Immobilien-Investments sind vielschichtig. Das zeigen auch die Meinungen zweier führender Experten auf diesem Gebiet, die sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Zielmärkte grundsätzlich voneinander unterscheiden:
2006/07: 15 Prozent Plus bei Europa´s Immoaktien
Patrick Sumner, Head of Property Equities bei Henderson Global Investors in London, konzentriert sich bei seinen Analyse vor allem auf den Bereich der gewerblichen Immobilien, also Einzelhandel oder Büros. In seinem Fonds spielen diese Bereiche die größte Rolle, denn der Henderson HF Pan European Property Equities setzt sich nur zu 12 Prozent aus Wohnimmobilien zusammen. Sein Ausblick nach den Kurseinbrüchen bei europäischen Immobilienaktien – im Referenzindex EPRA Europe Index (UK Restricted) spielen Wohnimmobilien mit acht Prozent kaum eine Rolle – ist positiv: „Die Korrektur war einfach notwendig. Aber auf Sicht der nächsten zwölf Monate sollten europäische Immobilienaktien, je nach Land, zwischen sieben und 21 Prozent erzielen, im Schnitt prognostizieren wir 15 Prozent“, so der Experte.
„Trend zu Immo-Investments bleibt ungebrochen“
Denn die strukturelle Nachfrage nach diesen Investments bleibe hoch: „Die Generation 45+ verlangt nach einem laufenden, stabilen und inflationsgeschützten Einkommen bzw. zusätzlicher Portfoliodiversifikation. Immobilien eignen sich dazu optimal“. Während in den USA die Immobilien-Allokationen in den nächsten Jahren von sechs auf 8,5 Prozent steigen sollten, erwartet er in Großbritannien bis 2016 sogar einen Anstieg von sechs auf zehn Prozent. „Für UK Properties bedeutet das ein jährliches Volumensplus von zehn Mrd. Pfund bei einer Marktgröße von aktuell 50 Mrd. Pfund“, argumentiert Sumner seine Vorliebe besonders für Investments in der City of London, wo knapp ein Viertel des Pan European Fonds investiert ist.
Sumner warnt vor österreichischen Immobilienaktien
Auf globaler Basis übergewichtet ist man bei Henderson - neben Großbritannien - in Australien, Singapur oder Indien. Die großen regionalen Untergewichte finden sich in den USA („dort bereiten uns die weiter steigenden Zinsen Kopfzerbrechen“) und Asien. „Obwohl die Fundamentaldaten dort sehr gut sind, stellt die hohe Volatilität ein unnötiges Risiko dar“. Warnende Worte findet Sumner aber auch für österreichische Immobilienaktien, welche im Pan European Fonds stark untergewichtet sind: „Risiken die österreichische Aktien in Russland oder der Türkei eingehen, stehen in keiner Relation zum Ertrag“, kritisiert er. Auch generell ist er bei Osteuropa vorsichtig: „In Prag etwa liegt die Rendite niedriger als in Wien. Meiner Meinung nach trifft hier zu viel Nachfrage auf zu wenig Angebot“.
Seine Expertise konnte Sumner und sein Team rund um Adrian Elwood in der Vergangenheit mit dem Henderson HF Pan European Property Equities beweisen: Dieser erzielte in den letzten drei Jahren eine kumulierte Rendite von 149 Prozent, während der Durchschnitt aller Europa-Immobilienaktienfonds nur 112 Prozent und die Benchmark FTSE/EPRA Nareit Europe (UK Restricted) 135 Prozent erzielte.
US-Hauspreise und der Konsumboom
Ganz anders sieht die Lage dagegen bei US-Wohnimmobilien aus, wo schon seit Jahren von einer platzenden Blase die Rede ist. „In den letzten sechs Jahren wurde durch den Anstieg der Hauspreise in den USA ein zusätzliches Vermögen von fünf Billionen US-Dollar geschaffen. Pro Haushalt bedeutet das im Schnitt ein beträchtliches Plus von 75.000 US-Dollar, was erklärt warum sich viele Konsumenten heute viel reicher fühlen als in der Vergangenheit“, rechnet Scott Simon, Head of MBS and ABS bei PIMCO in Newport Beach vor.
Neue Kreditarten als Treibstoff für steigende Hauspreise
Ausgelöst wurde der Boom u.a. durch neue Arten von Krediten: „In den 80ern gab es außer langlaufenden fest verzinsten Hypothekarkrediten nicht viel am Markt. Heute können die Kreditnehmer u.a. aus neuen Kreditarten wie NINJA oder Interest Only wählen“, berichtet Simon. Während bei einem „Interest Only Loan“ in den ersten Jahren gar keine Zahlungen für Tilgung anfallen – was die monatlichen Raten zu Beginn dementsprechend senkt – steht NINJA für „No Income, No Job, No Asset“. Diese in den USA sehr beliebten Möglichkeiten hätten dazu geführt, dass viele Kreditnehmer mit einer gleich bleibenden monatlichen Rate weit mehr an Kreditsumme aufnehmen konnten. „Nur so kann man die starke Nachfrage nach Wohnimmobilien erklären“, so Simon der diesen Entwicklungen aber skeptisch gegenüber steht. „Im Grunde ist das nichts anderes als das Vorziehen des Konsums auf Kosten der Zukunft“.
Indikatoren auf All-Time-Highs
Wie groß das Ausmaß des Hauspreisbooms sei, demonstriert der Experte schließlich folgender Beispiele: „Im Durchschnitt der letzten 30 Jahre übertraf das Wachstum der Hauspreise das der Einkommen um 2,3 Prozent. Im Jahr 2004 lag dieser Wert auf einem All-Time-High von acht Prozent und im letzten Jahr sogar bei zehn Prozent p.a.“. Auch stieg das monatliche Angebot von Familienhäusern im April bereits auf 560.000. In den 80er und 90er Jahren schwankte dieser Wert zwischen 260.000 und 370.000. „Das zeigt dass hier bereits ein gewisses Überangebot besteht“, erklärt Simon.
„Hauspreisblasen platzen nicht“
Trotz all dieser Warnsignale sieht Simon aber kein Platzen der Immobilienblase, sondern eher ein langsames Entweichen der heißen Luft: „Hauspreisblasen platzen nicht“, gibt er sich überzeugt. Obwohl ein verlangsamtes Hauspreiswachstum – für 2006 rechnet er im Schnitt mit einem Wachstum von fünf Prozent nach aktuell 13 Prozent – einen großen Effekt auf das Konsum- und BIP-Wachstum der USA haben wird, sei ein Kollaps unwahrscheinlich. „Auch weil es keine nationale Hauspreisblase gibt. Die starken Preisanstiege der letzten Jahre beschränkten sich auf Kalifornien, Florida bzw. die Teile der Ostküste“.
Alle Daten per 29.6.2006 in Euro
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