AIFM RL-E: Verhandlungen können beginnen

Die Europäische Kommission veröffentlichte im April 2009 einen Richtlinienentwurf („RL-E“) über die Verwalter alternativer Investmentfonds („AIFM“). Der aufsehenerregende Entwurf war in der Folge Gegenstand unzähliger Stellungnahmen verschiedenster Interessensvertreter. Funds | 26.05.2010 11:48 Uhr
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Im Mai 2010 haben ECOFIN und ECON ihre diesbezüglichen Positionspapiere beschlossen. Die offiziellen Verhandlungen mit dem EU-Parlament können damit beginnen.

Ziel der Richtlinie

Ziel der Richtlinie ist es einen sicheren und harmonisierten EU-Rahmen für die Beobachtung und Überwachung der Risiken zu schaffen, die AIFM für ihre Anleger, Gegenparteien, andere Finanzmarktteilnehmer und für die Stabilität des Finanzsystems darstellen, und AIFM unter strengen Auflagen die binnenmarktfreie Erbringung von Dienstleistungen und Vermarktung ihrer Fonds an professionelle Anleger zu gestatten. Nur auf nationaler Ebene sollen die Mitgliedstaaten den Vertrieb an Kleinanleger zulassen können und zu diesem Zweck zusätzliche gesetzliche Schutzmaßnahmen treffen.

Vereinfacht ausgedrückt muss jeder Fondsmanager, der für die Verwaltung eines nicht unter die OGAW-Richtlinie fallenden Fonds („AIF“) in der EU zuständig ist, vor Aufnahme der Tätigkeit über eine Zulassung gem. Richtlinie verfügen. Für bereits aktive Manager sind Übergangsbestimmungen vorgesehen. So sollen etwa Wertpapierfirmen, die bereits eine Konzession zur Portfolioverwaltung auf Basis von in nationales Recht umgesetzten MIFID-Bestimmungen haben, nicht dazu verpflichtet werden, eine Zulassung zu beantragen. Im Detail wird noch zu klären sein, wie sich solche Wertpapierfirmen der Richtlinie unterwerfen können um die in ihrem Rahmen eingeräumten Rechte (insb. grenzüberschreitender Vertrieb von AIF) in Anspruch nehmen zu können.

Ansatz der Regulierung: Der Fondsmanager

Der RL-E reguliert nicht unmittelbar den AIF, sondern dessen Manager. Speziellen Anforderungen sollen dabei AIFM unterworfen sein, die bei der Fondsverwaltung auf Hebeleffekte setzen. Der RL-E geht davon aus, dass diese AIFM unter bestimmten Umständen zur Entstehung von Systemrisiken oder zu Marktstörungen beitragen können. Diese AIFM sollten zu Angaben über Umfang und Herkunft der in ihren AIF eingesetzten Fremdmittel verpflichtet werden. Die so von den zuständigen Behörden erfassten Angaben sollten gesammelt und mit anderen Behörden in der EU ausgetauscht werden, damit die Auswirkungen der Hebeleffekte dieser AIF auf das Finanzsystem in der EU leichter gemeinsam analysiert und gemeinsame Maßnahmen getroffen werden können. Den zuständigen Behörden im Sitzstaat des AIFM sollte nach dem RL-E deshalb gestattet werden, den Umfang der Hebelfinanzierung in den Fällen zu begrenzen, in denen die Stabilität und die Integrität des Finanzsystems bedroht sein könnten. Dies solle insbesondere für Fälle gelten, in denen ein AIFM systematisch in großem Maßstab auf Hebeleffekte setzt.

Umfangreicher Pflichtenkatalog

Grundsätzlich unterliegen aber alle AIFM einem umfassenden Pflichtenkatalog. Dazu zählen diverse Wohlverhaltensregeln wie insbesondere das Halten von Mindest-Eigenmitteln, das Verbot der Vorzugsbehandlung von Anlegern, sofern nicht in den Fondsdokumenten explizit anders vorgesehen und die Pflicht zur Implementierung nur solcher Vergütungssysteme für alle Mitarbeiter, die nicht zur Übernahme von Risiken für den AIF ermutigen. Auch  die funktionale Trennung zwischen Risiko- und Portfoliomanagement, die Verpflichtung zur Führung eines angemessenen Liquiditätsmanagements für den AIF und ein umfangreiches Risikomanagement werden vorgeschrieben.

Aus organisatorischer Sicht ist besonders hervorzuheben, dass der AIFM für jeden AIF die unabhängige Bewertung und eine Verwahrstelle sicherstellen muss. Auch in punkto Transparenz sind die Anforderungen umfangreich: Neben einem detaillierten Rechenschaftsbericht (incl. Vergütungsangaben) sind Anleger umfangreich aufzuklären. Bei AIF, die systematisch auf Hebeleffekte setzen, muss regelmäßig die Gesamthöhe der Hebelfinanzierung offengelegt werden. Auch die Informationspflichten gegenüber den zuständigen Behörden sind vielfältig (Hebelfinanzierung, Leerverkäufe, Liquidität, etc). Bei Verstößen gegen die Richtlinie werden gegen die verantwortlichen Personen Verwaltungsmaßnahmen ergriffen.

Kompromisspapiere von ECOFIN und ECON

Für den weiteren Entstehungsprozess der Richtlinie sind die Kompromisspapiere des ECOFIN auf Grundlage des spanischen Kompromissvorschlags vom 10.3.2010 und des ECON vom  23.11.2009 von besonderer Bedeutung. Beide Papiere wurden im Mai 2010 offiziell verabschiedet, differenzieren jedoch in einigen Punkten. Unklar ist etwa, wie mit der De-minimis-Freistellung für die Verwalter kleiner Anlagebestände umgegangen werden soll. Während das ECOFIN Papier eine Ermächtigung für die Mitgliedstaaten vorsieht, AIFM, die weniger als € 100 Mio (mit Hebeleffekten) bzw. € 500 Mio (ohne Hebeleffekte) verwalten, vom Geltungsbereich der Richtlinie auszunehmen, lehnt der ECON eine solche Ausnahmeregelung ab. Bezüglich Leerverkäufe sieht der ECOFIN-Entwurf vor, dass die zuständigen Behörden im Sitzstaat des AIFM Zugriff auf Informationen zu Leerverkäufen haben sollen, um festzustellen, inwieweit diese zur Entstehung von Systemrisiken im Finanzsystem oder zu Marktstörungen beitragen. Das ECON-Papier bezeichnet Leerverkäufe für das Funktionieren der Finanzmärkte als von zentraler Bedeutung und dass diese eine legitime Investmenttechnik darstellen; nur unter extremen Marktbedingungen könnten sie zur Instabilität des Marktes beitragen, sollten aber deswegen in einem harmonisierten Rechtsrahmen ablaufen. Auch bei der Begrenzung der Hebelfinanzierung nimmt ECON mehr Rücksicht auf die Branche, denn die Begrenzung durch die Kommission solle nur unter außergewöhnlichen Umständen zulässig sein und auch die Haltung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken berücksichtigen. Kritisch steht der ECON zum Vertrieb von Dachfonds an Kleinanleger: Investiert der Dachfonds zu mehr als 30 % in andere Fonds, die nicht über einen europäischen Pass verfügen, soll der Vertrieb an Kleinanleger unzulässig sein. Von Anfang an eine der Kernfragen ist der Umgang mit AIFM aus Drittstaaten. Der spanische Vorschlag sieht vor, dass die Richtlinie auch für diese Manager gelten solle, wenn sie AIF in der EU vertreiben, denn die Wahlmöglichkeit der europäischen Anleger solle nicht eingeschränkt werden. Der Vertrieb soll zulässig sein, wenn die AIF mindestens ähnlichen Vorschriften unterworfen werden, wie sie für EU-AIF in Bezug auf Informationspflichten gegenüber Anlegern gelten. Um den Systemrisiken zu begegnen sollten die AIFM jedoch auch Informationspflichten gegenüber den zuständigen Behörden unterworfen werden, in denen der AIF vertrieben wird. ECON ist liberaler: Drittstaaten-Managern soll bei freiwilliger Unterwerfung unter die Richtlinie Zugang zum Europäischen Markt gestattet werden. Die Beaufsichtigung des Managers solle durch die Aufsicht des Drittstaates erfolgen und für die Berechtigung zum grenzüberschreitenden Vertrieb solle die Registrierung in einem einzigen Mitgliedstaat bereits ausreichend sein.

Vertrieb an professionelle Anleger

Die Kombination aus EU-AIFM und EU-AIF kann bezüglich der sich daraus ergebenden Rechte für Vertrieb und Verwaltung wohl die beste Ausgangsposition für sich beanspruchen. Ist also ein EU-Verwalter erfolgreich nach der Richtlinie zugelassen und verwaltet er Fonds mit Sitz in einem Mitgliedstaat, so darf er diese nach speziellem Meldeverfahren an seine Heimataufsicht grenzüberschreitend an professionelle Anleger vertreiben. Fraglich ist, welche praktischen Auswirkungen die AIFM-RL im Vergleich zu den bzw. auf die derzeit geltenden nationalen Regelungen über den nicht öffentlichen Vertrieb (Private Placement) haben wird und welcher Vertriebserfolg mit dem Recht auf Vertrieb an „professionelle Kunden“ verbunden sein wird. Offen ist, bis zu welchem Ausmaß Marketingaktivitäten gesetzt werden dürfen,  ohne dass dadurch bereits ein (unzulässiger) „Vertrieb an Kleinanleger“ vorliegt. Mit Sicherheit wird sich eine neue Marke etablieren: So wie OGAW über ein OGAW-Siegel verfügen, werden auch in der EU ansässige AIF ein solches europäisches Siegel erhalten, mit dem Anleger die Standards gemäß Richtlinie garantiert werden.

Da im RL-E lediglich die Grundsätze festgelegt werden, die erforderlich sind, um in der EU gleich hohe Transparenz und Aufsichtsstandards für AIFM zu gewährleisten, müssen die Details im Ausschussverfahren festgelegt werden. Doch das Ziel für die Verabschiedung der Richtlinie ist (noch) ein ehrgeiziges: Juli 2010.


Notiz zum Autor

Rolf Majcen ist Geschäftsführer bei FTC Capital GmbH (www.ftc.at). FTC ist auf die Entwicklung computergesteuerter, vollautomatischer Handelssysteme spezialisiert (Trendfolgesysteme, die auf den systematischen Handel von Aktienfonds und ETFs ausgelegt sind, diverse systematische Futures-Strategien). Seit April 2009 setzt FTC im Fonds eines Drittanbieters ein neu entwickeltes Modell für die systematische Steuerung der Asset-Allocation ein, das aus einem Universum liquider Einzelinstrumente (vorrangig ETFs) ein dynamisches Anlageportfolio konstruiert.


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