- Auch bei den gegenwärtig niedrigen Zinsen konnte man mit Bonds im bisherigen Verlauf des Jahres noch Geld verdienen.
- Die Rendite 10jähriger Bundesanleihen hat noch Spielraum nach unten. Sie könnte - wie die Schweizer Staatspapiere – unter 1% sinken.
- Auch wenn Sie Angst vor einem Zusammenbrechen der Gemeinschaftswährung haben, sollten Sie ihr Geld – jedenfalls aus Wechselkursgründen – nicht in Drittwährungen anlegen.
Die meisten halten es für unwahrscheinlich und raten von Engagements in Rentenpapieren ab. Die Renditen sind einfach zu niedrig. Allenfalls sollte man höherverzinsliche Unternehmensanleihen kaufen, vielleicht auch Nachranganleihen mit freilich höherem Bonitätsrisiko. Wer unbedingt in Bundesanleihen investieren will, dem werden kürzere Laufzeiten empfohlen. Sie haben zwar weniger Kursrisiken, dafür aber auch erheblich niedrigere Zinsen. Zweijährige Bundesanleihen notieren derzeit bei einer Rendite von weniger als 0,3%.
Rein theoretisch müsste der langfristige Kapitalmarktzins bei etwas unter 4% liegen, also mehr als doppelt so hoch wie die Marktrendite. Man errechnet diesen Modellzins aus dem langfristigen realen Wirtschaftswachstum (1 ½ bis 2%) plus der längerfristigen Preissteigerung (2%). Der Vergleich mit der tatsächlichen Rendite von 1,5% zeigt, wie stark der Markt übertreibt. Es gibt zweifelsohne eine Blase am Bondmarkt.
UI-ChampionsCall mit ProfitlichSchmidlin: „Wir graben tiefer“ - Opportunitäten für langfristige Unternehmensbeteiligungen und Anleihe-Sondersituationen
„Wir graben tiefer“ - Opportunitäten für langfristige Unternehmensbeteiligungen und Anleihe-Sondersituationen„Im Jahr 2023 sind die Fundamentaldaten bei unseren Beteiligungen mit den Aktienkursen weit...Ich halte trotzdem weitere Zinssenkungen für möglich. Aus meiner Sicht leben viele Marktteilnehmer immer noch in der Obsession, als müssten die Zinsen nach dreißig Jahren Rückgang nun gleich wieder steigen. Sie können sich nicht vorstellen, dass niedrige Zinsen für längere Zeit der Normalzustand sein könnten.
In der Graphik habe ich die deutschen Sätze mit denen in der Schweiz verglichen. Vor einem Jahr war die Rendite für 10jährige Eidgenössische Anleihen in etwa so hoch wie die heutige für Bundesanleihen. Seitdem sind die Sätze in der Schweiz auf fast die Hälfte gefallen.
Manche sagen, das könne in Deutschland nicht passieren, weil hier die Preise stärker steigen. In der Schweiz liegt die Geldentwertung bei -1%, in Deutschland beläuft sie sich auf 2,1%. Nur: für die Entwicklung des Kapitalmarkts sind die Inflationsraten derzeit wenig relevant. Die unglückliche Diskussion über die These der Bundesbank, dass die deutsche Inflation während des Anpassungsprozesses in der Währungsunion vorübergehend über der in der Gemeinschaft liegen müsse (Bildzeitung: „Inflationsalarm“) ist von den Bondsmärkten gar nicht zur Kenntnis genommen worden.
Manche verweisen auf die hohe Staatsverschuldung in Deutschland, die einem weiteren Zinsrückgang entgegenstünde. Dies insbesondere auch deshalb, weil die Anforderungen an den deutschen Staat bei einer Verschärfung der Eurokrise noch weiter steigen könnten. Die Situation in Japan zeigt freilich, wie wenig sicher die zinstreibenden Effekte der Staatsverschuldung sind. Japan hat eine Staatsverschuldung von knapp 200%. Seine langfristigen Zinsen liegen unter 1%. Man könnte auch umgekehrt argumentieren: Je höher die Staatsverschuldung, umso mehr werden die Finanzminister alles tun, um die Zinsen niedrig zu halten, damit ihr Schuldendienst nicht so stark steigt.
Positiv für niedrige Zinsen ist Geldpolitik. Anders als in der Schweiz hat sie im Euroraum noch weitere Lockerungsmöglichkeiten. Die 1 000 Mrd Euro, die die EZB Anfang des Jahres in den Markt gepumpt hat, sind noch gar nicht angelegt. Drei Viertel (770 Mrd Euro) liegen immer noch in der Einlagenfazilität und müssen noch disponiert werden. Die EZB hat darüber hinaus die Option, den Leitzins zu senken. In der Schweiz liegt das Zielband für den 3-Monats Euro bei 0 bis 0,25%, im Euroraum beträgt der Leitzins 1%.
Insgesamt gesehen ist ein Rückgang der deutschen Kapitalmarktrenditen auf 1% oder vielleicht noch weniger im 10jährigen Bereich durchaus möglich. Wer darauf setzt, muss sich freilich darüber im Klaren sein, dass das ein „heißes Spiel“ ist. Eine solche Entwicklung beruht im wesentlichen auf spekulativen Geldzuflüssen aus den südeuropäischen Peripherieländern. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres sind den deutschen Banken laut Zahlungsbilanzstatistik der Bundesbank über 220 Mrd Euro an kurzfristigen Geldern aus dem Ausland zugeflossen. Im April und Mai dürfte sich dies fortgesetzt haben. So etwas hat es seit Bestehen des Euro noch nicht gegeben. Diese Gelder sind natürlich höchst instabil. Da kann es weitere Zuflüsse geben, wenn die Krise im Euro anhält oder sich verschärft, wie es jetzt im Hinblick auf Griechenland aussieht. Die Mittel können aber auch schnell wieder abgezogen werden, wenn sich die Lage stabilisieren sollte.
Für den Anleger drei Schlussfolgerungen: Zum einen sollte man bei Anlagen in Festverzinslichen nicht nur auf die niedrigen Kupons schauen, sondern auch auf die Möglichkeit von Kursgewinnen. Zum anderen gilt die alte Weisheit nicht mehr, dass Bondmärkte sicherer und weniger schwankungsanfällig sind. In den letzten zwei Jahren sind die Renditen zuerst von 2,9 auf 3,9% gestiegen (mit schmerzlichen Kursverlusten für den Anleger), dann aber wieder auf 1,5% gefallen. Zum dritten: Die Blase am Bondmarkt kann noch anhalten, weil die Eurokrise noch lange nicht vorbei ist. Ich vermute sogar, dass sie sich auch unabhängig von den Problemen in Griechenland erst noch einmal verschärft. Freilich muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Blase auch ohne größere Vorwarnung platzen kann. Die Märkte sind daher nur etwas für Profis, die Gefahren schnell erkennen und rasch darauf reagieren können.
Dr. Martin HüfnerVolkswirtschaftlicher Beraterdirektanlage.at
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