Die Bedeutung von Fonds hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Dennoch wurde dem Fondsmarkt in der empirischen Literatur bislang nur wenig Beachtung geschenkt. Die bisherigen Studien haben sich im Wesentlichen auf die – aus Anlegersicht höchst relevante – Frage nach dem Erfolg von Investmentfonds konzentriert. Die für Fondsgesellschaften zentrale Frage, welche Faktoren zu einem Wachstum des Fondsvermögens und damit zu einem Wachstum der Einnahmen der Fondsgesellschaft führen, wurde dagegen für den deutschen Markt bisher noch nicht untersucht. Für andere Länder – vor allem für die USA – liegen solche Studien vor.
Hauptergebnis dieser Studien ist, dass die Zuflüsse in einen Fonds wesentlich von der vergangenen Performance des Fonds abhängen. Der gefundene Zusammenhang zwischen Zufluss und vergangener Performance ist positiv und konvex. Investoren kaufen also vor allem die Fonds, die in der Vergangenheit die besten Anlageerfolge erzielt haben. Gleichzeitig werden schlechte Fonds aber nicht durch entsprechende Mittelabflüsse bestraft.
Experten des Centre for Financial Research (CFR) in Köln haben jetzt erstmals die Determinanten der Zuflüsse deutscher Aktienfonds empirisch untersucht. Für den Untersuchungszeitraum von 1991 bis 2003 fanden sich einige interessante Unterschiede zum US-Markt. Als Datenquelle diente der deutsche BVI, der neben Stammdaten auch Angaben über die Netto-Zuflüsse und die Fondsvolumina auf monatlicher Frequenz lieferte. Insgesamt wurden Beobachtungen zu 914 unterschiedlichen Fonds aus 57 Familien berücksichtigt.
Die Ergebnisse im Kurzüberblick:
- „Erstmals wurde für Deutschland die Existenz einer positiv konvexen Beziehung zwischen der vergangenen Performance eines Fonds und seinen Netto-Zuflüssen nachgewiesen“, beschreibt Stefan Ruenzi, einer der Studien-Autoren. Investoren kaufen also vor allem die Fonds, die in der Vergangenheit die besten Anlageerfolge erzielt haben. Gleichzeitig werden schlechte Fonds aber nicht durch entsprechende Mittelabflüsse bestraft.
- Demzufolge verdrängen die Anleger eine schlechte vergangene Performance der von ihnen gehaltenen Fonds, da sie sich ansonsten eingestehen müssten, eine falsche Anlageentscheidung getroffen zu haben. „Dies führt dazu, dass Fonds trotz schlechter Performance weiterhin gehalten werden“. Aber auch Wechselkosten, zum Beispiel in Form von Ausgabeaufschlägen, könnten dafür verantwortlich sein.
- Eine gute Sichtbarkeit der Fondsgesellschaft wirkt sich positiv auf die Zuflüsse aus, eine hohe Anzahl angebotener Fonds dagegen negativ. „Letzteres deutet auf einen Kannibalisierungseffekt zwischen den Fonds einer Familie hin, den wir primär zwischen Fonds mit ähnlichem Anlageschwerpunkt beobachten“, so Rünzi. Je mehr Fonds eine Familie anbietet, desto schwieriger ist es also für die einzelnen Fonds, Zuflüsse zu generieren. „Dieser Kannibalisierungseffekt sollte von Fondsgesellschaften berücksichtigt werden, wenn sie über die Auflage neuer Fonds in Segmenten entscheiden, in denen sie bereits Fonds anbieten“, rät der Experte.
- Von der Anzahl der in anderen Marktsegmenten angebotenen Fonds geht dagegen kein signifikanter Einfluss auf die Zuflüsse des einzelnen Fonds aus. „Es herrscht also nur eine starke Konkurrenz um Zuflüsse zwischen Fonds einer Familie, die einen ähnlichen Anlageschwerpunkt haben“, so Ruenzi.
- Fondsanleger scheinen bei ihrer Anlageentscheidung dem vergangenen Risiko eines Fonds nur wenig Beachtung zu schenken. “Dies ist konsistent mit der Aussage von anderer Studien, wonach Investoren häufig nicht in der Lage sind, die Risiken verschiedener Finanzanlagen korrekt einzuschätzen“.
- Während das Alter des Fonds keinen signifikanten Einfluss auf die Zuflüsse hat, geht von der Größe des Fonds, gemessen am Volumen des verwalteten Vermögens, ein signifikant negativer Einfluss auf die Zuflüsse des Fonds aus.
- Fonds in größeren Familien haben unter sonst gleichen Bedingungen höhere Zuflüsse als Fonds in kleineren Familien.
- Die Zuflüsse eines Fonds im Vorjahr haben einen signifikant positiven Einfluss. In einem solchen positiven Einfluss können sich zum einen weitere fondsindividuelle Charakteristika widerspiegeln, die über die Zeit konstant bleiben. „Zum anderen kann eine solche positive Abhängigkeit auch Ausdruck eines Status Quo Bias sein. Fondsinvestoren, die einem solchen Bias unterliegen, kaufen immer wieder die Fonds, die sie schon zuvor gekauft haben, selbst wenn diese nicht mehr die optimale Alternative darstellen“, erklärt Ruenzi.
- Schließlich untersuchte das CFR den Einfluss von Gebühren. „Wir fanden einen signifikant negativen Einfluss der einmaligen Gebühren, während der Schätzwert für den Einfluss der Verwaltungsgebühren positiv, aber nur marginal signifikant ist. Dieses Ergebnis ist konsistent mit der Aussage, dass einmalige Gebühren für den Anleger direkt ersichtlich und leichter zu interpretieren sind als die laufenden Gebühren und erstere deshalb die Anlageentscheidung stärker beeinflussen“, so Ruenzi.
Die Fondsanzahl ist im Beobachtungszeitraum der Studie von 78 im Jahr 1990 übrigens auf 695 im Jahr 2003 gestiegen. Darin kommt das rasante Wachstum des deutschen Fondsmarktes zum Ausdruck. Im Stichprobenzeitraum ist das mittlere Alter eines Fonds von 13 auf 7,5 Jahre gefallen. „Dies wird durch die hohe Anzahl neu gegründeter Fonds verursacht“, erklärt Ruenzi.
1990-2003: Ausgabeaufschläge runter, laufende Gebühren rauf
Bezüglich der Gebühren zeigt sich eine interessante Entwicklung: „Zu Beginn der Untersuchungsperiode waren hohe einmalige Gebühren von durchschnittlich etwa 4,7 Prozent und relativ niedrige Verwaltungsgebühren von im Mittel circa 0,6 Prozent p.a. üblich. Bis zum Jahr 2003 haben sich letztere im Mittel auf etwa 1,2 Prozent p.a. verdoppelt, während die einmaligen Gebühren auf circa 4 Prozent p.a. gefallen sind“, skizziert Stefan Ruenzi.
Fazit
Fondsgesellschaften wie Anleger können aus der CFR-Studie einiges lernen: So sollten die Fondsgesellschaften den Kannibalisierungseffekt berücksichtigt werden, wenn sie über die Auflage neuer Fonds in Segmenten entscheiden, in denen sie bereits Fonds anbieten. Aber auch aus der konvexen Beziehung zwischen der vergangenen Performance eines Fonds und seinen Netto-Zuflüssen können Schlussfolgerungen abgeleitet werden. „Im Endeffekt ist es als Fondsgesellschaft besser einen guten und einen schlechten Fonds anzubieten als zwei mittelmäßige. Denn der gute zieht viele Nettomittel an, der schlechte verliert dagegen relativ wenig an Anlegergeldern“, fasst Ruenzi zusammen. Investoren sollten dagegen lernen ihre eigenen Verhaltensanomalien in den Griff zu bekommen: „Aufgrund des Status quo Bias behalten Anleger ihre Fonds, selbst wenn diese nicht mehr die optimale Alternative darstellen. Man sollte sich deswegen laufend über seine Fonds informieren um gegebenenfalls schlechte Fonds rechtzeitig abzustoßen“, rät der Experte.
Über die Person: Dr. Stefan Ruenzi arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centre for Financial Reserach an der Universität zu Köln. Er hat im Jahr 2005 seine Dissertation zum Thema Fondsfamilien abgeschlossen. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der empirischen und theoretischen Kapitalmarktforschung, insbesondere in den Bereichen Investmentfonds und ethisches Investment.
Über das CFR: Das CFR ist ein international ausgerichtetes gemeinnütziges Forschungsinstitut, das unabhängige, anwendungsorientierte Spitzenforschung im Bereich der Finanzmärkte betreibt. Im Bereich des Asset Management arbeitet am CFR derzeit eine Forschergruppe von 20 Wissenschaftlern. Das CFR ist somit das größte Forschungszentrum in Deutschland im Bereich Asset Management. Weitere Infos unter www.cfr-cologne.de