Wien: Die unerwartete Hausse

In den letzten drei Jahren stieg die Wiener Börse um 196 Prozent oder 44 Prozent pro Jahr. Die meisten Investoren hatten mit dieser Entwicklung nicht gerechnet, trotzdem schlugen drei Fonds den ATX. Ob diese auch 2006 richtig liegen? Funds | 23.12.2005 16:30 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

In den letzten drei Jahren stieg die Wiener Börse um 196 Prozent oder 44 Prozent pro Jahr. Damit schlug der ATX Index sogar viel volatilere Börsen wie Istanbul, Russland oder Osteuropa. Nur mit lateinamerikanischen Aktien, etwa in Brasilien, konnte man seit 2002 besser verdienen als zu Hause. Und allein seit Jahresbeginn, als viele Experten nur noch moderate Kursgewinne prognostizierten, legte die Wiener Börse um weitere 39 Prozent zu.  

Der unerwartete Boom

Die meisten Investoren hatten mit dieser Entwicklung nicht gerechnet, gerade Privatanleger scheinen den Boom an der Heimatbörse verschlafen zu haben. Aber auch die führenden Fondsmanager wurden 2005 - wenn auch positiv - vom Boom überrascht. „Auch die Optimisten, zu denen ich mich zähle, haben nicht mit einer so starken Performance gerechnet“, gesteht Manfred Zourek, Fondsmanager des ESPA Stock Vienna. Ebenfalls  Mitbewerber wie Friedrich Erhart (Capital Invest Austria Stock) bzw. Alois Wögerbauer (3 Banken Österreich Aktienfonds) gingen zum Jahreswechsel noch von einer Performance um die zehn Prozent für den ATX in diesem Jahr aus.

Welche Fonds 2005 den Markt schlagen?

Obwohl die Fondsmanager mit ihren Marktprognosen für also 2005 falsch gelegen sind, konnten  immerhin drei der insgesamt neun Fonds seit Jahresbeginn den ATX Prime Index schlagen. Die meiste Outperformance schaffte der 3 Banken Österreich Aktienfonds, welcher den Index seit 31.12.2004 um 11,6 Prozent schlagen konnte. Dann folgt der ESPA Stock Vienna (+7,7 Prozent) vor dem Capital Invest Austria Stock mit einer Überrendite von 2,5 Prozent. Im Schnitt erzielten die neun Produkte gegenüber dem Index jedoch eine leichte Underperformance von 0,2 Prozent.

Wie geht es 2006 weiter?

Glaubt man den Prognosen der Fondsmanager dieses Mal, so wird 2006 ein viel weniger profitables Aktienjahr an der Wiener Börse. Am optimistischsten ist wieder einmal Manfred Zourek vom ESPA Stock Vienna: „Unsere Schätzungen gehen für 2006 von einem durchschnittlichen Gewinnwachstum österreichischer Aktien von rund 15 Prozent aus. Wenn der Markt noch etwas teurer wird - was realistisch wäre da Aktien im Verhältnis zu Anleihen noch günstig bewertet sind - sollte man mit einer Performance von 15 Plus Prozent rechnen“. Privatanlegern, die den Boom bisher von der Seitenlinien aus verfolgten, rät er zu Zurückhaltung: „Eine große Unterbewertung im Vergleich zu europäischen Börsen, wie das 2001 der Fall gewesen ist, existiert nicht mehr. Ich würde deswegen nicht mehr so massiv in den Markt einzusteigen, abraten würde ich aber auch nicht. Österreichische Aktien gehören in ein Aktienportfolio, wobei in so volatilen Zeiten - wie etwa diesen Herbst - eher ein Sparplan einem Einmalinvestment vorzuziehen wäre“, rät er.

Auch Alois Wögerbauer, Fondsmanager des 3 Banken Österreich Aktienfonds wurde 2005 positiv überrascht: „Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass das Indexschwergewicht OMV allein für die Hälfte der ATX Performance verantwortlich ist“. Obwohl er in den großen ATX Positionen strukturell untergewichtet ist – im Unterschied zu den meisten Konkurrenten setzt Wögerbauer keine Derivate ein um Positionen synthetisch nachzubilden, weshalb die maximale Einzeltitelgewichtung zehn Prozent beträgt – konnte sich der Oberösterreicher mit Versicherungsaktien wie Wiener Städtische oder UNIQUA bzw. Böhler Uddeholm aber auch Betandwin behaupten. Aber nicht nur deswegen zeigt er sich zufrieden: „Dieses Jahr war die Korrelation zwischen Gewinn- und Kursentwicklung der einzelnen Unternehmen sehr hoch. Die Börse hat ungewöhnlich gut funktioniert“. Auf der anderen Seite ist Wögerbauer sogar froh, dass viele Privatanleger noch nicht in Euphorie verfallen sind: „Dann ist noch Platz für weitere Kursgewinne“. Für 2006 rechnet er wieder mit Kursanstiegen in der Höhe der Gewinnwachstumsraten zwischen 10-13 Prozent. Eine Jahresendrally sieht er aber keine: „Eher einen freundlichen Jahresausklang“.

Friedrich Erhart, Fondsmanager des größten Österreich Aktienfonds Capital Invest Austria Stock, ist etwas zurückhaltender: "Mit breiten Zukäufen würde ich abwarten. Einige Einzeltitel wie beispielsweise Wienerberger, Mayr Melnhof, Lenzing oder Generali kann man sich aber schon jetzt ins Depot legen, sie haben die heurige Kursrally nicht mitgemacht und weisen eine günstige Bewertung auf. Das sind vielleicht die Gewinner des kommenden Jahres". Generell werde Stockpicking, also die Einzeltitelauswahl, 2006 seiner Meinung nach an Bedeutung zunehmen: "Der Gesamtmarkt hat kurz- bis mittelfristig nur wenig Potential, da der Gewinnzyklus der meisten Unternehmen 2005 seinen Höhepunkt erreicht haben dürfte". Nach dem starken Aufwärtstrend seit 2002 rechnet Erhart in den nächsten Monaten eher mit einem Tradingmarkt: "Der ATX sollte sich vorerst in einer Bandbreite zwischen 3600 und 3100 Punkten seitwärts bewegen", glaubt er (aktuell steht der Index bei rund 3500 Punkten). Größere Kursverluste seien fundamental aber nicht gerechtfertigt: "Obwohl wir uns rein optisch auf einem hohen Kurs-Niveau befinden, sind die Bewertungen nicht teuer. Der Markt weist für nächstes Jahr nur ein geschätztes KGV von 12,5 auf, da in der Rally der letzten drei Jahre die Unternehmensgewinne etwa gleich wie die Aktiekurse angestiegen sind", erklärt Erhart, der aktuell übrigens vermehrte Nachfrage nach heimischen Aktien von Privatanlegerseite sieht.

Welche Fonds liegen langfristig vorne liegen?

Sieht man sich das Bild der Österreich-Aktienfonds langfristig an, so schlägt der Großteil aller Produkte den ATX Prime Index nicht. In den letzten fünf Jahren übertraf einzig der Capital Invest Austria Stock anhand der risikoadjustierten Rendite (Sharpe Ratio) den Index. Anhand der reinen Performance übertrafen im Zeitraum 2000-2005 übrigens zwei Produkte den Index: Der Capital Invest Fonds erzielte eine Outperformance von 3,9 Prozent pro Jahr, der ESPA Stock Vienna 2,4 Prozent.
Im Schnitt erzielten die insgesamt sechs Österreich-Aktienfonds - die über eine entsprechende Historie verfügen - seit November 2000 eine jährliche Performance von 22,9 Prozent. Den ATX Prime Index verfehlten Sie damit um 0,6 Prozent pro Jahr. Einer der Gründe für das insgesamt magere Abschneiden dürften die für das Management der Fonds anfallenden Kosten sein. So liegt die jährliche Gesamtkostenquote (Total Expense Ratio) der Österreich-Aktienfonds im Schnitt bei 1,41 Prozent, während in der Indexperformance keine Kosten berücksichtigt sind. Dabei sind heimische Aktienfonds im internationalen Vergleich aber nicht teuer: Bei einer vom deutschen ifa Privates Institut für Fondsanalyse erstellten Studie liegt der Schnitt der Aktienfonds mit einem Volumen zwischen 10 und 500 Mio. Euro bei 1,51 Prozent. Außerdem schnitten gerade die teuersten Portfolios – der Capital Invest Fonds weist eine TER von 1,62 Prozent auf, der ESPA Stock Vienna kostet 1,57 Prozent – in den letzten Jahren am besten ab.

Passive Konkurrenz bringt Vorteile

Wer sich dennoch gegen einen aktiv gemanagten Österreich-Fonds entscheidet, dem steht seit kurzem eine weitere Option offen. Seit 21. November können Exchange Traded Funds (ETFs) erstmals an der Wiener Börse gehandelt werden. Der weltweit erste börsennotierte Indexfonds auf den ATX Index kommt dabei von der deutschen Indexchange. Der Hauptvorteil dabei: Die jährliche Verwaltungsgebühr des neuen ATX EX liegt bei nur 0,3 Prozent. Darin sind Indexanpassungen, die Umsetzung von Kapitalmaßnahmen, Zins- und Dividendenmanagement bereits inkludiert. Statt einem Ausgabeaufschlag fallen im Handel mit ETFs lediglich die banküblichen Wertpapierspesen an.

Mit den neuen Fonds sollen vor allem private Anleger auf den Wiener Finanzmarkt aufmerksam gemacht werden, betont Stefan Zapotocky, Vorstandsmitglied der Wiener Börse. Die beiden neuen Anbieter selbst - neben der deutschen Indexchange ist das die französische Lyxor Asset Management - orten dagegen vor allem Nachfrage bei den institutionellen Anlegern. „In Deutschland stammt nur fünf bis acht Prozent unseres Volumens von privaten Investoren“, so Indexchange Vorstand Thomas Uhlmann. Der Grund dafür liegt vor allem im Vertrieb: Denn während die Berater bei den aktiv gemanagten Investmentfonds Ausgabeaufschläge kassieren, fehlt dieser Anreiz bei ETFs komplett. Uhlmann zeigte sich aber zuversichtlich, allein mit dem ATX EX in drei Jahren das verwaltete Vermögen seiner Gesellschaft um rund 500 Mio. Euro steigern zu können. Im Vergleich zum derzeitigen Volumen von 994 Mio. Euro in allen bisherigen Österreich-Fonds, ein ambitioniertes Ziel.

Die zusätzliche Konkurrenz sollte für den Markt unter dem Strich sogar noch weitere Vorteile bringen: „Ich sehe ETFs positiv für den Markt: Neue Produkte bringen mehr Liquidität und das hilft allen Teilnehmern“, so Manfred Zourek. Außerdem erleichtere das das Umfeld für aktive Fondsmanager: „Je mehr Indextracker es gibt, desto mehr Chancen hat man um mit Stockpicking Outperformance zu generieren“, fasst Wögerbauer schließlich zusammen.

Alle Daten per 22.11.2005 in Euro
Quelle:

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