwischen „Überdiversifikation“ und „Unterdiversifikation“ ist zu finden, alles eingebettet in die Konstruktion des Gesamtporfolios des Investors. Einflussfaktoren für Risiken können beispielsweise sein: Cashflow-Profil, Regulierung (AIFM, KAGB, ELTIF, Solvency II etc.), Regionen (Europa versus USA?), Volkswirtschaftsindikatoren, operative Besonderheiten bei Investmentuniversum, Währung und Finanzierungsmodell. Prognose- wie auch Klumpenrisiken bei der Auswahl von Fonds (innerhalb und außerhalb der Fondsebene) sind ebenso zu berücksichtigen. Eine Erkenntnis, im Widerspruch zu mancher gängigen Marktmeinung: Wenn man alles diese Punkte betrachtet, dann wird offensichtlich, dass unternehmerische Risiken bei Investments eines ständigen Monitorings und Reportings bedürfen und man nicht per se von langfristig stabilen Erträgen ausgehen kann bei jedem Infrastrukturinvestment. Dies widerspricht nicht der generellen Annahme, dass Infrastrukturinvestments ein positives Rendite-Risiko-Profil mit stabilen Erträgen ausweisen können.

Fondsmanagement: Bedeutung von Due Diligence und Know-how-Management

Anbieter und Investoren im Bereich Infrastrukturinvestments stehen derzeit im intensiven Dialog. Aufgrund der Komplexität der Angebote und der Zeitintensität des Due Diligence-Prozesses auf Investorenseite kann es zu vielen „Friktionen“ im erhofften Wachstumsprozess kommen. Standardisierung von Prozessen, Transparenz bei den Entscheidungsparametern (Regulierung, Risikomanagement etc.) sind Entwicklungspfade, die von allen Industrieakteuren positiv beeinflusst werden können. Mögliche Fragestellungen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Wie kann sichergestellt werden, dass Investoren – Größen unabhängig, u. a. Family Office wie Versicherung - bei der Auswahl von Fondsprodukten alle auf dem gleichen Know-how-Stand sind, um zeitnah Investitionsentscheidungen treffen zu können? Welche Beurteilungskriterien sind bei welcher Art von Projekt anzusetzen (Cashflow, Bewertungsvorschriften etc.)? Wie beeinflussen bestimmte Zielinvestments Investmentstrategie und Risiko-Exposure?

Vergessen wird häufig, dass viele Investoren bei der Due Diligence das Interesse am Investment dem Aufwand der Investment-Prüfung gegenüberstellen müssen, zusätzlich ist auch zu beachten, dass bestehende Investments eines professionellen Monitorings bedürfen. Weder können alle Investoren solche Fachexpertise ständig intern vorhalten, noch kann es sinnvoll sein, bei jeder Investitionsentscheidung vorher externes Know-how einzukaufen. Die Selektoren besitzen in der Regel Feldkompetenz im Finanzbereich. Spezielle Fragestellungen aus Anlagenbau, operativen Betrieb oder aus speziellen Industriebereichen (Energiemarkt, Regulierung, Länderrisiken, Adressrisiken etc.) gehören oft nicht zum Tagesgeschäft. Länder, Sektoren, Gewichtung, „Green versus Brownfield", Investmentstil, Auflagezeitpunkte – viele Fragen, die bei der Konstruktion eines Portfolios berücksichtigt werden. Der Selektor ist gezwungen, sich trotz Fondshülle mit diesen Themen zu beschäftigen. Konstruktiver Ansatz zur Lösung für solche Fragestellungen: Im Family Office-Bereich bilden sich im Bereich Club Deals bestimmte Know-how-Netzwerke aus, die Abhilfe schaffen können bei Entscheidungsnotstand.

Ausblick – Kommunikation ist gefragt

Infrastrukturinvestments sind unabhängig von der aktuellen Diskussion als klassische, langfristig ausgelegte Investments zu betrachten. Wenn beispielsweise Anbieter, Investoren und Regulatoren (auch Verbände) verstärkt darauf hinwirken bei der Etablierung von Bewertungsstandards, bei der Erhöhung von Know-how durch Investor Education und in anderen Feldern („Center of compentence“-Ausbau etc.), dann besteht die Chance auf den Start eines langen, stetigen Wachstumspfades für Infrastrukturinvestments. Investmentpraxis und Langfristdenke gingen Hand in Hand und würden weniger „modegetrieben“ erscheinen – ein weiterer positiver Aspekt für das Image der Fondsindustrie."

Markus Hill, Asset Management Consultant


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