Dieser Skandal ereilt die Branche zu einer Zeit, da die Kritikwelle von Institutionen wie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), dem Internationalen Währungsfonds (IWF), dem Finanzstabilitätsrat (FSB) und der britischen Finanzaufsichtsbehörde FSA gerade dabei war, zu verklingen.
Einigen Kritikern kam der UBS-Fall sicher gerade recht. Denn er bot eine willkommene Gelegenheit, um die gerade erlöschende Kritik neu zu entfachen und wieder mahnend den Finger zu heben - nach dem Motto: Schaut her, ich habe es euch doch gesagt! Schließlich hatten die genannten Institutionen ETFs als Risiko für das globale Finanzsystem bezeichnet.
Vor dem Hintergrund der derzeitigen Diskussion um ETFs ist der UBS-Skandal sicherlich nicht das beste Marketing für eine Produktkategorie - schon gar nicht für eine, welche die Regulatoren davon überzeugen wollte, dass die in der Vergangenheit diskutierten Risiken nicht so ausgeprägt seien wie vielfach befürchtet.
Die Frage ist aber: Wird im Zuge des UBS-Skandals der richtige an den Pranger gestellt? Meiner Ansicht nach kann sich keine Bank vollständig vor krimineller Energie schützen. Dabei spielt es keine Rolle, welcher Finanzinstrumente sich der Kriminelle bedient. Denn was kann ein Produkt dafür, wenn es für kriminelle Zwecke missbraucht wird? ETFs für den Vorfall verantwortlich zu machen, ist in meinen Augen falsch.
Aber: Der Betrug bei der UBS-hätte sehr wahrscheinlich durch bessere Reportingsysteme beziehungsweise Risikokontrollsysteme verhindert werden können. Daher sind nun die Regulatoren gefordert: Sie müssen neue Richtlinien schaffen, damit solche Betrugsfälle künftig nicht mehr möglich sind. Denkbar wäre beispielsweise, ETFs in die EU-Richtlinie Mifid zu integrieren. Diese regelt den Finanzmarkt in der Europäischen Union (EU) und wird zurzeit überarbeitet. Würde die Mifid-Richtlinie auch für ETFs gelten, gäbe es neue Berichts- und Nachweispflichten im Handel mit diesen Produkten.
Bei allen Überlegungen sollten die verantwortlichen Politiker und Regulatoren eines nicht vergessen: Als Produkte an sich sind ETFs in der EU bereits komplett über die Ucits-Fondsrichtline und die entsprechenden Gesetze in den einzelnen Staaten reguliert. Eine strengere Regulierung der ETFs hätte sehr wahrscheinlich auch Auswirkungen auf andere Investmentfonds. Über die gesetzlichen Anforderungen hinaus sind börsengehandelte Indexfonds schon heute sehr viel transparenter als herkömmliche Investmentfonds, was die Geschäfte auf Fondsebene angeht. Daher gibt es meiner Meinung nach im Sinne der Investmentgesetze nur noch wenig Verbesserungsbedarf - außer vielleicht in Hinblick auf die verwendeten Derivate und Leihegeschäfte sowie deren Besicherung. Diese könnten noch deutlich transparenter dargestellt werden.
Abseits der Portfolios von und Strategien hinter ETFs fehlt es jedoch noch stärker an Transparenz. Das gilt vor allem für den Handel. Beispielsweise ist es momentan aufgrund der unterschiedlichen Reportingstandards in Bezug auf die börslichen und außerbörslichen Transaktionen nur mit einem hohen Aufwand möglich, Umsatzstatistiken zu einzelnen ETFs zu erstellen und damit deren Liquidität zu ermitteln. In der Zukunft sollte es möglich sein, diese Zahlen konsolidiert in einem einheitlichen Format zu erhalten. Sollte die Mifid künftig auch für ETFs gelten, dürfte sich das ändern.
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Über den Autor Detlef Glow, MBA (UoW):
Glow begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters - Lipper. Seit Anfang 2007 war er dort Leiter der Fondsanalyse für Zentral-, Nord- und Osteuropa. Seit Herbst 2010 ist Herr Glow Head of Lipper EMEA Research und damit Leiter der Fondsanalyse Europa, Mittlerer Osten und Afrika. Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanger für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.
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