Endlich ist es soweit: Nach jahrelangen Planungen hinter den Kulissen erfolgte gestern die Börsennotierung des weltweit ersten ETF auf den Wiener Leitindex ATX. Bereits in einem Interview mit e-fundresearch im Juni 2002 gab sich der damalige Vorstand der Wiener Börse, Erich Obersteiner, optimistisch: „ETFs sind eines der vier zentralen Projekte die wir dieses Jahr betreuen“ (siehe auch „Obersteiner: Es wird uns nicht fad“ vom 6.6.2002).
Sicherungssteuer als Wartegrund
Die Gründe für den verzögerten Start seien jedoch vor allem rechtlicher Natur gewesen: „Neben der Implementierung von UCITS III in 2004 wollten wir noch den Fall der Sicherungssteuer abwarten. Unsere ETF´s sind in Österreich jetzt dafür inländischen Fonds steuerlich gleichgestellt“, so Indexchange Vorstand Thomas Uhlmann bei der Vorstellung des neuen Fondsangebots in Wien.
Börsennotierte Indexfonds oder Exchange Traded Funds haben sich in nur fünf Jahren zu einer der erfolgreichsten Fondskategorie in Europa entwickelt. Heute werden an den europäischen Börsen 160 Fonds mit einem Volumen von rund 45 Milliarden Euro gehandelt, davon knapp die Hälfte allein an der Deutschen Börse in Frankfurt. Österreichische Investoren mussten bislang an diesen oder andere Handelsplätze ausweichen, um die Vorteile dieses Investmentinstruments nutzen zu können.
Zielgruppe Institutionelle Anleger
Mit den Exchange Traded Funds sollen vor allem private Anleger auf den Wiener Finanzmarkt aufmerksam gemacht werden, betont Stefan Zapotocky, Vorstandsmitglied der Wiener Börse. Die beiden neuen Anbieter selbst - neben der deutschen Indexchange ist das die französische Lyxor Asset Management - orten dagegen vor allem Nachfrage bei den institutionellen Anlegern. „In Deutschland stammt nur fünf bis acht Prozent unseres Volumens von privaten Investoren“, so Uhlmann. Der Grund dafür liegt vor allem im Vertrieb: Während die Berater bei den aktiv gemanagten Investmentfonds Ausgabeaufschläge kassieren, fehlt dieser Anreiz bei ETFs komplett. Uhlmann zeigte sich aber zuversichtlich, allein mit dem ATX EX in drei Jahren das verwaltete Vermögen seiner Gesellschaft um rund 500 Mio. Euro steigern zu können.
ATX um 30 Basispunkte
Denn der Nachteil bei den fehlenden Vertriebsanreizen ist zugleich auch ein Hauptvorteil der neuen Produkte: die niedrigen Kosten: Während aktiv gemanagte Österreich-Aktienfonds im Schnitt eine Gesamtkostenquote (TER) von 1,4 Prozent aufweisen, liegt die jährliche Verwaltungsgebühr des neuen ATX EX bei nur 0,3 Prozent. Darin sind Indexanpassungen, die Umsetzung von Kapitalmaßnahmen, das Zins- und Dividendenmanagement bereits inkludiert. Im Handel mit ETFs sind darüber hinaus lediglich die banküblichen Wertpapierspesen zu bezahlen. Uhlmann: „Die Gesamtkostenbelastung liegt damit wesentlich unter der alternativer Anlagemöglichkeiten. Das rechnet sich auf lange Sicht.“ Denn wird der ETF über die Börse gekauft, fällt kein Ausgabeaufschlag an.
Und weitere Kostensenkungen könnten sogar noch folgen: Derzeit darf nur die Indexchange einen ETF auf den ATX Index anbieten. „Diese Exklusivität endet aber nach 12 Monaten“, so Zapotocky. Dann dürfen weitere Anbieter entsprechende Produkte anbieten was die Kosten senken könnte. In Deutschland hat der Fall der Exklusivlizenz für einen ETF auf den deutschen DAX per Ende 2004 jedenfalls zu einem Fall der jährlichen Verwaltungsgebühren geführt und diese in etwa halbiert (siehe auch „Aktiv oder passiv?“ vom 3. März 2005).
Elf ETFs für die Wiener Börse
Neben dem ATX EX listet die Indexchange in Wien mit dem DAX EX und dem DJ EURO STOXX 50 EX auch zwei der gefragtesten europäischen ETFs. Hinzu kommt mit dem Dow Jones STOXX EU Enlarged 15 der erste ETF für die 15 größten Blue Chips aus neu aufgenommenen EU-Mitgliedsländern Osteuropas. In Wien werden weiters der DivDAX EX und zwei Dividenden-ETFs auf den STOXX bzw. EURO STOXX Index von der Indexchange angeboten.
Vier weitere ETFs stammen von Lyxor Asset Management, eine 1998 gegründete 100%ige Tochtergesellschaft der Société Génerale- Im Gegensatz zur Indexchange liegt der Schwerpunkt Lyxors auf osteuropäischen Indizes. "Vom Erfolg des Exchange Traded Fund Segmentes an der WBAG sind wir überzeugt. Als führender ETF Anbieter in Europa, wollen wir jetzt auch österreichischen institutionellen und privaten Investoren Lyxor Produkte offerieren. Deshalb ist es uns eine besondere Freude den ersten Exchange Traded Fund auf den von der Wiener Börse berechneten CECE Index anbieten zu können", erklärte Frank Burkhardt, Leiter Marketing und Vertrieb für derivative Produkte der Lyxor Asset Management.
Noch keine österreichischen Anbieter
Österreichische ETF-Anbieter gibt es dagegen noch keine, weshalb schließlich zwei ausländische Anbieter für das neue Segment der Wiener Börse zum Zug gekommen sind: „Viele heimische Asset Manager trauen sich das noch nicht zu, wobei der heutige Start auch als Ansporn in diese Richtung verstanden werden sollte“, so Börse-Vorstand Zapotocky.
Handelbar sind die neuen ETFs übrigens börsentäglich zwischen 9:15 und 17:30 Uhr. Es stehen alle gängigen Orderformen zur Verfügung.
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