Das OeKB-Problem der Tageslücke

Seit Jahren genügt in Österreich beim Berechnen der Performance von Fonds der Verweis auf die OeKB-Methode. Diese weise jedoch Schwächen auf, so Friedrich Moser, Fondsmanager des Ziel Netto bzw. Ziel Valet. Insbesondere die international nicht bekannte Tageslücke bei der Kursberechnung sei problematisch. Funds | 11.07.2006 07:04 Uhr
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„Die Performanceberechnung erfolgt anhand der OeKB-Methode“ So oder so ähnlich formulieren viele Verträge, Prospekte, Pflichtenhefte zur Softwareentwicklung, Richtlinien und ähnliche. Meistens enthalten sich die Autoren näherer Spezifizierungen. Seit vielen Jahren genügt in Österreich beim Berechnen der Performance von Portfolios und Fonds der Verweis auf die OeKB-Methode. Bei meiner Arbeit als Fondsmanager und Softwareentwickler sind mir zwei Probleme an diesem Universalwerkzeug aufgefallen:
  1. Rechentag als Kursdatum bei Fonds und
  2. Annualisieren der Jahresperformance

Rechentag als Kursdatum

Österreichische Investmentfonds werden an jedem Bankarbeitstag (Börsentag) bewertet. Dazu werden die Schlusskurse des jüngst vergangenen Börsentags herangezogen. Der so ermittelte Nettoinventarwert bekommt als Datumstempel nicht den Tag der Schlusskurse (Marktdatum), sondern den Rechentag (Berechnungstag). Die Differenz zwischen Berechnungstag und Marktdatum beträgt mindestens einen Tag. Wegen Wochenenden und Feiertagen kann die Differenz mehrere Tage ausmachen.

Die Zeitversetzung von mindestens einem Tag zwischen Rechendatum des Fonds und dem Marktdatum der Positionen im Portfolio bringt einige Nachteile.

  1. Beim Vergleich zwischen Fondskursen und Benchmarkwerten (Indexkursen) muss die Zeitversetzung explizit berücksichtigt werden.
  2. Bei Dachfonds beträgt die Zeitverschiebung zwischen Rechendatum und Marktdatum der Einzeltitel zwei Bankarbeitstage.
  3. Wenn ein Portfolio aus Einzeltiteln, Fonds und Dachfonds besteht, ist das Kursdatum jeweils unterschiedlich zu interpretieren. Pt = Et + Ft+1 + Dt+2
  4. Die Abgrenzung von Perioden wie Monaten und Jahren ist nicht klar definiert. Ist der am Mittwoch, den 02.01.2002 mit Schlusskursen von Freitag, den 28.12.2001 berechnete Fondskurs mit Datumsstempel 02.01.02 der letzte Kurs im Jahr 2001 oder der erste Kurs im Jahr 02? Die Periodenzuordnung kann für Berichte noch formal festgelegt werden, aber bei statistischen Berechnungen von Volatilitäten, Kovarianzen und Korrelationen bekommt sie mathematische Relevanz.
  5. Die Zeitversetzung ist international nicht bekannt. Ich kenne keinen Fondsmarkt, wo die Fondspreise mit dem Rechendatum markiert werden. Weltweit agierende Datenlieferanten weigern sich, Software zu entwickeln, die der Zeitversetzung Rechnung trägt. Benchmarkvergleiche sind dort für österreichische Fonds deswegen immer falsch. Aber der Datumstempel Rechentag für Fondspreis ist in Österreich vermutlich seit Jahrzehnten geübte Praxis.

Ich ersuche deswegen, die Abschaffung des Austriakums Datumsstempel am Berechnungstag in Erwägung zu ziehen, damit wir uns den internationalen Gepflogenheiten anpassen und die Anwendung von Mathematik und Statistik vereinfachen.

Jahresperformance annualisieren?

Die Finanzmarktaufsicht empfiehlt für den vereinfachten Fondsprospekt: „Die Performanceberechnung erfolgt anhand der OeKB-Methode.“ Der OeKB Wertpapierservice schreibt in Investmentfonds, Performanceübersicht, Risiko- und Ertragsanalyse, Berechnungsmethoden, Juli 2001: „Um die Performance über verschieden lange Laufzeiten untereinander vergleichbar zu machen, werden die Zahlen ab einem Jahr finanzmathematisch auf ein Jahr bezogen (annualisiert). Jahresperformances und Performances seit Jahresbeginn bzw. seit Fondsbeginn, deren Beobachtungszeitraum mehr als 360 Tage beträgt, werden annualisiert.“

Die FMA empfiehlt für den vereinfachten Fondsprospekt den Ausweis der in den letzten 10 aufeinander folgenden Jahren erwirtschafteten Performances. Gemäß wörtlicher Auslegung der OeKB-Methode annualisieren einige Kapitalanlagegesellschaften diese Jahresperformances noch einmal.

Beispiel: Das Jahr 2002 dauert von Ultimo 01 bis Ultimo 02. Ultimo 01 war am Berechnungstag 28.12.01 und Ultimo 02 am Berechnungstag 30.12.02. Die Differenz beträgt 367 Tage. Dieser Wert geht in die Annualisierung ein. Dazu kommt noch, dass die Marktbewegung am 30.12.02 wegen des Datumstempels Berechnungstag (2.1.03) bereits dem nächsten Jahr zugeordnet wird, und die Marktbewegung am Ultimo des Vorjahrs 28.12.01 noch in 2002 zu berücksichtigen ist.

Meines Erachtens besteht kein Bedarf, die Performance eines Jahres noch einmal zu annualisieren. Die Jahre sind wegen der Schaltjahre kalendergemäß unterschiedlich lang und haben wegen Wochenenden und Feiertagen unterschiedlich viele Börsentage. Es gibt keine „Annualisierung“, die alle Jahre gleich macht.

Deshalb empfehle ich, die Jahresperformance ohne Modifikation auszuweisen. In der Wirtschaftsstatistik werden Jahreskennzahlen meines Wissens auch nicht nochmals „annualisiert“.



Friedrich Moser ist Geschäftsführer der Ziel Invest GmbH und Fondsmanager der beiden Fonds Ziel Netto und Ziel Valet.



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