Demografie drückt auf Anleihenrenditen

Edith Siermann, Chief Investment Officer Anleihen bei Robeco und Fondsmanagerin des 2,8 Mrd. Euro schweren globalen Anleihenfonds Rorento, sieht für traditionelle Bondinvestoren schwere Zeiten anbrechen. Neue Performance-Treiber seien gefragt um auch in Zeiten steigender Zinsen Rendite zu erzielen. Funds | 06.07.2006 16:41 Uhr
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„Absolute-Return ist keine neue Erfindung“

e-fundresearch: Traditionelle Anleihenfondsmanager stehen aufgrund des bereits sehr niedrigen Zinsniveaus vor ganz neuen Herausforderungen und immer mehr Absolute-Return-Produkte kommen dagegen in Mode. Wie stehen Sie dazu? Edith Siermann: Das ist kein neuer Trend. Als der Rorento 1974 aufgelegt wurde, war die Situation ähnlich. Bis weit in die 80er Jahren gab es im Anleihenbereich gar keine Benchmarks, weshalb das Anlageziel immer das Erreichen eines absoluten Ertrages war. Erst durch die Einführung von Benchmarks hat sich das geändert und viele versuchen eher diese zu schlagen oder sich daran zu messen als eine absolut positive Performance zu erzielen.

Durch den darauf aufbauenden Einsatz von Risikomanagement-Tools, wurden zudem die Wetten immer stärker reduziert. Heute sehen wir hier wieder einen Gegentrend: Viele Fonds ohne Benchmarks oder hohe Tracking Errors werden jetzt wieder aufgelegt.  

Kosten: Vertrieb vs. Fondsmanagement

e-fundresearch: Anleihenfonds werden zukünftig auf immer komplexere Instrumente zurückgreifen müssen um auch in Zeiten steigender Zinsen Erträge zu erzielen. Werden diese Fonds dann nicht auch teurer? Bei dem derzeitigen Zinsniveau wäre das doch fatal, oder?

Edith Siermann: Die Kosten für Fonds steigen eher aufgrund der höheren Kosten für die Distribution, nicht weil das Fondsmanagement teurer oder komplexer wird. Den Rorento Fonds managt heute ein Team von Leuten, das in etwa gleich groß ist als vor 15 Jahren. Durch den Einsatz modernster Technik wurden enorme Effizienzsteigerungen erzielt, das darf man nicht vergessen. Auf der anderen Seite muss ein Fonds aber verkauft werden, und das muss bezahlt werden. Wir als Fondsmanager müssen aber trotzdem sicherstellen, dass wir unsere Produkte so verwalten das nach Abzug aller Kosten immer noch eine Outperformance übrig bleibt. Denn schließlich stehen wir auch in Konkurrenz mit Indexprodukten. Um das zu erreichen müssen eben immer mehr Performance-Treiber angezapft werden und auch zusätzliche Risiken eingehen. Alleine der Einsatz von Durationsrisiken etwa recht nicht mehr aus.

Neue Instrumente in Anleihenfonds

e-fundresearch: Welche neuen Performance-Treiber sind das?

Edith Siermann: Ich kann da nicht für alle sprechen, aber im Rorento-Fonds verwenden wir mittlerweile folgende Performancetreiber: Allokation der Assets und Währungen, Duration, Region, Zinskurve, Emittenten-Picking, Kredit-Beta oder Swap-Spreads. Wir greifen dabei auf alle gängigen Instrumente im Rentenbereich zurück: Staatsanleihen, Unternehmensanleihen im Investment- und High Yield Grade Bereich, Schwellenländer-Anleihen, Geldmarktinstrumente, Mortgage und Asset Backed Securities bzw. Währungen und Derivate wie Interest Rate Swaps, Credit Default Swaps und Currency Forwards. Auf unserer Wunschliste stehen zudem neue Instrumente im Bereich Emerging Debt, Währungen und Volatilität.

USA: Zinssenkungen noch im Jahr 2006

e-fundresearch: Wie sieht Ihre derzeitige Strategie aus? Wo sehen Sie im Anleihenbereich Potential? Wovon sollte man lieber die Finger lassen?

Edith Siermann: Wir gewichten derzeit Duration sowohl in den USA, Europa als auch Japan unter. Wo wir können – etwa im Flex-O-Rente Fonds haben wir sogar negative Durationen. Das heißt anders ausgedrückt wir gehen weiter davon aus, dass die Zinsen weltweit weiter steigen werden. Zeitlich werden wir in den USA zuerst das Ende der Zinserhöhungen sehen. Der sich bereits abkühlende US-Immobilienmarkt sollte sich auch auf den Konsum dementsprechend auswirken und die Inflation im Schach halten. Vielleicht sehen wir im US-Dollar noch die eine oder andere Zinserhöhung aber im vierten Quartal könnten bereits erste Zinssenkungen stattfinden, so dass das Zinsniveau zu Jahresende nicht höher ist liegen sollte als heute. 2007 könnte dann auch Euroland diesem Trend folgen.

Euro-Staatsanleihen heuer im Plus?

e-fundresearch: Das heißt aber auch, dass Euro-Staatsanleihenbesitzer dieses Jahr negativ abschneiden werden.

Edith Siermann: Nein, denn durch die Kupons könnte sich das eventuell gerade noch auf eine schwarze Null ausgehen.

„Corporate und High Yield Bonds meiden“

e-fundresearch: Wie sieht es bei Corporate und High Yield Bonds aus?

Edith Siermann: Für beide sind wir derzeit negativ eingestellt, weil die Spreads schon sehr klein sind. Das war und ist zurückzuführen auf die enorm verbesserten Fundamentaldaten der Unternehmen bzw. deren Bilanzqualität und Cash Flows. Typischerweise folgt aber auf eine Periode der Bilanzverbesserungen eine Zeit wo wieder Investitionen getätigt und Risiken eingegangen werden um Shareholder Value zu schaffen. Für die Anleihenseite bedeutet dies meist eine Verschlechterung der Ratings und größere Risikoprämien, also Spreads. Der Zeitpunkt um in diesen Bereich zu investieren ist deswegen ungünstig.

e-fundresearch: Wie sieht Ihre aktuelle Währungsempfehlung aus?

Edith Siermann: Wir rechnen mit einem fallenden US-Dollar und gewichten ihn unter. Euro und Yen sehen wir dagegen positiver und gewichten diese Währungen über.

„Makro-Modelle sind zu langsam“

e-fundresearch: In Ihr Prognosemodell fließen keinerlei Makro-Faktoren ein, was im Anleihenbereich eher ungewöhnlich ist. Warum?

Edith Siermann: Volkswirtschaftliche Daten sind als Frühindikatoren ungeeignet, da Sie zu langsam auf Veränderungen reagieren. Wir achten daher auf andere Faktoren, etwa die Entwicklung der Aktienmärkte. Diese prognostizieren das zukünftige Wirtschaftswachstum viel besser und Monate früher als die oftmals verwendete industrielle Produktion. In diesem Sinne vertrauen wir als eher den Märkten selbst als Statistiken.

Gerade jetzt könnte man sich etwa die Frage stellen, warum die Aktienmärkte im Mai/Juni korrigiert haben. Die oftmals als Erklärung herangezogenen Inflationsängste sind überzogen. Viel eher scheint der Fall, dass die Börsen ein zukünftig niedrigeres Wirtschafts- und Gewinnwachstum einpreisen. 

Demografie drückt auf die Renditen

e-fundresearch: Mit welchen langfristigen Renditen können Anleiheninvestoren eigentlich rechnen? Seit Fondsauflage 1974 hat der Rorento etwa 8,6 Prozent pro Jahr erzielt, in den letzten fünf Jahren waren es mit 3,7 Prozent deutlich weniger. Was erscheint realistisch?

Edith Siermann: Ein realistischer langfristiger Ertrag sollte sich eher am unteren Ende Ihrer genannten Skala bewegen. Denn die demografische Entwicklung in den Industrieländern spricht für ein zukünftig niedrigeres Wirtschaftswachstum. Und Anleger müssen sich auf diese niedrigeren Renditen einstellen. 

e-fundresearch: Vielen herzlichen Dank für das Gespräch!

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