„Inflationsangst ist unbegründet“

Patrick Mange, Chefstratege von BNP Paribas Asset Management und Mitglied des EZB-Schattenrates, sieht die aufkommenden Inflationssorgen nur als Schein-Vorwand für die Gewinnmitnahmen bei Aktien. Bei Gold regiert momentan die Psychologie. Immobilien motivieren ihn überhaupt nicht. Funds | 17.05.2006 07:38 Uhr
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e-fundresearch: Die Aktienbörsen mussten zuletzt deutliche Verluste hinnehmen. Auslöser waren dabei u.a. Sorgen um ansteigende Inflationsraten, welche zu stärker als erwarteten Zinsanstiegen in Euroland führen könnten. Teilen Sie diese Bedenken? Patrick Mange: Es gibt derzeit Tendenzen, die uns dazu bewegen sollen zu denken, dass Inflation wieder ein Problem werden könnte. Offensichtlich spielen die Märkte dieses Thema und verwenden das als Vorwand um Gewinne bei Aktien mitzunehmen.

Aber der Markt übertreibt wieder einmal und nimmt alles extrem. Ich bin hier andere Meinung und erwarte kein Überschießen der Inflation. Auch der wieder stark steigende Goldpreis ist für mich kein Grund anders zu denken: Dieser ist nicht nur ein Hedge gegenüber steigenden Inflationsraten sondern auch gegenüber geopolitischen Risiken und einer drohenden US-Dollar Abschwächung.

Negative Korrelation USD/Gold funktioniert wieder

e-fundresearch: Die alte Regel “schwacher US-Dollar, starker Goldpreis” - welche vorübergehend außer Kraft gesetzt schien - bewahrheitet sich also wieder?

Patrick Mange: Ja, ich denke schon. Die Entwicklung seit März dieses Jahr ist ein klares Indiz dafür. Die Nachfrage-Angebots-Story bleibt zwar intakt, birgt aber schon seit längerem eigentlich keinen neuen Grund für solche starken Anstiege beim Goldpreis. Die Psychologie – und diese ist am schwersten zu prognostizieren - scheint derzeit im Vordergrund zu stehen.

Schwächeres Wirtschaftswachstum gut für Aktien

e-fundresearch: Wie schätzen Sie derzeit die globale Wirtschaftslage ein und wie sollten Investoren derzeit ihr Geld anlegen?

Patrick Mange: Das globale Wirtschaftswachstum ist noch solide und vor allem geografisch recht gut verteilt. Mit einer Abschwächung rechnen wir erst im zweiten Halbjahr. Für Aktien ist das komischerweise ein gutes Umfeld. Denn ein zu rapides Wirtschaftswachstum, also mehr als das Potentialwachstum, ist für Dividendentitel eigentlich gar nicht so gut weil dann eben Inflationsängste aufkommen. Eine kurzfristige Zunahme der Volatilität ausgenommen, wäre eine Abschwächung der Weltwirtschaft gesund. Wir gewichten derzeit also Aktien gegenüber Anleihen über.

BRIC: Brasilien als Top-Favorit

e-fundresearch: Und welche Regionen versprechen hier das relativ gesehen meiste Potential? Viel Geld fließt aktuell in die Schwellenländer…

Patrick Mange: Unter den BRIC-Ländern favorisieren wir ganz klar Brasilien. Wir gehen weiterhin von hohen Preisen bei Rohstoffen aus. Diese Windfall-Profits ermöglichen es der Politik dort notwendige Reformen umzusetzen. Auch würde es mich nicht überraschen, wenn Brasilien in den nächsten 12 Monaten von BB auf BBB heraufgerated wird. Zusätzlich hat Brasilien neben den Rohstoffen noch viele andere erfolgreiche Industrien und bietet diversifizierte Anlagechancen.

Indische Aktien erscheinen auf dem derzeitigen Niveau zumindest nicht mehr billig. Längerfristig – also etwa auf Sicht der nächsten zehn Jahre – bleibt die fundamentale sicher unverändert gut. Aber kurzfristig würde ich kein Schwergewicht in indische Aktien fahren. Bei China und Russland sprechen die politischen Entwicklungen gegen ein Investment.

Nicht auf die USA vergessen!

Abgesehen von den Schwellenländern haben wir zuletzt die USA gegenüber dem MSCI World stärker gewichtet, Japan und Emerging Markets dagegen schwächer gewichtet. In den USA findet man eine Vielzahl solider Unternehmen die von der Globalisierung profitieren und breit gestreeut sind. In Europa sind wir weiterhin übergewichtet, aber leicht weniger als zuletzt.

Bei den Schwellenländern haben wir besonders Asien weiter untergewichtet und das Übergewicht in Lateinamerika beibehalten.

Absolut gesehen sind wir für Aktien überall optimistisch, gerade aber in Lateinamerika sind wir optimistischer als anderswo.

„Immobilien motivieren mich nicht“

e-fundresearch: Und wo sollte man Sektor-Schwergewichte setzen?

Patrick Mange: Ehrlichgesagt achten wir mehr auf die regionalen als auf die sektoralen Gewichtungen. Erwähnen möchte ich aber Immobilien: Das ist nicht gerade ein Sektor der mich derzeit sehr motiviert, obwohl ich nicht von einem Hard Landing in den USA ausgehe.

Interessanter sieht dagegen der Telekom-Sektor aus, der in den letzten Jahren weniger gut performt hat.

Weiters verstehen wir nicht, warum der Healthcare-Sektor so unterbewertet ist und nie richtig funktioniert hat. Denn obwohl besonders Large Caps Pharma-Aktien nicht sehr aufregend sind, bieten sich diese Titel für Langfristinvestoren an.

Schwellenländer nur beimischen

e-fundresearch: Welchen allgemeinen Rat haben Sie als Chefstratege eines großen Finanzunternehmens zurzeit für Anleger parat?

Patrick Mange: Man sollte nie auf Diversifikation vergessen. Beispiel Schwellenländer: Man kann in Emerging Markets langfristig investieren, aber eben nicht nur dort. Wenn man das vergisst, geht man enorme Risiken ein.

Anleihen und High Yields attraktiv

Vor diesem Hintergrund würde ich auch nicht auf Anleihen verzichten: Die Inflationsängste sind gering und die reale Renditen sind attraktiv. Vor einem Jahr hätten wir uns so was noch gewünscht. Außerdem spielen bei langfristigen Anleiheninvestitionen die Kuponzahlungen die weitaus wichtigste Performancerolle. Die Kursverluste bei Anleihen müssen deswegen relativiert werden.

Bei Corporate Bonds wäre ich aber vorsichtig. Wenn schon Kreditrisiko, dann eher mit High Yields. Diese Fonds werden immer besser verwaltet und für die Diversifizierung des Portfolios ist diese Assetklasse ideal. 

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!


Über die Person:
Patrick Mange ist Head of Research & Strategy bei BNP Paribas Asset Management in Paris. Zudem ist er Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank (EZB). Einmal im Monat diskutieren seit 2002 18 der renommiertesten Experten aus den verschiedensten Lagern über aktuelle geldpolitische Fragen und geben eine öffentliche Zinsempfehlung an die EZB ab. Der breit gefächerte Hintergrund der Mitglieder gewährleistet, dass ihre Diskussionen ein repräsentatives Meinungsspektrum abbilden und die möglichen Konsequenzen alternativer Handlungsmöglichkeiten aus den verschiedensten Richtungen beleuchten. Das Sekretariat des Schattenrats ist beim Handelsblatt in Frankfurt angesiedelt. Er tagt in der Regel monatlich in Form einer Telefonkonferenz, die durch konkurrierende Abstimmungsvorlagen und den Austausch von gesamtwirtschaftlichen Prognosen vorbereitet wird. 

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