Stefan Keitel zur allgemeinen Marktsituation: "Die Konjunkturprogramme der Regierungen und die Maßnahmen der Zentralbanken - das Fluten der Märkte mit Liquidität - ist positiv. Es könnte klappen. Gleichzeitig entstehen jedoch neue Ungleichgewichte, die sich zu einem späteren Zeitpunkt wieder negativ auswirken können."
Die Analysten der Credit Suisse sehen zwei grundsätzliche Szenarien: (1) Rezession oder (2) Depression, wobei das Hauptszenario jenes der Rezession ist.
Szenario 1: Rezession
Als Ursachen für eine Rezession werden von Credit Suisse folgende Faktoren genannt: Stimmungsindikatoren sind deutlich negativ und die Nachfrage ist deutlich rückläufig, Kreditausfälle bei Konsumenten und Insolvenzen von Unternehmen, weiterhin negative Preisentwicklungen bei Immobilien in den USA und dadurch negative Vermögenseffekte bei den Haushalten, schlechtere Kreditkonditionen aufgrund der Finanzkrise, geringes Vertrauen der Banken untereinander und auch wenig Effekt der Zinssenkungen in Europa.
Die Folgen dieser Entwicklung auf die Realwirtschaft können wie folgt zusammengefaßt werden: Schrumpfung der Volkswirtschaften inkl. Abschwächung in den Emerging Markets, weltweiter Konsumrückgang, steigende Arbeitslosigkeit, etc.
Stefan Keitel: "Kurzfristig sehen wir ein Deflationsrisiko und mittelfristig ein Inflationsrisiko." Die Dauer des Rezessions-Szenarios wird auf 1-2 Jahre geschätzt.
Szenario 2: Depression
Zum Unterschied vom oben dargestellten Szenario der Rezession gleitet in der Depression die Realwirtschaft in eine dauerhafte BIP-Abschwächung ab.
Ursachen für eine Depression könnten u. a. auch folgende sein: Zusammenbruch von Banken und Versicherungen, Vertrauensverlust der Bürger in das Finanzsystem, Insolvenzen ganzer Sektoren, stark steigende Staatsverschuldung und weitere Staatsbankrotte (nach Island, Rumänien, Ungarn, ....).
Eine Depression könnte sich wie folgt auswirken: deutliche Schrumpfung des BIP, Rekordarbeitslosigkeit, starke Deflation, danach Hyperinflation und evt. sogar soziale Unruhen.
Aktuelle Wachstumsprognosen
Stefan Keitel: "Wir erwarten für 2009 ein reales Wachstum in den USA von -2,10 Prozent nach +1,10 Prozent im Vorjahr. Im Jahr 2010 sollte dann wieder ein reales Wachstum von +1,90 Prozent möglich sein. In der Eurozone gehen wir nach +0,70 Prozent realem Wachstum im letzten Jahr von einer stärkeren Abschwächung im laufenden Jahr um -2,40 Prozent und im kommenden Jahr dann wieder von einem realen Wachstum von +1 Prozent aus. In diesem Jahr werden UK mit -3,40 Prozent und Japan mit -4,50 Prozent realer Wirtschaftsentwicklung die Schlußlichter bilden. In den Emerging Markets erwarten wir jedoch sowohl im laufenden Jahr (+2,20 Prozent) als auch im kommenden Jahr (+4,80 Prozent) positive, reale Wachstumsraten.
Aktien in schwierigem Marktumfeld
Grundsätzlich sehen die Analysten der Credit Suisse das Umfeld für Aktien sehr schwierig. Einerseits hatten diverse Stimulierungspakte und Liquiditätsspritzen der Zentralbanken kurzfristigen Optimismus bei Anlegern erzeugt, jedoch auch große Ungleichgewichte auf den Märkten geschaffen. Der Anstieg der Staatsverschuldungen ist ein Problem für die Bewertung von Staatsanleihen - vor allem wenn die Risikoprämien am langen Laufzeitensegment steigen sollten. Das reale Wachstum wird 2009 und 2010 nur verhalten sein. Gewinnprognosen können weiterhin enttäuschen und auch günstige Bewertungen können aktuell keine große Unterstützung bieten. Solange der "Deleveraging-Prozess" und die Reparatur der Bankbilanzen anhält, kann der Markt keinen soliden Boden finden.
Asset Allocation eines globalen, gemischten Mandates
Stefan Keitel: "Ein global ausgewogenes, gemischtes Portfolio könnte im aktuellen Marktumfeld folgende Struktur haben":
- 35 Prozent Renten (Tendenz fallend)
- 35 Prozent Aktien (Tendenz steigend)
- 15 Prozent Cash
- 10 Prozent Gold
- 5 Prozent Rohstoffe
Auf Staatsanleihen könnte sich in den nächsten Monaten verstärkter Druck entwickeln und nach Ansicht der Analysten der Credit Suisse besteht das Risiko höherer Renditen für längere Laufzeiten. Der Fokus bleibt auf Anleihen mit guter Bonität. Weiter sinkende Renditen sollten zum Verkauf (in die Stärke hinein) genutzt werden bzw. sollte die Duration verkürzt werden. Unternehmensanleihen und Wandelanleihen werden attraktiver. High Yield Anleihen sind nach Einschätzung von Stefan Keitel derzeit zu riskant.
Auf der Aktienseite erwartet Keitel in den nächsten Monaten typische Bärenmarktrallies, in denen man stärkere Marktphasen auch zum Verkauf nutzen sollte, um jedoch bei darauffolgenden Schwächephasen diese Positionen wieder aufzubauen. In Bezug auf Regionen wird Asien ex-Japan, Schweiz, UK, USA und erst danach Euroland als attraktiv bewertet. Defensive Sektoren sind noch im Fokus. Wachstumstitel werden jedoch bereits beigemischt.
Gold ist nach Einschätzung von Keitel ein sehr wichtiger Portfoliobestandteil geworden - nicht nur im Zusammenhang mit dem Inflationsthema, sondern auch grundsätzlich als Hedge gegen eine Vertrauenskrise bzw. gegen stärkere Skepsis gegenüber Papiergeldwährungen.
Für Rohstoffe sprechen vor allem die Auswirkungen der Konjunkturpakte auf Investitionen in Infrastruktur. Diese Maßnahmen könnten eine Katalysatorfunktion übernehmen.
Offene Immobilienfonds bleiben eine stabile Porfolio-Komponente - jedoch mit fallenden, erwarteten Renditen.