Die anhaltende Diskussion um die offenen Immofonds in Deutschland bringt diese Kapitalanlageform, die schon eine fast vier Jahrzehnte lange Tradition hat, schwer unter Beschuss. Die Kritik richtet sich vor allem gegen eine unausgewogene Immobilienallokation, Orientierung an deutschen Immobilienmärkten, die sich als sehr ungünstig erwiesen hat, und zu wenig Risikokontrollen bei gleichzeitig mangelnder Transparenz.
Immofonds: Österreich und Deutschland im Vergleich
In Deutschland gibt es mittlerweile 35 offene Immofonds, mit einem Gesamtmarktvolumen von 85 Mrd. Euro. Vergleichsweise verfügen die deutschen Immoaktiengesellschaften nur über ein geringes Marktvolumen von fünf Mrd. Euro und die europäischen börsennotierten REITs von knapp 80 Mrd. Euro.
In Österreich hingegen findet sich eine ganz andere Marktsituation vor: Mit Ausnahme von vier offenen Immofonds mit einem Volumen von 1,1 Mrd. Euro - die im Grunde keine Konkurrenz darstellen - wird der österreichische Immobilienmarkt zu einem Großteil von den Immo-AGs dominiert.
Niedrige Volatilität als Verkaufsargument
Die Befürworter der offenen Immofonds setzen vor allem auf die Steuervorteile, da ein Teil der jährlichen Erträge steuerfrei ist und die geringe Volatilität der Assetklasse. In den letzten zehn Jahren erzielten die deutschen offenen Immobilienfonds im Schnitt eine annualisierte Rendite von 3,5 Prozent bei einer Volatilität von 1,1 Prozent. Seit 2001 sank die erzielte Jahresrendite leicht auf 3,2 Prozent bei einem Risiko von nur mehr einem Prozent.
Die Problematik der Bewertungsmethoden
Die Bewertung der Immobilien basiert auf der Nachhaltigkeit der Mieterträge. Das heißt, der Mietertrag wird mit einem bestimmten Faktor multipliziert. Dieser Ansatz ist recht statisch und bewertet lediglich die aktuelle Situation, ohne eventuelle zukünftige Entwicklungen in Betracht zu ziehen.
Eine andere Messgröße, ist der Discounted Cash-Flow Ansatz, der hingegen den Nettobarwert und dabei zukünftige Ereignisse, wie z. B. Verlängerung des Mietvertrags, Leerstandsperioden, Vermietungskosten usw. berücksichtigt.
Keine Rotation der Gutachter
Jedoch haben die verschiedenen Methoden eines gemein: Der Gutachter muss seine Schätzungen auf plausible und nachvollziehbare Annahmen stützen. Denn das deutsche ImmoInvFG, schreibt im Gegensatz zu österreichischem ImmoInvFG, keine regelmäßige Rotation der Gutachter vor, um die eventuelle Bewertungsgefahr zu vermeiden.
Gleichzeitig sollte die Suche nach geeigneteren Methoden fortgesetzt und umgesetzt werden. In der Vergangenheit ließen viele Fonds ihre Gutachten von kleinen Sachverständigenfirmen durchführen. Wertgutachter rekrutieren sich aus verschiedenen Berufsfeldern, wie Baugutachter und Vermesser, Geografen, Architekten, Immobilienmakler und Volkswirtschaftler. Allen Wertgutachtern ist das Wissen über Immobilieninvestments gemein, das vor Ort auf ein bestimmtes Objekt anwendbar ist. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein einzelner Gutachter alle Aspekte dieses Prozesses abdecken kann.
Es wurden schon Initiativanträge vom deutschen BVI gestellt, um die Verbesserung der Fondsstruktur und mehr Transparenz für den Anleger durchzusetzen. Allesamt fordern diese stärkere Kontrollen, eine Verdoppelung der Liquiditätsreserve, häufigere Wertgutachten und vor allem eine bessere Auswahl der Gutachter.
Fazit
Angesichts der angespannten Lage in der letzten Zeit sind die Rufe nach diesen Maßnahmen verständlich, jedoch schlittern die deutschen Immofonds, falls sie tatsächlich in diesem Ausmaß umgesetzt werden ins Abseits, wie man anhand der österreichischen Immofonds sehen kann, die wegen einer zu starken gesetzlichen Regulierung einen schweren Start hatten (mehr dazu siehe im Artikel „Offene Immofonds: Sichere Anlage, niedrige Renditen“ vom 22.2.2006).