KESt-Rückerstattungen an Corporate Funds

Mag. Thomas Strobach, Steuerberater und seit Juli 2008 Partner bei PwC PricewaterhouseCoopers, fasst in einem Gastkommentar exklusiv für e-fundresearch die neuen Entwicklungen bei Kapitalertragsteuerrückerstattungen an ausländische Investmentgesellschaften („Corporate Funds“) zusammen. Funds | 13.08.2009 04:59 Uhr
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Kapitalertragsteuerrückerstattungen an ausländische Investmentgesellschaften („Corporate Funds“) - Neue Entwicklungen Der EuGH bestätigt in der Rechtsache „Aberdeen“ (EuGH 18.06.2009) die bereits bisher zur Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit herausgearbeiteten Grundsätze und dehnt deren Anwendungsbereich erstmals konkret auch auf ausländische Investmentfonds mit eigener Rechtspersönlichkeit („Corporate Funds“ wie luxemburgische SICAVs) aus. „Corporate Funds“ mit Sitz im EU- bzw. EWR-Raum ist demnach die österreichische Kapitalertragsteuer zu erstatten, sofern diese nicht in der Lage sind die österreichischen Quellensteuern in ihrem Ansässigkeitsstaat anzurechnen oder anderweitig zu verwerten. Hintergrund

Österreichische Investmentfonds können gemäß den Bestimmungen des Investmentfondsgesetzes (InvFG) ausschließlich als Miteigentumsgemeinschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit errichtet werden. Ausländische Investmentfonds hingegen können nach ausländischem Recht auch nach dem „Gesellschaftsmodell“, d.h. als eigenständige juristische Person vergleichbar einer österreichischen GmbH oder AG, errichtet werden (z.B. luxemburgische und belgische SICAVs bzw. britische OICs oder ICVCs).

Nach Ansicht der österreichischen Finanzverwaltung waren diese „Corporate Funds“ bisher nichtsdestotrotz wie österreichische Investmentfonds als steuerlich transparente Vehikel zu sehen.

Einerseits sollte ein „Corporate Fund“ daher selbst keine Vorteile aus Doppelbesteuerungsabkommen - wie etwa einen niedrigeren Quellensteuersatz - in Anspruch nehmen können, da er als transparentes Vehikel nicht selbst, sondern seine Anteilsinhaber als abkommensberechtigt angesehen wurden. Insofern geht auch die Randziffer 54 der Investmentfondrichtlinien 2008 bei einer Kapitalertragsteuerrückerstattung an einen „Corporate Fund“ grundsätzlich von einer „gebündelten“ Rückerstattung an die Anteilsinhaber des ausländischen Investmentfonds aus und verlangt daher eine Glaubhaftmachung jener abkommensberechtigten Anteilsinhaber.

Andererseits sollte es einem „Corporate Fund“ mit Sitz im EU- bzw. EWR-Raum auch nicht möglich sein, eine etwaige in Österreich einbehaltene Kapitalertragsteuer auf Grundlage der Kapitalverkehrs- bzw. Niederlassungsfreiheit  zurückzufordern, um so europarechtskonform in den Genuss derselben Beteiligungsertragsbefreiung zu kommen wie vergleichbare österreichische Kapitalgesellschaften. Die österreichischen Finanzbehörden vertraten die Ansicht, dass nicht der „Corporate Fund“ selbst mit der österreichischen Kapitalertragsteuer belastet wird, sondern dessen Anteilsinhaber, sodass wenn überhaupt nur diese europarechtliche Erstattungsansprüche geltend machen könnten (siehe EAS 3012).

Kapitalertragsteuerrückerstattungen an intransparente Investmentfonds („Corporate Funds“)

Seitens PricewaterhouseCoopers (PwC) wurde die Anwendung des „Transparenzprinzips“ durch die österreichische Finanzverwaltung seit jeher mit dem Argument verneint, dass österreichische Kapitalgesellschaften und ausländische „Corporate Funds“ grundsätzlich vergleichbar sind und daher auch gleich behandelt werden müssen, weshalb „Corporate Funds“ letztendlich als steuerlich intransparent zu werten sind.

Diese Argumente wurden nunmehr durch den EuGH in der Rechtsache „Aberdeen“ (EuGH 18.06.2009, C-303/07) bestätigt bzw. wurde damit der Argumentation der österreichischen Finanzverwaltung für die grundsätzliche Abweisung von Anträgen auf Rückerstattung der österreichischen Kapitalertragsteuer an ausländische Investmentfonds umfassend widersprochen.

Rechtlich ist es daher nunmehr wohl unstrittig, dass „Corporate Funds“, die im EU- bzw. EWR-Raum ansässig sind, unter Berufung auf diese EuGH-Rechtsprechung die österreichische Kapitalertragsteuer zu erstatten ist, sofern diese nicht in der Lage sind, diese in ihrem Ansässigkeitsstaat steuerlich zu verwerten.

Auf Grund des Urteils erscheint zudem eine nur teilweise Rückerstattung, nämlich nur für abkommensberechtigte Anteilsinhaber eines „Corporate Funds“ mit Sitz im EU- bzw. EWR-Raum (Rz 54 der Investmentfondsrichtlinien 2008), unzulässig, solange nicht eine entsprechende europäische Grundlage beschlossen wird (z.B. im Rahmen der OECD Initiative Group).

Im Hinblick auf die drohende Verjährung von bestehenden Ansprüchen ist daher allen „Corporate Funds“ mit Sitz im EU- bzw. EWR-Raum zu raten, die Vergangenheit auf Potential für wirtschaftlich sinnvolle Kapitalertragsteuerrückerstattungsanträge zu überprüfen.

Kapitalertragsteuerrückerstattungen an transparente Investmentfonds

Das Urteil enthält darüber hinaus mit Blick in die Zukunft auch Argumente, die Quellensteuerrückerstattungen an transparente Investmentfonds (z.B. luxemburgische FCPs oder holländische FGRs) unterstützen. Betrachtet man Investmentfonds mit eigener Rechtspersönlichkeit („Corporate Funds“) und transparente Investmentfonds, so bestehen vor allem aus Anlegersicht praktisch keine Unterschiede. Insofern könnte transparenten Investmentfonds zumindest für Zwecke der Quellensteuerrückerstattung zukünftig der Status eines „Quasi-Corporate Funds“ zuzugestehen sein. Allfälliges Rückerstattungspotential sollte daher auch für diese Investmentfonds überprüft werden.

Weiters könnte das EuGH-Urteil in der Rechtsache „Aberdeen“ auch als guter Grund gesehen werden, das österreichische Investmentfonds-, Gesellschafts- und Steuerrecht zu novellieren, um auch in Österreich „Corporate Funds“ vorzusehen.


Zum Autor

Mag. Thomas Strobach ist Steuerberater und seit Juli 2008 Partner bei PwC PricewaterhouseCoopers.

Thomas Strobach hat das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien abgeschlossen und verfügt mittlerweile über mehr als 14 Jahre Erfahrung im Bereich Financial Services und Banken. Seine Spezialgebiete umfassen die steuerliche und aufsichtsrechtliche Beratung von Banken und Investmentfonds, die steuerliche Due Diligence Prüfungen von Banken, das steuerliche Risikomanagement von Banken, die steuerliche Behandlung von Abzugsteuern sowie die steuerliche Beratung und Strukturierung von internationalen Unternehmensgruppen. Weiters ist Thomas Strobach Vortragender auf Seminaren zu diversen steuerrechtlichen und aufsichtsrechtlichen Themen im Bereich Financial Services.


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