Die neuen Regeln für Finanzdienstleister

Mit dem am 1.11.2007 in Kraft getretenen WAG 2007 wurde die MiFID in das österreichische Recht umgesetzt. Die wichtigsten Änderungen beschreibt folgender Gastbeitrag von Wolfgang Göltl, Obmann des Fachverbandes Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer Österreich. Funds | 19.11.2007 06:00 Uhr
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Vorbemerkungen Mit dem am 1. November 2007 in Kraft getretenen WAG 2007 wurde die MiFID samt Ausführungsrichtlinie unter Bedachtnahme auf die Durchführungsverordnung in das österreichische Recht umgesetzt. Neben den reinen Umsetzungsbestimmungen enthält das neue Gesetz auch Änderungen der Konsumentenschutzbestimmungen und anderer nicht von der MiFID berührten Rechtsbereiche. Wäre es nach den ersten Gesetzesentwürfen gegangen, hätte die MiFID-Umsetzung die bestehenden Vertriebsstrukturen wohl in Frage gestellt. Letztlich wurde eine Lösung gefunden, die vertriebsseitige Kontinuität gewährleistet. Auch die jetzt vorgesehenen Überleitungsbestimmungen stellen einen Fortschritt gegenüber den ersten Entwürfen dar. Die Überleitung der Konzessionen erfolgt nun automatisch, während der Ministerialentwurf noch neue Konzessionsantragsstellungen vorgesehen hatte. Die übergeleiteten Konzessionsträger müssen jedoch spätestens anhand der Abschluss- und Prüfungsberichte über das Geschäftsjahr 2008 die Einhaltung bzw. Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen (und zwar jener über die organisatorischen Anforderungen) nachweisen.

Der folgende Beitrag soll einerseits einen ersten Überblick über die neue Rechtslage geben, wobei angesichts der umfangreichen und detaillierten Materie kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.

1. Die neuen Marktteilnehmer

Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die bisher über eine sogenannte „große Konzession“ verfügt haben, werden als juristische Person künftig unter der Bezeichnung Wertpapierfirma (WPF) geführt. Die Eigenkapitalerfordernisse wurden insbesondere für die WPF mit großen Mitarbeiterstrukturen drastisch verschärft und, obwohl diese mit völlig anderen operationellen Risiken konfrontiert sind, jenen der Banken angeglichen. Sie können – wie bisher – unter Inanspruchnahme des "EU-Passes" grenzüberschreitend tätig werden und sich bei Erbringung der Wertpapierdienstleistungen vertraglich gebundener Vermittler und – mit Einschränkungen – der bereits bekannten Finanzdienstleistungsassistenten (FDL-Assistenten) bedienen.

Die bisher als Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit einer sogenannten „kleinen Konzession“ tätigen Rechtsträger können auch künftig als natürliche oder juristische Person unter der Bezeichnung Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WPDLU) auftreten. Der Tätigkeitsumfang beschränkt sich auf die Anlageberatung und die Annahme und Übermittlung von Aufträgen sofern diese Tätigkeit jeweils Finanzinstrumente zum Gegenstand hat. Vom Erfordernis des Vier-Augen-Prinzips und des Eigenkapitals sowie den sonstigen für die WPF geltenden organisatorischen Anforderungen wird dann abgesehen, wenn die jährlichen Umsatzerlöse € 730.000,-- nicht übersteigen und das WPDLU eine Berufshaftpflichtversicherung vorweisen kann. Werden sohin höhere Umsatzerlöse erzielt, muss der Rechtsträger die Konzession für den Betrieb einer WPF beantragen. Das WPDLU kann sich wie bisher bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen der Dienste von Finanzdienstleistungsassistenten bedienen.

Neu geschaffen wurde die Rechtsfigur des vertraglich gebundenen Vermittlers (vg-Vermittler). Im Gegensatz zum FDL-Assistenten, kann der vg- Vermittler auch als juristische Person organisiert sein und im Ausland tätig werden. Er kann allerdings, anders als der FDL-Assistent nur für eine einzige WPF oder ein einziges Kreditinstitut tätig sein. Ein im Inland tätiger vg-Vermittler benötigt die Gewerbeberechtigung des gewerblichen Vermögensberaters und ist in ein bei der FMA einzurichtendes öffentliches Register einzutragen. Der FDL-Assistent wird wie bisher seine Tätigkeit für einen oder mehrere Rechtsträger entfalten, wobei dies eine WPF, ein WPDLU, ein Kreditinstitut oder ein Versicherungsunternehmen sein kann. Der FDL-Assistent muss, sofern er nicht bereits über die Gewerbeberechtigung des gewerblichen Vermögensberaters oder Versicherungsvermittlers verfügt, das freie Gewerbe des FDL-Assistenten anmelden. Das bisher bei der FMA bestehende Verzeichnis der freien Mitarbeiter wird für die FDL-Assistenten fortgeführt.

Schließlich wird im Gesetz wiederholt der Begriff des Rechtsträgers verwendet. Darunter werden neben WPF und WPDLU auch Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Zweigstellen von WPF sowie Kreditinstitute aus Mitgliedsstaaten verstanden, auf die die Bestimmungen des WAG 2007 großteils  ebenfalls zur Anwendung kommen. Wie bereits eingangs erwähnt, haben sich die Befürchtungen der Branche hinsichtlich der Gefährdung der bestehenden Vertriebsstrukturen nicht bewahrheitet. Die damit einhergehenden Rechtsfolgen wären zu gravierend gewesen und der Gesetzgeber hat sich daher zu einer richtlinienkonformen Lösung entschlossen, die den bestehenden Vertriebsverhältnissen gerecht wird.

2. Wertpapierdienstleistungen und Wohlverhaltensregeln

Das WAG 2007 unterscheidet vier verschiedene Arten von Wertpapierdienstleistungen:

  • die Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente (Anlageberatung),
  • die Verwaltung von Portfolios (das Finanzinstrument enthält) auf Einzelkundenbasis mit Ermessensspielraum im Rahmen einer Kundenvollmacht (Portfolioverwaltung)
  • die Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen, sofern diese Tätigkeit Finanzinstrumente zum Gegenstand hat.
  • der Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF). Der dem alten WAG zugrundeliegende Begriff der Vermittlung findet sich im WAG 2007 nicht mehr und diese Dienstleistung fällt nunmehr, sofern sie Finanzinstrumente zum Gegenstand hat, unter die Wertpapierdienstleistung der Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Finanzinstrumente.

Der Begriff der Finanzinstrumente umfasst unter anderem neben Aktien, Schuldverschreibungen, Zertifikaten für solche Wertpapiere, in- und ausländischen Kapitalanlage- und Immobilienfonds, Optionen und Derivaten und einer Reihe anderer in den Begriffsbestimmungen angeführte Wertpapiere.

Die Wohlverhaltensregeln umfassen nun noch ausführlichere Regeln, über die den Rechtsträger treffenden Verpflichtungen. So hat der Rechtsträger künftig bei Erbringung von Wertpapierdienstleistungen ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse seiner Kunden zu handeln und den Wohlverhaltensregeln zu entsprechen. Dabei treffen ihn im Wesentlichen folgende Pflichten:

  • Erteilung der Basisinformationen über den Rechtsträger und seine Dienstleistungen und die Vertragsgrundlage zwischen Rechtsträger und Kunden
  • Einholung von Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf spezielle Produkte und Dienstleistungen, finanzielle Verhältnisse und Anlageziele des Kunden
  • Kategorisierung des Anlegers als Privatkunde, professioneller Kunden oder geeignete Gegenpartei
  • Umfassenden Information über Finanzinstrumente, den Schutz von Kundenfinanzinstrumenten- und -geldern, Kosten und Nebenkosten (wobei hier der vom Kunden zu zahlende Gesamtpreis einschließlich aller Gebühren, Provisionen und sonstigen Entgelte anzugeben ist oder sollte dies nicht möglich sein, die Grundlage der Berechnung), Anlagestrategie sowie Ausführungsplätze
  • Bei der Anlageberatung und Portfolioverwaltung ist außerdem zu prüfen, ob das Geschäft den Anlagezielen des Kunden entspricht, die Anlagerisiken für ihn finanziell tragbar sind und der Kunde die mit dem Geschäft einhergehenden Risiken auch versteht, ob das Produkt sohin für ihn geeignet ist (Geeignetheitstest)
  • Im Rahmen der anderen Wertpapierdienstleistungen als der vorgenannten ist festzustellen, ob das in Aussicht genommene Produkt angesichts der Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden für diesen angemessen ist (Angemessenheitstest)

Abweichend von der bisherigen Rechtslage können die Wertpapierdienstleistungen der Anlageberatung und Portfolioverwaltung nach dem WAG 2007 dann nicht erbracht werden, wenn der Kunde auch nur eine der von ihm einzuholenden Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen, finanziellen Verhältnisse und Anlageziele – soweit relevant – nicht mitteilt. Eine – wie sie bisher in der Praxis vorkam – eingeschränkte Beratung ist daher künftig nicht zulässig.

Im Rahmen der anderen Wertpapierdienstleistungen – Hauptanwendungsfall wird die Vermittlung von Finanzinstrumenten sein – treffen den Rechtsträger Warnpflichten, wenn er zur Auffassung gelangt, dass das in Aussicht genommene Produkt für den Kunden nicht angemessen ist. Ebenso hat er ihn zu warnen, wenn der Kunde die vom Gesetz geforderten Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen nicht mitteilt. Diese Warnungen können in beiden Fällen in standardisierter Form erfolgen. Den Rechtsträger treffen – wie bisher – Aufzeichnungspflichten, die nun im Gesetz und in der Durchführungsverordnung weitaus detaillierter als bisher vorgeschrieben sind. Daneben gibt es nun auch ausdrückliche Berichtspflichten.

Im Rahmen der „best execution“ Pflicht hat der Rechtsträger, der Kundenaufträge selbst ausführt, eine Durchführungspolitik festzulegen und sicherzustellen, dass die Dienstleistungen nach Maßgabe der Durchführungspolitik so durchgeführt werden, dass sie zu gleichbleibend bestmöglichen Ergebnissen für die Kunden führen. Da dies auf den Einzelfall bezogen nicht möglich ist, zählt hier der Durchschnitt der für den Kunden erzielten Ergebnisse, wobei für Privatkunden das bestmögliche Ergebnis hinsichtlich des Gesamtentgelts zu erzielen ist. Bei der Bearbeitung von Kundenaufträgen hat der Rechtsträger die unverzügliche, redliche und rasche Abwicklung der Kundenaufträge sicherzustellen.

Die bisherigen Regeln hinsichtlich der unerbetenen Nachrichten nach dem WAG wurden aus dem alten Gesetz übernommen, hier hat sich die Rechtslage nicht verändert. Auch die Bestimmung, dass Haustürgeschäfte nur über Einladung zulässig sind widrigenfalls dem Konsumenten ein Rücktrittsrecht entsteht, blieb unverändert. Eine wesentliche Veränderung wurde allerdings hinsichtlich der Zulässigkeit von Haftungsbeschränkungen vorgesehen. Die bisher im WAG vorgesehene Möglichkeit, die Haftung auch gegenüber Konsumenten durch eine entsprechende im Vertragstext hervorgehobene Vertragsklausel auf grob fahrlässiges Verschulden zu beschränken wurde ersatzlos gestrichen. Ebenso wurde die Regelung im alten Gesetz, wonach ein Verstoß gegen die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln einen Anspruch auf Schadenersatz begründet, weil diesem Anspruch in der Praxis ohnedies keine maßgebliche Bedeutung zukam, aus gutem Grund nicht in das neue Gesetz übernommen.

3. Organisatorische Anforderungen

Das WAG stellt an die WPF eine Reihe von organisatorischen Anforderungen. Neben den allgemeinen organisatorischen Anforderungen hat die WPF insbesondere eine unabhängige Compliance-Funktion, eine Risk Management–Funktion und eine von den übrigen Funktionen getrennt und unabhängig agierende interne Revision dauerhaft einzurichten. Daneben ist auch ein Verfahren für die angemessene Bearbeitung der Beschwerden von Privatkunden zu etablieren. Das Erfordernis einer Compliance Funktion und einer internen Revision bestand zwar auch nach der alten Rechtslage, nunmehr sind die Anforderungen vom Gesetz ausdrücklich umschrieben und es bestehen klare gesetzliche Regeln für diese organisatorischen Erfordernisse.

Weitere organisatorische Anforderungen stellt das WAG an jene Rechtsträger, die betriebliche Aufgaben oder Wertpapierdienstleistungen auslagern. Klargestellt wurde nun auch, dass sich ein Rechtsträger, der für einen anderen Rechtsträger Wertpapierdienstleistungen im Namen eines Kunden erbringt, auf die ihm vom Rechtsträger zur Verfügung gestellten Kundeninformationen stützen und verlassen darf. Die Verantwortung trägt dann der Rechtsträger, der ihm den Auftrag erteilt hat.

Das WAG 2007 enthält weiters Regeln, wie mit Interessenkonflikten künftig umzugehen ist. Hier wird die FMA noch durch Verordnung vorzuschreiben haben, welche Verfahren und Maßnahmen zum Umgang mit Interessenkonflikten vorzusehen sind. Im Ergebnis wird die bisherige Rechtslage durch detaillierte Umsetzungsbestimmungen ausgestaltet, sodass es künftig für die Marktteilnehmer klare Leitlinien geben wird, wie die Verfahren und Maßnahmen zur Bewältigung der Interessenkonflikte auszusehen haben. Schließlich wurden auch Regeln für die zusätzlichen organisatorischen Anforderungen bei der Erstellung von Finanzanalysen richtlinienkonform umgesetzt.

Die Bestimmungen über die Rechnungslegung und Abschlussprüfung entsprechen weitgehend dem alten WAG, alle Rechtsträger müssen Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer oder entsprechende juristische Person zum Zweck der Erstellung eines Prüfungsbericht bestellen. Neu ist, dass nunmehr neben den Vermögensverwaltern auch jene Wertpapierfirmen Mitglieder der Anlegerentschädigung werden müssen, die sich nur auf die Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen über Finanzinstrumente – sohin auf die Vermittlung – beschränken.


Über die Autoren:
Wolfgang K. Göltl ist Bundesvorsitzender der Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer Österreich WKO. Der Beitrag entstand zusammen mit Dr.  Christian Winternitz von Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH.

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