Rogoff: Politik hat Legitimität verloren

Im Rahmen eines Symposiums anlässlich der Verleihung des Deutsche Bank Research Prize 2011 an Kenneth Rogoff kommentierte dieser die aktuellen Euro-Krise. Ohne solide Finanzarchitektur mit konstitutionellen Reformen in Europa werde das System zusammenbrechen. Funds | 27.09.2011 04:45 Uhr
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Mit der Verleihung des Deutsche Bank Prize in Financial Economics 2011 am 22. September in Frankfurt zeichnete das Center for Financial Studies (CFS) an der Goethe Universität Frankfurt mit Kenneth S. Rogoff einen Ökonomen aus, der in den letzten Jahren wichtige Beiträge zum besseren Verständnis von Finanzkrisen und Staatsschulden geleistet hatte (Buchveröffentlichung gemeinsam mit Carmen Reinhart 2009: „This Time is Different: Eight Centuries of Financial Folly“). Die früheren Preisträger waren Robert J. Shiller, Michael Woodford und Eugene Fama.

Aktuelle Staatsschuldenkrise in Europa – kein einfacher Ausweg

Im Rahmen der Verleihung des mit 50.000 Euro dotierten Deutsche Bank Prize durch den Vorsitzenden des Vorstandes der Deutschen Bank, Dr. Josef Ackermann, ging Rogoff in seinem Vortrag und in der Diskussion auf aktuelle Fragen ein. Aus der derzeitigen Staatsschuldenkrise in Europa sieht er keinen einfachen Ausweg.

Kenneth Rogoff: „Die Idee der europäischen Politiker, für ganz Europa ein Sicherheitsnetz zu knüpfen, wird sicher nicht funktionieren – vor allem nicht, wenn klare Anzeichen von teilweiser Zahlungsunfähigkeit sichtbar sind.“ Ein Sicherheitsnetz in Europa wäre seiner Ansicht nach notwendig und ein Austritt aus den Sicherheitsmechanismen könnte sich auch als sehr teure Option herausstellen.

Europas Politik hat Legitimität verloren

In einer Situation, wo Politiker Aussagen treffen, die von den ökonomischen Realitäten abweichen und die Entwicklungen auf den Märkten gegenteilige Meinungen der Marktteilnehmer abbilden, verlieren Politiker an Glaubwürdigkeit. Verstärkt wird dies durch das Fehlen von klaren Plänen und Schritten zur Bewältigung der Krisen. Rogoff: „Die europäischen Politiker haben ihre Legitimität verloren, wenn sie einen Zahlungsausfall oder eine Zahlungsunfähigkeit von Griechenland verneinen, wo doch Griechenland die Hälfte der Jahre seit der Erlangung der Unabhängigkeit zahlungsunfähig war. Am Ende des Tages wird es einen umfassenden Schuldenschnitt oder eine Restrukturierung der Schulden in einigen der europäischen Peripherieländern geben.“

Zusammenbruch des Systems?

Rogoff sieht für den Fall einer Schuldenrestrukturierung in Europa die Gefahr des Zusammenbruchs des Finanzsystems in Europa und keine Beruhigung bis eine neue Finanzarchitektur in Europa geschaffen wird.  Die Effekte der hohen Kapitalmobilität in Europa in solchen Krisensituationen sollten nicht unterschätzt werden.

Viel Geld wurde bereits verloren

Rogoff: „In der aktuellen Krise in Europa wurde bereits sehr viel Geld verloren. Obwohl Banken und Regierungen diese Verluste zum Teil noch nicht in ihren Büchern und Bilanzen anzeigen, so steht doch fest, dass das Geld verloren ist.“

Liquiditätsengpass oder Überschuldungsproblem?

Rogoff verweist auch auf eine wichtige Unterscheidung zwischen Liquiditätsengpass und Überschuldungsproblem. Während ein kurzfristiger Liquiditätsengpasse mit zusätzlichen Mitteln der Zentralbank überbrückt werden kann, ist das Problem der Überschuldung deutlich ernster und kann nicht alleine mit Liquiditätsspritzen gelöst werden, sondern nur mit einer Restrukturierung der Schulden bzw. einem Schuldenschnitt.

Das System in Europa ist einfach nicht mehr tragfähig

Rogoff: „Das derzeitige Finanzsystem in Europa ist nicht adäquat und tragfähig, auch nicht durch die Emission von Eurobonds, die Ausweitung des ESFS oder noch mehr Liquidität.“ Es müsse ein deutlich besser strukturierte Fiskalordnung in Europa geben mit strengeren Regeln bezüglich der Möglichkeit zur Schuldenaufnahme im öffentlichen und privaten Bereich.

Die wirkliche Krise wird kommen

Rogoff beschrieb in seinem Vortrag die aktuelle konjunkturelle Entwicklung in den USA und Europa eher mit einer „2nd great contraction“ als einer Rezession, von der sich die Wirtschaft wieder relativ schnell erholen könne. Zum Unterschied dazu gäbe es von einer „contraction“ keine so rasche Erholung, wie das Beispiel in den 20er und 30er Jahren gezeigt hatte.

Zur aktuellen Situation in Europa meinte Rogoff: „Ich mache diese Aussage auch nicht leichtfertig – aber die wirkliche Krise wird kommen und sie wird so lange dauern, bis das Sicherheitsnetz fest ist und das neue System solide aufgesetzt ist. Dafür werden bedeutende konstitutionelle Änderungen in Europa notwendig werden um eine weitergehende Paralyse zu verhindern.“

… wie in der alten DDR …

Im Zusammenhang mit dem Verlust der Legitimität bzw. Glaubwürdigkeit in Europa erinnerte ein Private Banker an die letzten Tage der DDR: „Auch damals wollten uns Politiker mit Lösungsvorschlägen beeindrucken, die so gar nichts mehr mit der Realität zu tun hatten. Jeder wusste bereits, dass die neuen Ideen und Reformen nicht ernst gemeint waren und auch nicht funktionieren konnten. Die Bevölkerung hatte damals bereits weiter vorausgedacht als die Politik und jetzt habe ich erstmals wieder das Gefühl, dass die führenden Politiker in ein einer ähnlichen Zwangslage sind – und auch heute ist ihnen das leider nicht bewußt.“

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