Euro ist ein politisches Projekt

Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank in Frankfurt, erwartet eine Lösung der Probleme in der Eurozone und ein Überleben des Euro. Die Anpassungsprozesse innerhalb der Eurozone und noch stärkere Eingriffe der Politik werden Wirkung zeigen und das politische Projekt des Euro retten. Funds | 23.02.2012 05:00 Uhr
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Eines der zentralen Probleme innerhalb der Eurozone in den ersten zehn Jahren seit der Einführung der Gemeinschaftswährung war der Aufbau hoher Leistungs- und Zahlungsbilanz-Ungleichgewichte innerhalb des gemeinsamen Währungsraums.

Jeder kehrt vor seiner Haustür

"Es entstanden über die Zeit große Überschüsse in Nordeuropa und große Defizite in Südeuropa. Die Währungsunion hat jedoch dafür eine einfache Anpassungsregel entwickelt, die jedes Land dazu verpflichtet, vor seiner eigenen Haustüre zu kehren. Das Defizitland muss sich anpassen. Es sind im Maastricht-Vertrag kein Beistand und keine Hilfen vorgesehen", erklärt Kater. 

Die Defizitländer müssen daran arbeiten, ihre Defizite selbst zu korrigieren. In einem System fester Wechselkurse ist dies eine durchaus komplexe Aufgabe für südeuropäische Länder. Vor allem deshalb, weil letztendlich an dieser Anpassungsregel festgehalten wird.

"Eurobonds sind in Deutschland und auch in Österreich ein Tabu-Thema und wären in Deutschland auch gar nicht mit der Verfassung vereinbar", betont Kater. Aktuell könne man festhalten, dass an den Grundlagen der Währungsunion festgehalten wurde - mit Anpassungsproblemen für einige Länder.

Vereint in der Vielfalt

Das Projekt der gemeinsamen Währung war vom Anfang an vom Integrationsgedanken in Europa getragen. Außerhalb von Europa haben Investoren oft Schwierigkeiten, die Mechanismen dieser Integration und die Abstimmung unterschiedlichster Interessen zwischen den europäischen Ländern zu verstehen. Auch nach zehn Jahren Erfahrung mit der gemeinsamen Währung kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob die gemeinsame Währung besser am Anfang oder am Ende eines Integrationsprozesses eingeführt werden sollte.

Anpassungsprozesse in der Eurozone

Kater: "Das einzige, was zusätzlich geschaffen wurde, ist ein Kreditmechanismus um sich für die Anpassungprozesse Zeit kaufen zu können." Ein Ausgleich der Leistungsbilanzdefizite sei grundsätzlich auch durch eine Senkung der Importe oder einer Erhöhung der Exporte möglich.

"Im Falle von Griechenland wäre ein Rückgang des BIP um 33 Prozent notwendig, um das Leistungsbilanzdefizit vollständig auszugleichen. Griechenland hat bereits 12 Prozent der Wirtschafsleistung aufgegeben und somit seine Schmerzgrenze erreicht. Auch in Italien sank die Wirtschaftsleistung bereits um 12 Prozent", erläutert Kater. In der Währungsunion sei die Entwicklung einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft innerhalb der nächsten Jahre schwer möglich - dieser Prozess könne bis zu zehn Jahren dauern.

Deutschland hatte in den Neunziger-Jahren eine sehr positive Wirtschaftsentwicklung mit einem Konsumwachstum von 1,5 Prozent pro Jahr - allerdings mit Schulden finanziert. Mit der Einführung der Währungsunion war Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig und musste seine Strukturen anpassen - Lohnkosten und Preise waren in der Folge weniger stark gestiegen und das Ergebnis war ein Rückgang des Konsumwachstums auf 0,2 Prozent pro Jahr. Nach den Anpassungsprozessen entwickelte sich Deutschland wieder vom ´kranken Mann in Europa´ zum ´Exportweltmeister´ - mit steigendem Leistungsbilanzüberschuss. Aktuell beträgt das Konsumwachstum wieder 1,4 Prozent pro Jahr und könnte nach Einschätzung von Kater auch in den nächsten zehn Jahren so bleiben. Österreich könne mit einer Verzögerung von 1-2 Jahren auch von der ´internen Aufheizung´ in Deutschland profitieren.

Norden zahlt nicht für den Süden, sondern bürgt nur

Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass bis heute die nordeuropäischen Länder für die Lösung der Probleme in Südeuropa noch nicht effektiv zahlen mussten, sondern dass diese Länder einen Großteil der Anpassungprozesse selbst tragen müssen.

Zukunft des Euro wird in Italien und Spanien entschieden

Kater: "Wenn Italien diese Anpassungsübung schafft, ist der Euro über dem Berg. Dann haben auch die südeuropäischen Länder gezeigt, dass sie - entgegen der Vorurteile der Märkte - nach den Regeln der Währungsunion spielen können. Wenn das geschafft ist, dann hat der Euro eindrucksvoll gezeigt, dass er funktioniert - etwas sperrig - aber er funktioniert."

Wähler in Südeuropa entscheiden

Kater stellte auch fest, dass die Politik mit einer gewissen Verzögerung die Probleme richtig erkannt hatte und die richtigen Konzepte entwickeln konnte. Als einer der Gründe für die anfängliche Orientierungslosigkeit der Regierungen kann angeführt werden, dass die Lösung von schweren Währungskrisen eine relativ seltene Übung sei und einfach auch die Erfahrung fehlt. 

Mit dem Gipfel im Herbst 2011 wurde jedoch erstmals eine Strategie erkennbar und diese zielt auf eine Rückkehr zum Maastricht-Vertrag und eine Anpassung durch die Defizitländer ab. Letztendlich würden jedoch die Wähler an den Wahlurnen in Südeuropa den weiteren Fortgang dieser Anpassungsprozesse entscheiden.

Geldpolitik und Zinsen

Die EZB hat nach Ansicht von Kater mit der Bereitstellung von Liquidität für Banken einen Weg gefunden, die ´Märkte mit Geld zu fluten´, nachdem die Massnahmen zur Unterstützung der Staatsfinanzierung begrenzt waren. Zum Unterschied zur Bank  of England, die Staatsanleihen in Höhe von 22 Prozent der UK Staatsverschuldung hält, beträgt dieser Anteil bei der EZB nur drei Prozent.

Kater erwartet für 2012 und 2013 unveränderte Leitzinsen (Fed Fund s 0,25 Prozent und EZB Refi-Satz 1 Prozent). Im Rahmen der Asset Allocation sind nach Einschätzung der DekaBank Veranlagungen in Sachwerte, Risikokontrolle und die Anpassung an zusätzliche Regulierungsmassnahmen wichtige Themen der näheren Zukunft.

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