Schwellenländer sind Kreditgeber

Die globale Finanzkrise trifft nahezu alle Länder. Hohe Währungsreserven schützen jedoch Schwellenländer - aktuell die wichtigsten Gläubiger der Welt. Staatsanleihen in Schwellenländern sind solide, jene von Unternehmen jedoch riskant, erklärt Richard House, Threadneedle Fondsmanager für Emerging Market Bonds. Funds | 10.03.2009 05:00 Uhr
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Welche Länder sind wirklich Schwellenländer?

Die turbulenten Marktbewegungen der letzten Jahre haben bereits so manche Relation auf den Kopf gestellt. Spreads von Unternehmensanleihen sind auf historischen Höchstständen, Aktienbewertungen auf Tiefstständen und auch die Definition eines Schwellenlandes ist nicht mehr so einfach wie früher. Wenn ein sogenanntes Schwellenland ein großer Kreditgeber für ein Industrieland ist und der Spread der Staatsanleihen des Industrielandes mehrere Hundert Basispunkte über US Treasuries oder deutscher Bundesanleihen liegt, dann ist es nicht mehr ganz so einfach zwischen einem Schwellenland und einem Industrieland zu unterscheiden.

Schwellenländer wurden auch dadurch charakterisiert, dass sich diese Länder auf dem Weg hin zur Entwicklung eines Industrielandes befanden, wobei der Industrialisierungsgrad, das Wachstum der Exportwirtschaft u. a., bedeutende Kriterien waren. Daraus hatte sich dann auch der Begriff „Newly Industrialized Countries“ – NIC bzw. „Newly Industrialized Economies – NIE gebildet. Die Weltbank definiert auf Basis des BIP/Kopf und anderer sozioökonomischer Kriterien Listen von Schwellenländern, die auch von Rating-Agenturen und Indexanbietern zur Gestaltung des Universums der Schwellenländer verwendet werden.

Währungsreserven in Schwellenländern sind noch hoch

Im Jahr 2002 lagen die Währungsreserven der Schwellenländer bei 1.000 Mrd. US Dollar und damit ungefähr auf dem Niveau der Staatsanleihen in Fremdwährung (external debt). Seit 2002 haben sich die Währungsreserven rasant entwickelt und erreichten im Jahr 2008 nach Schätzungen rund 4.000 Mrd. US Dollar – während das Volumen der ausstehenden Staatsanleihen gleich blieb. Dies hat dazu geführt, dass die Bonität der Schwellenländer Staatsanleihen weiterhin sehr gut ist.

Richard House, Fondsmanager des Threadneedle Emerging Market Bond Fund: „Die Kursbewegungen in der aktuellen Krise verlaufen ähnlich der Mexiko-Krise im Jahr 1994 oder der Russland-Krise im Jahr 1998, wo die Gefahr von Ausfällen deutlich höher war als heute. Nur rund 2 Prozent des gesamten Universums der Schwellenländer Staatsanleihen ist mit Problemen behaftet, die zu Ausfällen führen könnten. Beispielsweise verfügt Russland über rund 400 Mrd. US Dollar an Währungsreserven und hat nur 40 Mrd. US Dollar Fremdwährungsschulden. Russland ist aktuell mit 13 Prozent im Index gewichtet. Aber auch in Brasilien liegen die Reserven bei 205 Mrd. US Dollar und die externen Staatsschulden bei nur 75 Mrd. US Dollar. Das ist deswegen wichtig, weil Brasilien mit 15 Prozent das wichtigste Land im Emerging Markets Bond Index ist. Die Ukraine ist im Vergleich dazu nur mit einem Prozent im Index gewichtet und somit von absolut untergeordneter Bedeutung.“

Fehlbewertung des Ausfallsrisikos auf den Märkten

Ähnlich der Situation auf den Märkten für Unternehmensanleihen, sprechen auch Emerging Market Bond Fondsmanager von einer deutlichen Fehlbewertung des Marktes und einer großen Chance für Anleger. Richard House: „Wir sind der Ansicht, dass die aktuellen Bewertungen das Risiko auf den Schwellenländer Anleihenmärkten nicht richtig reflektieren und dies eine deutliche Fehlbewertung darstellt. Ein Spread von 700 Basispunkten über US Treasuries ist zu hoch. Wir gehen nicht davon aus, dass sich die Fundamentaldaten so stark ändern werden, dass diese Bewertung gerechtfertigt wäre.“

Achtung bei Schwellenländer Unternehmensanleihen

Der Fokus des Threadneedle Emerging Market Bond Fund liegt eindeutig auf dem Segment der Staatsanleihen. Richard House: „Wichtig ist für uns die hohe Liquidität und die tägliche Handelbarkeit der Anleihen. Wir nutzen keinen Leverage und gehen keine Short-Positionen ein. Wir investieren nur in Unternehmensanleihen jener Unternehmen, die als quasi Staatsbetriebe die volle Unterstützung des jeweiligen Staates haben. Diese sind zumeist in Schlüsselindustrien aktiv. Ansonsten meiden wir Unternehmensanleihen.“

Die aktuelle Finanzkrise hat die Liquidität der Unternehmensanleihen deutliche reduziert. Für die klassischen Blue Chip Emissionen gibt es auch jetzt Liqudität, wenn jedoch laufend Market Maker das Handtuch werfen und keine Kurse mehr stellen, wird dies bei vielen Unternehmensanleihen zu noch größeren Fehlbewertungen führen. Die Situation ist insofern dramatisch, weil das Volumen der Unternehmensanleihen in den Schwellenländern seit 2002 extrem stark angestiegen ist, während das Volumen von Staatsanleihen leicht gesunken ist.

Vorsicht auch bei Anleihen in Lokalwährung

Investments in Lokalwährungen bergen auch das Risiko in sich, dass einzelne Schwellenländer aus innenpolitischen Gründen die Verschuldung extrem ausweiten und damit auch die Währung schwächen. Richard House: „Wir investieren max. 30 Prozent in Lokalwährungen und max. 30 Prozent in Cash.“ Erträge aufgrund attraktiver Zinsniveaus in Lokalwährungen können durch Verluste auf der Währungsseite reduziert werden, weshalb eine umfangreiche Diversifizierung über verschiedene Währungen bzw. eine Absicherung des Währungsrisikos wichtig ist. Hedging ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn aufgrund von Fehlbewertungen auf den Märkten Gewinne erzielt werden können, da langfristig höhere Zinsen durch entsprechende Währungsverluste ausgeglichen werden.

Lateinamerika und Investment Grade übergewichtet

Aktuell ist der Fonds zu 48,6 Prozent in Lateinamerika, 17,9 Prozent in Asien und mit 33,5 Prozent in der EMEA Region investiert. Hinsichtlich der Ratings ist das Gewicht auf Investment Grade Staatsanleihen (59 Prozent vs. 34 Prozent BB-Anleihen).

Hinsichtlich der Ländergewichtungen gibt es aktuell eine Übergewichtung in Brasilien, Russland und Venezuela, die alle Netto-Gläubiger sind. Der Fonds ist derzeit in Ländern untergewichtet, die einen größeren Finanzierungsbedarf haben, wie beispielsweise Ecuador und Ukraine oder die niedrige Spreads gegenüber US Staatsanleihen aufweisen, wie u. a. China, Malaysia und Polen. Investments in Polen und Ungarn sind währungsgesichert und in einzelnen Ländern wurden auch Positionen in Lokalwährungen aufgebaut (Brasilien, Indonesien, Kolumbien und Mexiko). Die Top-3 Positionen im Fonds sind derzeit Mexiko (13,6 Prozent), Russland (13,2 Prozent) und Brasilien (11,6 Prozent).

Top-Performance

Der Threadneedle Emerging Market Bond Fund konnte sich innerhalb der Peer Group der in Österreich, Deutschland und der Schweiz zum Vertrieb zugelassenen Schwellenländer Anleihenfonds in der Spitzengruppe positionieren (Platz 2 über 5 Jahre) und in den letzten 5 Jahren trotz Finanz- und Wirtschaftskrise eine Performance von 5,87 Prozent p. a. erreichen und innerhalb der Gruppe von insgesamt 120 Fonds die zweitbeste Sharpe Ratio erzielen (jeweils Stichtag 27. 2. 2009). Auch in den ersten beiden Monaten des Jahres 2009 gelang ein sehr guter Start mit +10,7 Prozent. Das Fondsvolumen betrug Anfang Februar noch 290 Mio. US Dollar und konnte aufgrund substanzieller Mittelzuflüsse per Ende Februar auf 380 Mio. US Dollar gesteigert werden. Die Benchmark des Fonds ist der JPM EMBI Global Index.


Tipp: Eine Übersicht über die Top-10 Emerging Markets Bond Funds finden sie im Artikel vom 9. 3. 2009!


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