BLOG - Eine qualitative ETF-Analyse ist Pflicht

Viele Anleger glauben, dass sich börsennotierte Indexfonds einfach analysieren und vergleichen lassen. Denn schließlich handele es sich grundsätzlich um gleichartige Produkte. Bei genauerem Hinsehen stellt man jedoch fest, dass sich fast alle ETFs voneinander unterscheiden. Funds | 03.05.2010 11:00 Uhr
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Aus diesem Grund sollten Investoren neben einer quantitativen Analyse messbarer Größen auch immer eine qualitative Analyse der von ihnen präferierten Fonds durchführen. Nur so können sie sicherstellen, dass sie über die Funktionsweisen und möglichen Risiken der gewählten Produkte genau Bescheid wissen.

Ein erster Schritt in dieser qualitativen Analyse ist das Studium der Verkaufsprospekte. Dort finden die Investoren alle wichtigen Informationen rund um die entsprechenden Fonds, beispielsweise zu den Anlagezielen und der Anlagepolitiken. Weitere Informationen zu den Strukturen von ETFs finden sich in den Jahres- und Halbjahresberichten. Darin müssen die Fondsgesellschaften anhand offizieller Vorschriften alle Bestandteile der Portfolios zu den jeweiligen Bewertungsstichtagen ausweisen, ebenso alle während der Berichtszeiträume getätigten Transaktionen. Somit finden sich in diesen Berichten auch alle Informationen darüber, ob und in welcher Form Fonds Derivate eingesetzt haben.

Ein weiteres Hilfsmittel zur Beurteilung von ETFs sind die sogenannten Factsheets. Auf diesen Übersichten lassen sich grundsätzlich viele Informationen zu den jeweiligen Fonds finden. Allerdings unterliegen Factsheets keinen offiziellen Vorschriften. Daher bieten sie sehr unterschiedliche Informationsgehalte und können nicht als Ersatz für das Studium der oftmals sehr umfangreichen Verkaufsprospekte und Jahresberichte verwendet werden.

Auch wenn der Einsatz von Derivaten bei Swap-basierten ETFs klar ist, lohnt sich eine weiter führende Analyse. Denn die Fondsgesellschaften handhaben die Absicherungsgeschäfte in diesen Produkten mitunter ganz unterschiedlich: Einige Anbieter sichern die Swaps in ihren ETFs zu 100 Prozent ab, andere übersichern sogar - die hinterlegten Sicherheiten übersteigen also die besicherten Vermögenswerte. Hinzu kommt, dass die einzelnen Anbietern jeweils unterschiedliche Vermögensgegenstände - zum Beispiel Cash, Gold oder Staatsanleihen - zur Besicherung der Derivate verwenden. Einige Gesellschaften verzichten ganz darauf, verwendete Derivate abzusichern. Und wieder andere Anbieter verteilen die Swap-Anteile auf mehrere Emittenten, um so die Ausfallrisiken zu streuen.

Um diese komplexen und mitunter ganz unterschiedlichen Strukturen aufzudecken, müssen Investoren eine sehr intensive Recherche durchführen. Dabei sollten sie auch nicht davor zurückschrecken, die Anbieter direkt zu kontaktieren und ihnen Ihre Fragen zu stellen. Das Gleiche gilt für das Thema der Wertpapierleihe. Dabei geht es um die Frage, inwieweit Fondsgesellschaften Teile ihrer Portfoliobestände vorübergehend an andere Marktteilnehmer ausleihen, um über Leihgebühren Zusatzerträge zu generieren.

In den kommenden Monaten und Jahren wird die Produktvielfalt am ETF-Markt weiter zunehmen. Daher wird der Analyseaufwand für die Investoren vermutlich eher steigen als fallen. Dieser Mehraufwand wird wahrscheinlich nicht durch die zunehmende Anzahl der Produkte bei den einzelnen Anbietern zustande kommen, sondern aufgrund der Zunahme der Anbieter und der daraus resultierenden Zunahme unterschiedlicher Praktiken im Umgang mit Derivaten. Dies könnte dazu führen, dass die Investoren bei ihren Anlageentscheidungen nur noch auf ETFs aus einer ihnen bekannten Produktpalette zurückgreifen werden. Dadurch könnte es für neue Anbieter wiederum schwer werden, größere Anlagevolumen zu generieren - eine weitere Konzentration in der Branche dürfte die Folge sein.

 


Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Thomson Reuters.

 


Über den Autor Detlef Glow, MBA (UoW):
 
Detlef Glow begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters - Lipper. Seit Anfang 2007 ist er dort Leiter der Fondsanalyse für Zentral-, Nord- und Osteuropa. Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanger für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.

 


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