Rendite mit Allah

Für Moslems sind Zinsgewinne verboten. Einige Branchen entsprechen zudem nicht der Shariah, dem religiösen Gesetz des Islam. Spezielle Investmentfonds bieten sich als Alternative für Gläubige an. Und vor dem Hintergrund der sprudelnden Petrodollars kommt dem Islamic Investing derzeit wachsende Bedeutung zu. Funds | 19.12.2005 09:41 Uhr
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Die hohen Erdölpreise haben den ölexportierenden Ländern zu einem wahren Schwall an Einnahmen verholfen. Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) schätzte kürzlich die Erlöse der Förderstaaten für 2005 auf über 650 Mrd. US-Dollar. Die Frage wohin diese Petrodollars fließen und wie sie die Finanzmärkte beeinflussen beschäftigt Experten weltweit.

Arabische Börsen im Kursrausch

Politische Überlegungen scheinen dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle zu spielen: Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 floss verstärkt islamisches Geld aus den USA ab. „Gerade Ölstaaten wie Kuwait oder Saudi Arabien haben historisch ihr Geld eher in den USA veranlagt. Nach dem 11. September wurden die regulatorischen Bestimmungen aufgrund der Anti-Terror-Gesetze verschärft, was diese Anleger dazu veranlasst hat eher in deren Heimatmärkte zu investieren. Die gute Performance der Börse in Pakistan, Ägypten oder Jordanien ist darauf zurückzuführen“, meint etwa Maarten-Jan Bakkum, Emerging Markets Stratege bei ABN AMRO.

Mittlerweile haben die Aktien an diesen Börsen – der MSCI Egypt Index stieg allein in den letzten drei Jahren um 520 Prozent - aber bereits Schwindel erregende Bewertungen erreicht: „Zum Kaufen ist es zu spät“, zeigt sich etwa Mark Mobius, Emerging Markets Experte bei Franklin Templeton, bereits im September diesen Jahres überzeugt.

Europa und Gold als Profiteure

Ein weiterer geopolitischer Profiteur sei Europa: „Viele Leute können sich gar nicht vorstellen woher ein Aufschwung hierzulande kommen sollte. Unserer Meinung nach ist es der Ölpreis, so komisch das klingt“, skizziert etwa Philipp Vorndran, Chefstratege bei Credit Suisse Asset Management die Lage. Denn das Geld werde nicht mehr so stark in den USA sondern eher in Europa oder Gold investiert.

Die Historie gibt dem Experten recht: Seit dem 11. September 2001 verlor der US-amerikanische S&P 500 Index 8,2 Prozent, der MSCI Europe gewann 15,1 Prozent und die Feinunze Gold stieg im Wert um 46,2 Prozent an (alle Zahlen in Euro).

Islamische Investments im Vormarsch

An Attraktivität zugelegt hat in den letzten Jahren aber auch das so genannte „Islamic Investing“: Laut einer Studie des Maklerverbundes der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) beträgt das weltweite Volumen der Finanzinvestments aus islamischen Ländern bereits rund 500 Mrd. Dollar und verzeichnet Wachstumsraten zwischen 15 und 20 Prozent pro Jahr.

Shariah verbietet Zinsen

Solche Investments unterliegen jedoch den besonderen Bestimmungen der Shariah, dem religiösen Gesetz des Islam. Kernpunkt ist dabei das Verbot von Zinszahlungen, wodurch  Anleihen untersagt sind aber auch Investments in Unternehmen, die hoch verschuldet sind und solche, die zu hohe Zinseinnahmen haben. Auch sind Einzahlungen verboten, wenn unsicher ist, ob je Erträge zurückkommen. Das bedeutet ein praktisches Verbot hochriskanter Anlagen und von Versicherungen bzw. Zinsen.

Schweinefleisch und Airlines tabu

Bei Aktien sind Banken- und Versicherungswerte bzw. "unsaubere" Branchen wie Alkohol-, Wett- und Erotikindustrie oder auch Schweinefleisch tabu. Da Fluglinien während der Flüge Alkohol ausschenken, werden zum Beispiel auch diese Aktien abgelehnt.

Sukuk-Markt boomt

Um das Zinsverbot zu Umgehen behelfen sich Banken der Begebung spezieller Konstruktionen, so genannter Sukuks (arabisch für „Zertifikat”), die das Zinsverbot umgehen. Da der Koran ausdrücklich die Verteilung von Gewinnen erlaubt, gibt es bei Sukuks keine Zinsen, sondern Gewinngutschriften. Der weltweite Sukuk-Markt wird mittlerweile auf 30 Milliarden US-Dollar geschätzt und allein im ersten Halbjahr 2005 wurden islamische Anleihen im Volumen von 6,2 Milliarden Dollar begeben.
Das Emissionsvolumen wird in diesem Jahr um ein Drittel auf 8,9 Milliarden Dollar steigen, erwartet der Islamic Finance Information Service, eine Tochter der Euromoney Institutional Investor in London. Auch westliche Banken engagieren sich in diesem Bereich und lancieren Produkte, die den Religionsgesetzen entsprechen.

Islamische Aktienfonds als Randthema

Aber nicht nur im Anleihenbereich sind westliche Finanzinstitute im islamischen Bereich tätig: Von Pictet bzw. COMINVEST stammen zwei spezielle Aktienfonds. Der bis zu seiner Schließung am 5. Dezember von Knut Müller verwaltete ADIG - Al Sukoor European Equity Fund konzentrierte sich ausschließlich auf Sharia-konforme Aktien aus Europa. „Aufgrund des geringen Volumens von am Schluss nur noch 3,8 Mio. Euro wurde der Fonds jedoch im Interesse der Anteilsinhaber geschlossen“, berichtet Martin Keil, Managing Director Institutional bei der COMINVEST Asset Management. „Die Vermarktung eines europäischen Aktienfonds gestaltete sich in den vergangenen drei Jahren in den GCC Ländern (Golf Cooperation Countries) sehr schwierig, da die lokalen Aktien- und Immobilienmärkte die Investoren mit gewaltigen Gewinnen im teilweise dreistelligen Bereich p.a. verwöhnt haben. Diese Performance war bei einem europäischen Standardaktienfonds nicht darstellbar“, nennt Keil die Gründe. Außerdem sei das Angebot an "plain vanilla" Aktienfonds, gemanaged nach Sharia Regularien,  mittlerweile ziemlich groß. „Nachfrage besteht jetzt primär nach strukturierten Anlagen, bzw. auch nach Innovationen wie islamischen Hedge Funds oder Private Equity“, so Keil weiter.

Als einziger in Österreich, Deutschland oder der Schweiz zugelassene Islam-Fonds bleibt deshalb einzig der Al Dar-World Equities von Pictet übrig. Dieser von Richard Heelis in London verwaltete Fonds investiert weltweit in Aktien und weist ein Volumen von 7,1 Mio. Euro auf.

Fazit

Die stark gestiegenen Einnahmen aus dem Erdölexport verhelfen dem arabischen Raum zu einer Flut an Petrodollars. Die Frage wohin dieses Geld fließt kann jedoch nicht eindeutig beantwortet werden. Aufgrund politischer Überlegungen sind Anlagen in Europa und Gold US-amerikanischen Investments überlegen. Lokale Aktienbörsen wie Ägypten, Pakistan oder Jordanien erlebten zudem einen wahren Kursrausch, was die Bewertungen entsprechend nach oben getrieben hat. Islamische Investments, die Shariah-konform sind, nehmen stark an Bedeutung zu. Spezielle Islam-Fonds sind hierzulande allerdings noch ein Randthema.

Alle Daten per 14.12.2005 in Euro (außer anders angegeben)
Quelle:

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