Nachhaltige Erholung in Sicht?

Quentin Fitzsimmons, Head of Government Bonds & Foreign Exchange bei Threadneedle in London, mit einer globalen Makro-Analyse und einer Einschätzung bezüglich der Chancen und Risiken in einem inflationären oder deflationären Szenario auf den Märkten. Funds | 22.06.2010 04:30 Uhr
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Wann hebt die Wirtschaft ab?

Quentin Fitzsimmons: "Wenn man die globale makro-ökonomische Situation auf den Märkten analysiert, stellt sich die Frage, wie sich die globale Wirtschaft erholen wird. Hebt die Wirtschaft bald ab, oder gibt es noch ein längeres Verweilen auf der Startbahn? In diesem Zusammenhang ergibt sich auch die Frage, wer zuwenig konsumiert? Sind es die Konsumenten in Europa oder in den USA? Auf der Seite der Regierungen könnte man auch fragen, ob diese zuviel oder zuwenig Ausgaben getätigt hatten. Nicht zuletzt ist auch die Geldpolitik der Zentralbanken zu analysieren und die Frage zu beantworten, ob das Risiko einer Inflation oder einer Deflation größer ist." Auf den Märkten gäbe es derzeit nach Ansicht von Fitzsimmons das Problem, dass einerseits eine deutliche Erhöhung der Liquidität durch die Zentralbanken zu beobachten sei und die Angst der Investoren vor Inflation steigt, andererseits jedoch in Realität die gemessenen Inflationsraten in den meisten entwickelten Industrieländern jedoch sehr gering seien und eher auf deflationäre Entwicklungen deuten würden.

Wachstum schwächt sich 2011 ab

Quentin Fitzsimmons: "Wir sind der Ansicht, dass wir in den USA den Höhepunkt des Momentums der Wirtschaftserholung bereits überschritten haben. Wir erwarten in der zweiten Jahreshälfte deutlich mehr Gegenwind und ein schwächeres Wachstum. 2011 wird ein sehr herausforderndes Jahr mit geringeren Wachstumsraten als im laufenden Jahr."

Threadneedle erwartet in den USA für 2010 ein reales Wachstum in der Höhe von 3 Prozent und 2 Prozent im kommenden Jahr. In der EU werden die Wachstumsraten in beiden Jahren auf 1 Prozent geschätzt. In Japan sollte sich das Wachstum im Jahr 2011 ebenfalls von 2 Prozent in 2010 auf 1,5 Prozent abschwächen. China bleibt mit 10 Prozent im Jahr 2010 und 9,1 Prozent im Jahr 2011 weiterhin der Wachstumsmotor.

Die Inflationsraten werden von Threadneedle wie folgt prognostiziert: USA (core inflation) 1 Prozent (2010) und 1,5 Prozent (2011); EU 1 Prozent (2010 und 2011) sowie Japan -0,5 Prozent.

Quentin Fitzsimmons: "Die starke Erholung in den Emerging Markets hat uns in der Einschätzung bestätigt, dass Investoren im Rahmen einer globalen Asset Allocation sowohl Emerging Markets Aktien als auch Emerging Markets Anleihen einbeziehen sollten."

US Konsumenten noch verhalten

Quentin Fitzsimmons: "Die US Konsumenten repräsentieren rund 20 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Das Konsumentenvertrauen in den USA liegt aktuell noch auf einem niedrigen Niveau. Die Immobilienpreise hatten sich in den letzten Monaten seitwärts bewegt, könnten aber auch wieder fallen. Der Aktienmarkt ist kurzfristig betrachtet sehr volatil und die Arbeitslosenrate ist weiterhin auf einem hohen Niveau. In den USA ist es weiterhin nicht einfach, einen Job zu finden, obwohl es zuletzt eine geringfügige Entspannung gab. Dies erklärt, dass die US Konsumenten aktuell noch in einer gewissen Depression sind. Auf der anderen Seite sind die Erwartungen zuletzt gestiegen, worin sich der grundsätzliche Optimismus der Amerikaner ausdrückt." Die Sparquote der US Konsumenten war nach einem Anstieg auf 6 Prozent in den letzten Wochen und Monaten wieder auf deutlich unter 4 Prozent gefallen.

Zinsen auf tiefem Niveau

Das Zinsniveau auf den wichtigsten Märkten ist niedrig und wird nach Ansicht von Quentin Fitzsimmons auch weiterhin niedrig bleiben, was ein Problem für Anleiheninvestoren darstellt. Auf einem derart niedrigen Niveau gäbe es kein Potenzial für weitere Rückgänge mehr und die wichtigste Frage für Anleiheninvestoren ist deshalb die Analyse von Szenarien im Falle eines Zinsanstiegs.

Globale Liquidität

Quentin Fitzsimmons: "Wenn man die globalen Liquditätsströme untersucht, wird deutlich, dass die globale Liquidität zuletzt gesunken ist. Dies könnte damit zusammenhängen, dass die Käufe von Hypotheken und Anleihen durch die Federal Reserve gesunken sind und auch die Bank of England keine britischen Staatsanleihen mehr gekauft hatte. Das Quantitative Easing ist somit zurückgegangen."

In den USA und Europa seien nach Einschätzung von Fitzsimmons und Analysen von CrossBorder Capital auch einige der Geldmengenaggregate in der Nähe des nicht-expansiven Bereichs angekommen. Veränderungen der Liquiditätslage auf den Märkten können sehr große Einflüsse auf die Märkte haben. Zum Teil wären auch bereits Anzeichen des ´Deleveraging´ Prozesses zu beobachten. Auf dem aktuellen Zinsniveau gäbe es nach Einschätzung von Fitzsimmons für Zentralbanken auch wenig Möglichkeiten, mit Zinssenkungen einzugreifen. Quentin Fitzsimmons: "Wir können uns auch vorstellen, dass die Federal Reserve wieder mit einem Quantitative Easing Programm beginnen muss, um das Liquiditätsniveau aufrecht zu halten."

Die Gefahr einer Deflation sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Deshalb hat in UK die Bank of England auch bei Inflationsraten von 5 Prozent auf gewisse deflationäre Tendenzen in bestimmten Bereichen der Wirtschaft hingewiesen. Grundsätzlich befindet sich die globale Wirtschaft in einem disinflationären Bereich, der positiv für Anleiheninvestments ist.

Emerging Markets besser erholt

Quentin Fitzsimmons: "Die Schwellenländern hatten sich nach der Rezession des Jahres 2008 deutlich schneller erholt. Die Wirtschaftspolitik war gut abgestimmt und die Schwellenländer hatten den Vorteil, nicht mit Fiskalproblemen und hohen Staatsschulden konfrontiert zu werden. Deswegen hatten sich Fiskalpakete auch positiver ausgewirkt. Eine Ausweitung der Defizite von 2 auf 3 Prozent hat einen größeren Effekt als eine Ausweitung von 11 auf 12 Prozent."

Anleihenmärkte: Flucht in Qualitätstitel

Vor dem Hintergrund der sich ändernden Bedingungen auf den Kapitalmärkten stellt sich die Frage nach der Qualität ganz neu. Auf der einen Seite werden Staatsanleihen immer noch als qualitativ hochwertige Investments betrachtet, auf der anderen Seite waren auch deutliche Veränderung zu beobachten. Unternehmensanleihen wurden teilweise bereits auf den Niveaus von Staatsanleihen gehandelt. In den westlichen Industrieländern müssen zusätzlich zu Budgetzahlen und Schuldenständen auch noch Verpflichtungen aus den sozialen Sicherungssystemen und Garantien berücksichtigt werden.

In den Schwellenländern bestehen diese Verpflichtungen zum Teil nicht in einem vergleichbaren Umfang. Eine richtige Einschätzung der Höhe der risikolosen Verzinsung ist für Anleiheninvestoren heute von besonderer Bedeutung. Nicht zu vergessen sei jedoch, dass der bereits 30 Jahre lang beobachtete Bull-Markt in Anleihen, grundsätzlich noch intakt ist. Auch ein weiteres Absinken des Renditeniveaus für U.S. Staatsanleihen ist denkbar - auch bis auf ein Niveau von 2 Prozent für 10-jährige Anleihen. Wichtig ist jedoch dabei, dass an der Funktionsfähigkeit der Märkte und den Refinanzierungsmöglichkeiten der Staaten nicht gezweifelt wird.

Interessant zu beobachten ist auch, dass die aktuellen Risikoaufschläge auf Unternehmensanleihen mit Investment Grade Rating eine Ausfallsrate zwischen 6,25 Prozent und 8,25 Prozent repräsentieren, während die historischen Daten zumeist zwischen Null und 1 Prozent lagen. Aus dieser Sicht wären die Risikoaufschläge attraktiv. Nicht zu vernachlässigen ist jedoch auch der Umstand, dass die Verbindung zwischen dem Markt für Staatsanleihen und dem Markt für Unternehmensanleihen letztendlich das Bankensystem ist und dieses wiederum nur so stark sei, wie der Staat selbst. Wenn sich die Qualität der Staatsfinanzen stark verschlechtert, hat dies auch bedeutende Auswirkungen auf das Bankensystem und auf den Markt für Unternehmensanleihen.

Aktien: Paradies für Stock Picker

Quentin Fitzsimmons: "Die Werte für KGVs weltweit sind aus unserer Sicht nicht wirklich hoch. Die Gewinnsteigerungen des letzten Jahres können in näherer Zukunft nicht erwartet werden. Die Dividendenrendite einzelner Aktien ist zum Teil sehr attraktiv gegenüber Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen. Unternehmen mit hohen Dividenden könnten in Zukunft auch von höheren Steuern getroffen werden. Dabei kommt es darauf an, wie hungrig die Staaten sind."

Threadneedle erwartet für die USA im Jahr 2010 ein Gewinnwachstum von +38,6 Prozent und eine Dividendenrendite von 2,6 Prozent. In Europa ex UK werden +25 Prozent Gewinnwachstum erwartet. Die Dividendenrendite sollte bei 3,2 Prozent liegen. Für Japan werden Anstiege bei den Gewinnen in der Höhe von +86,1 Prozent bei 2,3 Prozent Dividendenrendite prognostiziert und in Asien liegen die beiden Werte nach Einschätzung von Threadneedle bei +23,1 Prozent und 3,2 Prozent.

Das aktuelle Umfeld bietet aktiven Fondsmanagern vielfältige Möglichkeiten und aufgrund der fallweisen Verwerfungen auf den Märkten ergeben sich auch für Value-Investoren günstige Einstiegsmöglichkeiten. Threadneedle sieht nicht nur bei Unternehmen mit hohen Dividenden Potenzial, sondern vor allem auch bei qualitativ hochwertigen Wachstumsunternehmen aus dem Technologiebereich.

Die Politisierung der Märkte

Für die Marktteilnehmer ist es sehr entscheidend, ob die Aktivitäten der Institutionen eingeschätzt werden können. Wenn die Zentralbank von einem auf den anderen Tag die Meinung ändert, ist es sehr schwierig für aktive Fondsmanager, die Märkte richtig einzuschätzen und das Risiko der Portfolios zu bestimmen.

Vor diesem Hintergrund verfolgt Threadneedle aktuell eine konservative Strategie, um nicht von unvorhersehbaren Ereignissen überrascht zu werden.

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