BLOG - ETF-Branche ist einig darüber uneinig zu sein

Die Anbieter börsennotierter Indexfonds (ETFs) stimmen in Bezug auf die Regulierungsvorschläge der EU-Finanzaufsicht ESMA in vielen Punkten überein. Warum spricht die Branche dann nicht gleich mit einer Stimme? Funds | 12.04.2012 12:50 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Ganz einfach: Weil es im Detail doch unterschiedliche Interessen zwischen den Anbietern gibt. Und diese scheinen schwerer zu wiegen als das Gemeinwohl der Branche.

Im Großen und Ganzen kann man sagen: Alles, was die ETF-Anbieter im eigenen Hause praktizieren, erachten sie als richtig und nicht verbesserungswürdig. Gleichzeitig machen sie sich für Veränderungen in Bereichen stark, die sie selbst nicht oder nur am Rande beträfen. Vor allem Blackrock sticht mit seinen Ansichten aus der Masse der großen Anbieter hervor. Das ist kein Wunder: Schließlich gehört das Haus keiner Bank an und bietet fast ausschließlich ETFs an, welche die jeweiligen Indexpapiere tatsächlich in den Portfolios halten. Da fällt es natürlich leicht, eine strengere Trennung von ETF-Anbietern und den Mutterbanken zu unterstützen.

Schauen wir auf ein paar Details aus den Stellungnahmen. Der Branchenprimus Blackrock hat sich dafür ausgesprochen, dass es für jeden ETF mindestens eine Ausgabe- und Rücknahmestelle geben soll, die nicht zum Mutterkonzern der Fondsgesellschaft gehört. Ob dies tatsächlich zu einer höheren Liquidität oder niedrigeren Preisen bei der Ausgabe beziehungsweise Rücknahme von ETF-Anteilen führt, ist unklar. Sicher ist aber, dass mit der Deutschen Bank und Lyxor mindestens zwei Wettbewerber von Blackrock ihre Geschäftsmodelle ändern und auf einen Teil ihrer Einnahmen verzichten müssten.

Ähnlich sieht es mit Blackrocks Forderung nach einer strengeren Trennung zwischen dem ETF- und Swap-Anbieter bei Swap-basierten ETFs aus. Auch dies würde dazu führen, dass die meisten Anbieter Swap-basierter ETFs ihre Geschäftsmodelle verändern müssten. Zwar  könnten Multi-Swap-Provider-Plattformen die Fondskosten theoretisch senken. Allerdings kostet die Überprüfung und Auswahl der einzelnen Anbieter auch Geld, und das müsste im Rahmen der Gesamtkosten berücksichtigt werden.

Auch die Frage, ob ETFs den Einsatz von Swaps im Namen kenntlich machen sollten oder nicht, beantworten die Anbieter naturgemäß unterschiedlich – je nach dem, welche Methode der Indexabbildung sie bevorzugen. Dabei lassen die ETF-Anbieter offenbar außer Acht, dass auch aktiv gemanagte Fonds Swaps nutzen. Sollten diese ebenfalls einen entsprechenden Namenszusatz tragen? Aus dieser Perspektive betrachtet, würde es meiner Meinung nach ausreichen, wenn die Produktanbieter die Art der Indexnachbildung klar und verständlich in den Verkaufsunterlagen darstellen.

Einige wichtige Punkte in Bezug auf die Transparenz gegenüber Investoren spielen in den Stellungnahmen der ETF-Anbieter überhaupt keine Rolle. Dazu gehört, dass alle Anbieter, die Wertpapierleihe betreiben, veröffentlichen, wie hoch der Anteil der aktuell verliehenen Wertpapiere ist. Denn diese Leihegeschäfte bergen das Risiko, dass die Leihepartner zahlungsunfähig werden und die Papiere nicht wie vereinbart zurückgeben können.

Da sowohl Swap-basierte als auch andere ETFs Wertpapierleihe betreiben, wären von einer solchen Maßnahme die verschiedensten Anbieter betroffen. Trotzdem macht keiner von ihnen, auch wenn er diese Daten bereits veröffentlicht, einen entsprechenden Vorschlag.

In sofern würde ich sagen: Während sich die ETF-Anbieter in ihren Stellungnahmen an die ESMA mit Kleinkriegen gegen Wettbewerber aufgehalten oder versucht haben, Besitzstände zu wahren, haben sie eine Chance verpasst – nämlich das Vertrauen der Investoren in börsennotierte Indexfonds zu stärken, beziehungsweise verloren gegangenes Vertrauen wiederzugewinnen.

 


Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Thomson Reuters.

 


Über den Autor Detlef Glow, MBA (UoW):

Glow begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters - Lipper. Seit Anfang 2007 war er dort Leiter der Fondsanalyse für Zentral-, Nord- und Osteuropa. Seit Herbst 2010 ist Herr Glow Head of Lipper EMEA Research und damit Leiter der Fondsanalyse Europa, Mittlerer Osten und Afrika. Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanger für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.

 


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