BLOG - Nachhaltigkeit ist in ETFs schwer umsetzbar

In den vergangenen Monaten haben verschiedene Anbieter börsennotierte Indexfonds (ETFs) auf Indizes mit nachhaltigen oder ethischen Auswahlkriterien aufgelegt. Ob diese erfolgreich sein werden, ist jedoch fraglich. Funds | 15.03.2011 17:16 Uhr
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Meiner Ansicht nach kämpft die ETF-Branche im Bereich der nachhaltigen Investments solange vergeblich um das Geld der Anleger, wie es keine klaren Regeln und Definitionen im Bereich der nachhaltigen Investments gibt.

Die Basisindizes der meisten verfügbaren nachhaltigen ETFs folgen dem Best-In-Class-Ansatz. Das heißt: Auch Rüstungs- und Ölkonzerne kommen beispielsweise in Frage, solange sie im Vergleich zu ihren Wettbewerbern besonders ökologisch, ethisch oder sozial verantwortlich handeln. Nur wenige Branchen wie Waffenproduzenten, Anbieter von Pornografie oder Glücksspielen sind in der Regel grundsätzlich ausgeschlossen. Darüber hinaus kann jeder Indexanbieter seine Filterkriterien frei wählen.

Was dies zur Folge haben kann, zeigt der Fall des britischen Ölkonzerns BP eindrücklich: Die meisten Analysten haben BP vor dem Unfall im Golf von Mexiko 2010 als nachhaltigstes Unternehmen der Ölindustrie eingestuft. Daher war der Konzern in fast allen gängigen nachhaltigen Best-in-Class-Indizes, die auch Großbritannien berücksichtigen, enthalten.

Diese frei gewählten Kriterien verunsichern institutionelle und private Investoren. Institutionelle Kunden bemängeln die schwammige Auslegung des Begriffs Nachhaltigkeit bei vielen Indizes. Daher lassen sie sich eigene Indizes konstruieren, die ihren Vorstellungen von Nachhaltigkeit entsprechen. Auch viele Privatanleger können die einzelnen Auswahlkriterien nicht nachvollziehen. Daher sind sie enttäuscht, wenn sie feststellen, dass sich im Falle von Skandalen wie bei BP die entsprechenden Aktien in ihren Portfolios befinden.

Strenger geht es bei den meisten islamkonformen Indizes zu. Bei diesen Indizes werden in der Regel sowohl die Auswahlkriterien als auch die einzelnen Titel von Aufsichtsgremien überprüft, in denen anerkannte Islam-Gelehrte sitzen. Somit unterliegen diese Fonds klaren und nachvollziehbaren Kriterien, die diese Produkte für islamische Investoren interessant machen.  Bei vielen Indizes, die sich am katholischen Glauben orientieren, sieht es ähnlich aus. Diese orientieren sich an den Wertmaßstäben, die von den jeweiligen Bischofskonferenzen festgelegt werden.

Ohne einheitliche Definitionen sowie ökologische, soziale und ethische Auswahlkriterien werden nachhaltige ETFs kein Erfolg werden - weil sie schwer nachzuvollziehen sind. Um erfolgreich zu werden, müssen die Anbieter Indizes konstruieren, die alle im Allgemeinen als nicht nachhaltig empfundenen Branchen ausschließen. Für Automobilproduzenten oder Kraftwerksbetreiber wäre dann sicherlich kein Platz mehr. Anschließend könnten aus den verbleibenden Branchen die jeweils besten Unternehmen herausgefiltert werden. Dieser Ansatz wäre für die Investoren sicherlich transparenter. Er würde die Investmentuniversen der Indizes jedoch stark einschränken, zumal viele aus ökologischer oder sozialer Sicht interessante Werte wegen ihrer geringen Marktkapitalisierungen nicht beliebig investierbar sind. Das macht diese Vorgehensweise für Index- und ETF-Anbieter uninteressant.

Auf der anderen Seite haben die Investoren unterschiedliche Vorstellungen davon, was nachhaltig ist und was nicht. Daher dürfte es auch mit einheitlichen Standards schwer werden, alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Individuelle, mit moralischen  Anlagethemen verknüpfte Anlagethemen wie Nachhaltigkeit lassen sich eben nur schwer über Indizes und Indexprodukte wie ETFs abbilden.

 


Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Thomson Reuters.

 


Über den Autor Detlef Glow, MBA (UoW):
 
Glow begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters - Lipper. Seit Anfang 2007 war er dort Leiter der Fondsanalyse für Zentral-, Nord- und Osteuropa. Seit Herbst 2010 ist Herr Glow Head of Lipper EMEA Research und damit Leiter der Fondsanalyse Europa, Mittlerer Osten und Afrika. Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanger für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.

 


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