PTR: Stimmt die Formel?

Die in Österreich von der FMA verordnete Methode zur Berechnung der Portfolio Turnover Ratio, weist einige entscheidende Schwächen auf, krititisiert Friedrich Moser, Fondsmanager des Ziel Netto bzw. Ziel Valet. Eine Umstellung der Formel sei deswegen längst überfällig. Funds | 10.03.2006 07:03 Uhr
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In der weithin bekannten und häufig publizierten Gesamtkostenkennzahl TER (Total Expense Ratio) sind unter anderem die Transaktionskosten nicht enthalten. Über die Häufigkeit von Transaktionen gibt die ebenfalls in den vereinfachten Prospekten publizierte Portfolio Turnover Ratio (PTR) Auskunft. Obwohl die Kostenbelastung für den Fondsinvestor durch TER und PTR in der Größenordnung in der Regel gleich ist, steht die PTR unberechtigterweise nur am Rande des Interesses.

Hin und Her macht die Taschen leer

Fondsmanager schaffen durch häufige Transaktionen aber nicht nur Kosten sondern genereieren auch aktiven Ertrag (oder streben dies zumindest an). Die PTR beschreibt also vor allem den Management-Stil.

FMA: Eine Formel wird verordnet

Die Verordnung  der österreichischen Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) aus 2005 über die Angaben, die im Vereinfachten Prospekt eines Investmentfonds enthalten sein müssen, definiert die Portfolio Turnover Ratio als Indikator für die Transaktionskosten:

PTR = (Summe 1 - Summe 2)/M      (1.)

wobei bedeuten:
X = Käufe von Wertpapieren
Y = Verkäufe von Wertpapieren
Summe 1 = Summe der Transaktionen in Wertpapieren = X + Y
S = Zeichnungen von Fondsanteilen
T = Rücknahme von Fondsanteilen
Summe 2 = Summe der Transaktionen in Fondsanteilen = S + T
M = durchschnittliches Nettogesamtvermögen.

Das durchschnittliche Nettogesamtvermögen ist das arithmetische Mittel der im Kalenderjahr bankarbeitstäglich ermittelten Nettofondsvermögen. Österreichische Investmentfonds sind an jedem Börsentag zu bewerten. Die Verordnung schreibt „tägliche Inventarwerte bei täglicher Berechnung“ für die Durchschnittsbildung vor.

Andere EU-Staaten drücken sich vor dieser Formel

Die FMA-Formel für die Portfolio Turnover Ratio wird in vielen Vereinfachten Fondsprospekten in aller Breite zitiert, selbst dann wenn für den aktuellen Fonds die PTR gar nicht berechnet wird oder berechnet werden kann. Die FMA Verordnung setzt eine EU-Richtlinie um. Doch scheint diese erste Formel (1.) nur in Österreich verwendet zu werden. Überzeugen Sie sich davon selbst mit einer Internet-Suchmaschine. Warum drücken sich die anderen Mitgliedsstaaten vor dieser Formel?

In der akademischen Literatur, in Präsentationen aus der Investmentfondswirtschaft und in Texten von internationalen Behörden ist nämlich eine andere Formel für die Portfolio Turnover Rate üblich:

PTR = Min(X,Y)/M        (2.)

Im Zähler dieser Definition steht nur die kleinere Zahl des Paares Wertpapierkäufe oder Wertpapierverkäufe. Umschlag ist Verkauf von Wertpapieren, dessen Erlös den Kauf anderer Titel finanziert.

Welche Formel ist besser?

Zunächst prüfen wir beide Definitionen nach Eigenschaften, die gemeinhin mit Portfolio Turnover Ratio verbunden werden. "Turnover represents how much of a mutual fund´s holdings are changed over the course of a year through selling and buying." Wenn ein Fonds während der Berichtsperiode Wertpapiere im Wert seines Gesamtvermögens verkauft und wieder kauft, beträgt der Umschlag 100 Prozent. Jeder veranlagte Euro wird einmal im Jahr umgeschlagen. Die Wertpapierpositionen werden im Portfolio „im Durchschnitt“ ein Jahr alt.

Vergleichen wir die Definitionen in Überschlagsrechnungen

X = 100, Y = 100, M = 100. Formel (1.) liefert aber PTR = (100 + 100) / 100 = 200%, während Formel (2.) mit PTR = 100/100 = 100% das erwartete Ergebnis zeigt.

Anteilskäufe und Anteilsverkäufe, die sich gegenseitig saldieren und keine Wertpapiertransaktionen des Fonds auslösen, belasten nach branchenüblichem Verständnis die PTR nicht.

Ein Fonds habe Vermögen 100 und in der Berichtsperiode (Jahr) Anteilsverkäufe 50, wie auch Anteilskäufe 50. Anteilskäufe und Anteilsverkäufe werden vollständig saldiert. Keine Wertpapiertransaktionen finden statt.

X = Y = 0. S = T = 50. M = 100. Formel (1.) erzeugt PTR = (0 – 50 – 50)/100 =
-100%, ein negatives Ergebnis. Der Wert mit Formel (2) PTR = 0/100 = 0% schaut plausibler aus.

PTR im Praxischeck

Der Autor dieses Textes managt selbst zwei Investmentfonds nach österreichischem Recht: Ziel Netto und Ziel Valet. Deren Wirtschaftsjahre enden jeweils am 31. August. Anhand folgender Angaben soll kurz die Berechnung der Kennzahl PTR dargstellt werden.

Ziel Netto vom 31.8.04 bis 31.08.05
Wertpapierkäufe X 13.251.329,84
Wertpapierverkäufe Y 5.089.751,47
Zeichnungen von Fondsanteilen S 10.633.983,06
Rücknahme von Fondsanteilen T 2.765.545,28
durchschnittliches Nettovermögen M 15.825.829,19

Umschlagsrate (PTR)
Formel (1.) 31,22%
Formel (2.) 32,16%

Von den Wertpapierkäufen mit insgesamt € 13 Mio. Lastschrift waren etwa 8 Mio. durch den Überhang der Zeichnung von Fondsanteilen verursacht. Bleiben fünf Millionen für die Wiederveranlagung von Wertpapierverkaufserlösen. 5 Mio. dividiert durch das durchschnittliche Fondsvermögen 15 Mio. gibt PTR = 1/3. Beide Formeln liefern mit einer PTR von etwa 30 Prozent also einen plausiblen Wert. Die durchschnittliche Behaltezeit für einen Titel beträgt drei Jahre. Bei üblichem Fondsmanagerverhalten liefern beide Formeln ähnliche Ergebnisse.

Ziel Valet vom 31.8.04 bis 31.08.05
Wertpapierkäufe X 3.888.167,28
Wertpapierverkäufe Y 82,00
Zeichnungen von Fondsanteilen S 12.741.748,18
Rücknahme von Fondsanteilen T 9.047.559,30
durchschnittliches Nettovermögen M 7.659.711,60

Umschlagsrate (PTR)
Formel (1.) -233,70%
Formel (2.) 0,00%

Ziel Valet verfolgt eine Buy-and-Hold-Strategie. In der Berichtsperiode wurden keine Wertpapiere verkauft. Die Wertpapierkäufe von etwa vier Millionen dienten der Veranlagung des Überhangs bei den gezeichneten Zertifikaten. Der Wert 0 Prozent gemäß Formel (2.) ist plausibel. Formel (1.) bringt ein negatives, absurdes Ergebnis.

Fazit

Mein Vorschlag also: Ersetzen wir die verordnete Formel doch durch die international Gebräuchliche! Denn diese hat folgende Vorteile gegenüber der hierzulande verordneten:

  1. Sie ist plausibel und harmoniert mit den Begriffen Umschlagsrate (turnover rate) und Behaltedauer.
  2. Sie beachtet das Saldieren der Anteilsgeschäfte, sowie der Geldmarktgeschäfte.
  3. Sie ist international bei Behörden und in der Branche üblich.
  4. Sie liefert keine absurden Ergebnisse. 



Friedrich Moser Geschäftsführer der Ziel Invest GmbH und Fondsmanager der beiden Fonds Ziel Netto und Ziel Valet.



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