130/30-Fonds unter der Lupe

Die seit einigen Monaten bereits von zahlreichen Fondsgesellschaften angebotenen 130/30 Fonds, scheinen zu DER Produktinnovation des Jahres 2007 zu werden. Halten die neuen Produkte aber was Sie versprechen? Und für wen eignen sich die neuen Fonds überhaupt? Funds | 04.09.2007 06:27 Uhr
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Obwohl es sie erst seit wenigen Monaten auf dem Markt gibt, konnten so genannte „130/30“ Fonds bereits enormes Interesse von Anleger- und Medienseite auf sich ziehen. Während die Fondsgesellschaften selbst eine bahnbrechende Innovation feiern, hält sich der Jubel bei großen Fondsanalysehäusern und Medien aber (noch) in Grenzen.

„130/30-Fonds sind ein klares Bekenntnis zum aktiven Management. Dafür müssen Investoren aber auch ganz genau wissen, was sie wollen. Denn ein schlecht gemanagter 130/30-Fonds birgt ein höheres Risiko als ein herkömmlicher Fonds, da der Hebel sowohl nach oben als auch nach unten wirkt“, gibt Detlef Glow, Head of Research bei Lipper für Zentral-, Ost- und Nordeuropa zu bedenken. „Anleger sollten sich von der Euphorie nicht mitreißen lassen und ein gesundes Maß an Skepsis an den Tag legen“, drückt es Todd Trubey von Morningstar in den USA aus. Paulina Skypala von der britischen Financial Times titelte kürzlich: „Scepticism clouds 130/30 concepts“.

Aber auch in Österreich mehren sich die kritischen Stimmen: „Es bleibt abzuwarten, ob die mit 130/30-Fonds verbundenen höheren Kosten durch Ertragssteigerungen gerechtfertigt werden. Denn der Chance, durch Leerverkäufe einen Zusatzertrag zu erzielen, stehen aber auch erhebliche Risiken gegenüber. Liegt der Fondsmanager falsch, so muss er Titel zu höheren Kursen rückdecken, als er sie einst verkauft hat. Dieses Risiko ist grundsätzlich unlimitiert, da die zugrunde liegenden Kurse theoretisch unbegrenzt steigen könnten“, so Michael Schützinger, Vorstandmitglied bei der Schoellerbank Invest, in einem Gastkommentar bei e-fundresearch.com auf den Punkt (siehe auch „130/30-Fonds: Formel zum Erfolg?“, vom 9.8.2007). Noch härter fällt das Urteil von Mark Tennant, Chairman der Consulting-Firma Bluerock aus: „130/30-Fonds sind ein wunderbares Produkt für die Fondsanbieter, nicht aber für die Investoren. Denn für diese erhöht sich nur das Risiko falsch zu liegen“, äußerte sich Tennant gegenüber der Financial Times.

Wie funktionieren 130/30-Fonds überhaupt?

Zunächst werden bei 130/30-Fonds – genauso wie bei herkömmlichen Aktienfonds – 100 Prozent des Kapitals am Aktienmarkt veranlagt. Gleichzeitig kann der Fondsmanager aber mit 30 Prozent des Vermögens „short“ gehen, d.h. mittels eingesetzter Derivate so genannte Leerverkäufe für jene Titel tätigen, deren künftige Kursentwicklung er negativ beurteilt. Um marktneutral zu agieren, erwirbt er aber – mittels der dafür eingenommenen Prämie – im gleichen Ausmaß zusätzliche Unternehmensbeteiligungen, die ihm besonders ertragreich erscheinen (geht „long“). „Als Ergebnis dieses Prozesses bleibt der Netto-Investitionsgrad zwar bei 100 Prozent, aber der Brutto-Investitionsgrad beträgt 160 Prozent (130+30). Dadurch können wahrgenommene Marktchancen deutlich stärker umgesetzt werden“, erklärt Schützinger.

Vor- und Nachteile im Überblick

Einer der Hauptvorteile des neuen Ansatzes, ist die größere Flexibilität des Fondsmanagers, etwa auch von fallenden Kursen zu profitieren. Denn bisher konnten einzelne Wertpapiere maximal nur in dem Ausmaß untergewichtet werden, wie sie im Index gewichtet waren. Da aber zum Beispiel mehr als die Hälfte aller Aktien im S&P 500 Index mit weniger als 0,1 Prozent gewichtet sind (nur 15 dagegen mit über einem Prozent), war der Handlungsspielraum für aktive Untergewichtungen dementsprechend beschränkt. Aktive Übergewichtungen konnten dagegen bereits auch schon früher in einem weitaus größeren Ausmaß eingegangen werden. Empirische Studien, etwa von Levy 1993 oder Miller 2001, zeigen aber, dass Wertpapiere tendenziell eher über- als untergewichtet sind. 130/30-Ansätze könnten Fondsmanagern deswegen helfen, davon zu profitieren.

Natürlich hat die größere Flexibilität seinen Preis, womit wir auch schon bei einem Nachteil wären. Denn 130/30-Strategien beinhalten gegenüber herkömmlichen Fonds zusätzliche Kosten. Da wären zum einen die Kosten für die Aktienleihe selbst, welche sich laut einer Untersuchung von Jacobs/Levy im aktuellen „Financial Analyst Journal“ auf 0,5 Prozent p.a. des gesamten Short-Volumens belaufen. Für einen 130/30-Fonds dürften also im Schnitt Zusatzkosten von 0,15 Prozent für die Aktienleihe anfallen. Dazu dürften noch höhere Management-Gebühren anfallen, da die Verwaltung eines 130/30-Portfolio komplexer ist als bei einem reinen Long-Only-Fonds. Und last, but not least, fallen für diese Fonds höhere Transaktionskosten an, da das Portfolio ständig im Gleichgewicht gehalten werden muss. Jacobs/Levy schätzen, dass bei 120/20-Fonds die Umschlagshäufigkeit um 40 Prozent höher liegt als bei herkömmlichen Fonds. Dementsprechend sollten Anleger bei 130/30-Fonds voraussichtlich mit einer 60-prozentigen Erhöhung rechnen.

Performance der Produkte unter der Lupe

Aufgrund der kurzen Historie der einzelnen Produkte – Goldman Sachs startete vor fast genau einem Jahr seine Core Flex Fondspalette und war damit der erste Anbieter – hat ein Performance-Vergleich nur eingeschränkte Aussagekraft. Seit Auflage des jeweiligen 130/30-Fonds stellt sich das Abschneiden zudem gemischt dar.

Während die Fonds von JPMorgan am besten abschneiden, sieht es bei DWS und Goldman Sachs bis dato weniger gut aus (siehe folgendes Ranking, gereiht nach der relativen Performance seit Auflage des jeweiligen 130/30-Fonds):

  • JPM Europe Select 130/30 vs. JPM Europe Select Equity (+0,95% seit 25.6.2007)
  • JPM US 130/30 vs. JPM US Equity (+0,2% seit 2.8.2007)
  • DWS Invest Emerging Markets Equities 130/30 vs. DWS Emerging Markets (-0,4% seit 23.5.2007)
  • Goldman Sachs Europe Core Flex Pf. vs. Goldman Sachs Europe Core Equity Pf. (-2,57% seit 21.8.2006)
  • DWS Deutsche Aktien 130/30 vs. DWS Deutsche Aktien (-3,02% seit 9.5.2007)
  • Goldman Sachs US Core Flex Pf. vs. Goldman Sachs US Core Equity Pf. (-6,6% seit 31.8.2006)

Fazit

Für ein abschließendes Urteil über 130/30-Fonds ist es aufgrund der kurzen Historie der Produkte sicher noch zu früh. Der Erfolg wird aber vor allem davon abhängen, wie gut der Fondsmanager bei der Auswahl der Einzeltitel ist. Denn die neuen Fonds potenzieren die Fähigkeiten oder eben Unfähigkeiten des Fondsmanagers. Schlechte Fondsmanager werden mit 130/30-Fonds schlechter, gute Fondsmanager besser. Anleger sollten 130/30-Fonds aber vor allem nicht mit Hedgefonds verwechseln. Denn im Unterschied zu diesen, zielen 130/30-Strategien auf relative Outperformance gegenüber einer Benchmark ab. Hedgefonds verstehen sich dagegen als „Absolute-Return-Investment“ ohne Benchmark. Ein großer Vorteil der neuen Fonds gegenüber Hedgefonds ist sicher deren bessere Transparenz. So wie bei herkömmlichen Investmentfonds können sich Anleger über Kosten, Performance und Risiko nämlich problemlos und umfassend informieren.

Alle Daten per 28.8.2007 in Euro
Quelle:  

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