Am liebsten beides

Asset Manager sollten wieder mutiger auftreten und sich ihrer Alleinstellungsmerkmale bewusst werden. Denn wie in der Politik auch, ergeben sich aus dem Trend zur Mitte Chancen an den Rändern - wenn man sich nur dezidiert gegen den Mainstream stellt. Funds | 30.06.2006 07:36 Uhr
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„Wir managen unsere Portfolios nach einem kombinierten Top-down- und Bottom-up-Ansatz, bei dem wir fundamentale und technische Analysen miteinander verbinden. Dabei verfolgen wir einen Teamansatz mit klaren Verantwortlichkeiten für die einzelnen Teammitglieder und legen Wert auf effizientes Risikomanagement sowie niedrige Transaktionskosten.“

So oder ähnlich beschreiben heute die meisten Asset Manager ihren Investmentansatz. Es klingt ja auch vernünftig: Man kombiniert das Beste aus allen Welten, verzichtet weder auf einzelwertspezifische noch auf gesamtwirtschaftliche Erkenntnisse und nutzt alle verfügbaren Analyseinstrumente. Vorbei sind die Zeiten, als man sich entweder als Einzelwertspezialist positionierte oder mit erfolgreichen Branchen- oder Ländermodellen warb, man entweder sein Team pries oder einen profilierten Fondsmanager als alleiniges Gesicht präsentierte, und fundamentale Strategien klar von quantitativen zu unterscheiden waren. Selbst die früher so beliebte Unterscheidung zwischen Growth- und Value-Managern ist, jedenfalls in der Werbung, neuen Mischformen wie „GARP“ gewichen, sofern man nicht gleich Stilneutralität propagiert. Glaubt man den Selbstdarstellungen der Asset Manager, ist ihr Angebot in den letzten Jahren erheblich homogener geworden.

Die Praxis des Portfoliomanagements sieht anders aus. Eindeutige Hinweise auf eine immer größere Homogenität der Anlagestrategien gibt es nicht. Vieles spricht dafür, dass sie sich heute genauso stark voneinander unterscheiden wie vor der Baisse der Jahre 2001 und 2002. Die Tracking Errors sind in den letzten Jahren zwar zurückgegangen. Dies ist aber nicht die Folge einer größeren Benchmarktreue und damit einer größeren Homogenität der Anlagestrategien, sondern die Konsequenz der heute niedrigeren Marktvolatilität.

Wir haben es vor allem mit einer gefühlten Homogenität zu tun – gefördert durch das Marketing der Fondsgesellschaften und begünstigt durch die ruhige Marktentwicklung der letzten Jahre. Offensichtlich verzichten viele Asset Manager heute mehr denn je darauf, ihre Besonderheiten offensiv zu vertreten. Dies ist umso bemerkenswerter, als Marketingexperten seit Jahr und Tag die Unverzichtbarkeit von Alleinstellungsmerkmalen propagieren.

Für ein solches Verhalten der Asset Manager kann es unterschiedliche Gründe geben: Da ist zum einen eine ausgeprägte Vorsicht. Wer sich klar als Einzelwertspezialist oder Growth-Manager positioniert, wird keine Kunden erreichen, die Top-down-Strategien oder den Value-Ansatz bevorzugen. Aber jeder Kunde ist wichtig, und so versucht man es sicherheitshalber mit einem Kompromiss.

In der politischen Ökonomie gibt es einen Ansatz, der als Medianwählermodell bekannt ist. Er besagt, dass in einem Zweiparteiensystem beide Parteien programmatisch immer weiter in die Mitte rücken. Dort werden die Wahlen entschieden, denn die Wähler an den Rändern haben ohnehin keine Alternative. In der Investmentwelt ist dies nicht anders. Man beschreibt sich als Mainstream, um als Growth-Manager Kunden gewinnen zu können, die eigentlich Value wollen – der Growth-Klientel ist man sich ohnehin sicher.

Hinzu kommt, dass sich viele Fondsgesellschaften des Fehlens von Alleinstellungsmerkmalen in ihren Werbeaussagen gar nicht bewusst sind. Was sich für Außenstehende kaum von der Selbstdarstellung der Konkurrenz unterscheidet, erscheint aus der Innensicht oft einzigartig. Häufig ist es das auch, aber es wird nicht deutlich gesagt – und der Kunde gewinnt den Eindruck, dass schon wieder ein Asset Manager der Konkurrenz zum Verwechseln ähnlich ist, obgleich sein Ansatz in Wirklichkeit Besonderheiten hat, die kein Wettbewerber bieten kann.

Fazit

Asset Manager sollten sich ihrer Alleinstellungsmerkmale bewusst werden und diese offensiv vertreten. Denn das Medianwählermodell besagt auch, dass sich aus dem Trend zur Mitte Chancen an den Rändern ergeben. In der Politik ist das der Erfolg von Parteien, die sich dezidiert gegen den Mainstream stellen. In der Fondswelt sind es Chancen für Newcomer mit einer klaren und eindeutigen Positionierung. Wir prognostizieren daher, dass die Fondswerbung schon bald wieder heterogener wird – die Fondsprodukte sind es ja schon.


Quelle:

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