„Rohstoffe als Krisengewinner“

Rohstoffe als eigene Assetklasse rücken immer stärker in den Fokus der Anleger. Wie schätzen die Experten die weiteren Aussichten ein? Stefan Klocker, Dachfondsmanager bei der Constantia Privatbank, im Interview mit Sandra Ebner, Fondsmanagerin des DEKA-Commodities. Funds | 02.10.2007 06:04 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Seit rund zwei Jahren können Anleger via Investmentfonds direkt in Rohstoffe investieren. Mittlerweile sind in allen 61 im deutschsprachigen Raum zugelassenen Fonds bereits 7,5 Mrd. Euro investiert. Im Vergleich zu Rohstoff-Aktienfonds (Anm. d. Red.: diese investieren über Unternehmen im Rohstoffbereich indirekt in diese Assetklasse – siehe auch „Rohstoff-Fonds hart wie Stahl“ vom 20.6.2007), welche seit der Auflage des ersten Fonds 1972 auf ein Gesamtvolumen von 25 Mrd. Euro gekommen sind, ist das zwar noch relativ gering, wächst aber rasant.

Grund genug für e-fundresearch.com Sandra Ebner, Fondsmanagerin des 292,7 Millionen Euro großen DEKA-Commodities, zum Gespräch mit Dr. Stefan Klocker, Dachfondsmanager bei der Constantia Privatbank einzuladen. Der DEKA Commodities erzielte seit Auflage im Oktober 2006 eine Ertrag von 11,2 Prozent, die Benchmark Dow Jones AIG Commodity Index kam nur auf 6,6 Prozent. Seit dem 20. September 2007 ist der Fonds nicht mehr nur in Deutschland, sondern auch in Österreich zum Vertrieb zugelassen.

„Angebot und Nachfrage sprechen für steigende Preise“

Stefan Klocker: Frau Ebner, mit welchem weiteren Verlauf der Rohstoffpreise rechnen Sie 2007 und was sind die Einflussfaktoren?

Sandra Ebner: Im Prinzip funktionieren Rohstoffmärkte sehr einfach, denn die Preise basieren im Unterschied zu Aktien und Anleihen - deren Kurse ergeben sich nämlich aus den Barwerten der zukünftig erwarteten Zahlungsströme -  auf Angebot und Nachfrage.

Beide dieser Seiten sprechen mittelfristig für weiter steigende Rohstoffpreise: Das rasante Wachstum der Weltwirtschaft und der strukturelle Aufholprozess Chinas treibt die Nachfrage. Auf der anderen Seite wächst das Angebot nur unterdurchschnittlich, u.a. weil bei neuen Investitionen bereits Engpässe bezüglich der Kapazitäten bestehen. So sind zum Beispiel die Lieferzeiten bei Bergbaugeräten derzeit im Schnitt doppelt so lang wie normal. 

Strukturelle Veränderungen bei Nahrungsmitteln

Stefan Klocker:  Wie wird sich diese Situation auf die Preise der einzelnen Rohstoffe genau auswirken?

Sandra Ebner: Im Bereich Petroleum und Industriemetalle ist die Angebotsseite besonders angespannt und es wird vermutlich noch Jahre dauern, bis eine deutliche Ausweitung der Kapazitäten den Druck auf die Preise nachhaltig verringert. Im landwirtschaftlichen Sektor ist die Preisentwicklung immer noch sehr uneinheitlich. Dies liegt schlichtweg daran, dass das Angebot sich von Jahr zu Jahr sehr stark ändern kann, weil beispielsweise deutlich mehr angebaut wird oder günstige Wetterbedingungen die Erträge deutlich steigen lassen. Diese etwas volatile Entwicklung wird uns vermutlich auch in den nächsten Jahren erhalten bleiben. Dennoch zeichnen sich auch hier in einigen Bereichen erste strukturelle Veränderungen ab, die in den nächsten Jahren für nachhaltigere Preisanstiege sorgen sollten. Dazu gehört beispielsweise der Trend zu Biokraftstoffen aber auch die Tatsache, dass China sich auch im landwirtschaftlichen Bereich langsam zum Nettoimporteur entwickelt. Hiervon sollten auch in den nächsten Jahren vor allem die Getreidepreise profitieren.

Rohstoffe als Hedge gegen Inflation uns Krisen

Stefan Klocker: Wie stellt sich das generelle Verhalten von Rohstoffen als Investment dar?

Sandra Ebner: Rohstoffe bieten langfristig ähnliche Erträge wie Aktien. Besonders gut entwickeln sich Rohstoffe aber in einem Umfeld hoher Inflationsraten, während die Geldentwertung für Aktien und Anleihen meist negative Auswirkungen hat. Die Korrelation von Inflation zu Rohstoffpreisen betrug etwa im Zeitraum 1992-2006 0,58. Zudem sind Rohstoffe klassische Krisengewinner und steigen in Kriegszeiten besonders stark an. Eine so ausgeprägte negative Korrelation mit Aktien und Anleihen findet sich in diesem Ausmaß bei keiner anderen Assetklasse. Im Zeitraum der letzten zehn Jahre wies zum Beispiel unsere Benchmark, der Dow Jones AIG Commodity Index, eine Korrelation zum MSCI World Index von 0,09 auf, zum Anleihenindex REXP waren es sogar nur -0,05. Diese Unkorreliertheit gilt aber nicht für Rohstoff-Aktien, das sollte man nicht vergessen.

Das Anlageziel im Detail

Stefan Klocker: Wie lautet Ihr Anlageziel für den DEKA-Commodities?

Sandra Ebner: Der DEKA-Commodities ist ein aktiv verwalteter Rohstoff-Fonds, der in Derivate auf die Subindizes des Dow Jones AIG Commodity Index investiert. Den Ertrag dieser Benchmark plus den 3-Monats-Euribor wollen wir übertreffen. Temporäre Short-Positionen in einzelnen Sektoren sind dabei möglich, um von vorübergehenden Preisrückgängen oder negativen Rollerträgen zu profitieren. Investitionen in physische Rohstoffe oder Derivate auf Einzelrohstoffe werden aber nicht getätigt. Denn rechtlich sind nur Derivate auf Indizes, welche aus mehreren Rohstoffen bestehen, zulässig. 

Stefan Klocker: Warum haben Sie den Dow Jones AIG Commodity Index als Benchmark ausgewählt und nicht etwa den S&P Goldman Sachs Commodity Index oder Rogers Commodity Index?

Sandra Ebner: Der Dow Jones AIG Commodity Index beinhaltet die liquidesten Rohstoffkontrakte, was etwa beim Rogers Index ein sehr großes Problem ist. Dieser bietet zwar die breiteste Streuung, aber dafür sind die Transaktionskosten in einigen sehr exotischen Rohstoffen wie zum Beispiel Azuki-Bohnen oder Seide entsprechend hoch.

Gegen den S&P Goldman Sachs Commodity Index spricht vor allem sein hoher Energie-Anteil, von derzeit 70 Prozent, wobei alleine Rohöl davon die Hälfte ausmacht.

Unsere Benchmark ist nur zu einem Drittel im Energie-Bereich gewichtet, ein weiteres Drittel machen landwirtschaftliche Produkte aus, dann folgen Industrie- bzw. Edelmetalle mit knapp 25 Prozent und viehwirtschaftliche Produkte runden das Bild ab.

„Trendfolgemodelle funktionieren bei Rohstoffen nicht“

Stefan Klocker: Welche Rolle spielen eigentlich Trendfolgemodelle in Ihrem Fonds?

Sandra Ebner: Keine, denn wir sind davon überzeugt, dass diese Modelle bei Rohstoffen nicht nachhaltig funktionieren. Die Entscheidungen über aktive Abweichungen von der Benchmark werden allein anhand fundamentaler Angebots- und Nachfrageanalysen getroffen. Die Positionen halten wir dann im Schnitt 3-6 Monate.

Edelmetalle, Petroleum und Landwirtschaft übergewichtet

Stefan Klocker: Wie ist der Fonds derzeit positioniert und warum?

Sandra Ebner: Der Fonds ist aktuell in Edelmetallen übergewichtet. Die generelle Unsicherheit an den Kapitalmärkten aber vor allem die aktuelle Dollarschwäche haben die Attraktivität von Gold als sicherem Hafen in den vergangenen Wochen deutlich erhöht. Darüber hinaus ist der Fonds auch leicht in Petroleum und Landwirtschaft übergewichtet. Am Ölmarkt hat sich der Angebotsausblick tendenziell weiter verschlechtert. Hinzu kommt, dass die Terminkurve mittlerweile wieder in Backwardation ist, was zusätzliche Erträge durch das regelmäßige Rollen der Terminkontrakte ermöglicht. Im landwirtschaftlichen Bereich sorgen extreme Wetterbedingungen für eine andauernde Angebotsverknappung. Eine Untergewichtung besteht im Industriemetallsektor. Dieser Sektor ist kurzfristig am stärksten von den anhaltenden Konjunkturängsten betroffen.

Stefan Klocker: Wie schätzen Sie die weiteren Aussichten im Bereich Nahrungsmittel bzw. Gold rein?

Sandra Ebner: Der Goldpreis profitiert kurzfristig ganz eindeutig von der deutlichen Abschwächung des US-Dollar und zunehmenden Inflationsängsten. In einem derartigen Umfeld entwickelt sich Gold meist besonders gut, da es seine Eigenschaften als sicherer Hafen wieder besser entfalten kann. So lange dieses Umfeld bestand hat, sollte auch der Goldpreis weiter davon profitieren. Im Bereich Nahrungsmittel rechne ich mittelfristig vor allem bei Getreide (Weizen, Mais und Sojabohnen) mit steigenden Notierungen, da die verstärkte Nachfrage nach Biokraftstoffen und die steigende Nachfrage aus Schwellenländern zu erheblichen Verzerrungen an den Märkten führt. So wurde beispielsweise im laufenden Jahr in den USA deutlich mehr Mais für die Ethanol-Produktion angebaut, dies ging zu Lasten der Sojabohnen-Produktion.

Fazit von Stefan Klocker (CPB)

Die Managerin hat einen sehr guten und kompetenten Eindruck hinterlassen. Sie verfügt über gute Kenntnisse des Marktes und der verfügbaren Produkte und konnte gut darstellen, warum ein Long-Investment in Rohstoffe Sinn macht.

Es wurde gut und verständlich erklärt, warum der Fonds sich gerade dieser Benchmark bedient. Speziell im Rohstoff-Bereich gibt es in diesem Punkt ja die unterschiedlichsten Varianten. Auch die Subsektoren und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten (z.B. Energie vs. Petroleum) wurden ebenso gut dargelegt wie die Besonderheiten von Rohstoff-Futures (Ausnutzung von Backwardation etc). Frau Ebner hat ein klares Bild betreffend Investitionsgrad, Leverage und möglicher Shortpositionen etc. gezeichnet. Einzig die Entscheidungsgründe die zu den Über- bzw. Untergewichten der einzelnen Sektoren führen wurden vielleicht nicht ausführlich genug behandelt. Es wurde hier lediglich auf fundamentale Faktoren verwiesen. Andererseits muss man auch verstehen, dass sich ein Fondsmanager nicht so gerne in die Karten blicken lässt…

Alle Daten per 20.9.2007 in Euro
Quelle:

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