Der Boden ist noch nicht gefunden

Der Capital Invest Austria Stock ist auf gutem Weg den ATX Prime Index heuer bereits zum 17. Mal in Folge zu schlagen. Fondsmanager Friedrich Erhart hat die starken Kursverluste in Wien bereits seit längerem erwartet und schlußendlich Recht bekommen. Wie es weitergeht und welche Auswirkungen die BAWAG-Affäre hat. Funds | 20.06.2006 07:18 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der Capital Invest Austria Stock ist langfristig der einzige Österreich-Aktienfonds der den ATX Prime Index Jahr für Jahr schlägt. Verwaltet wird der Fonds seit 1992 vom gelernten Maschinenbau-Ingenieur Friedrich Erhart. Seit Auflage des Fonds im Jahr 1990 hat der rund 400 Millionen Euro schwere Fonds seine Benchmark, den ATX Prime in jedem Kalenderjahr geschlagen. Und auch heuer ist Erhart auf dem besten Weg den Index wieder zu schlagen: Während der ATX Prime Index seit Jahresbeginn 4,8 Prozent verloren hat, liegt der Fonds mit einem Minus von 0,8 Prozent um 4,2 Prozent vor dem Index.

e-fundresearch sprach mit dem Quereinsteiger über den weiteren Ausblick der Wiener Börse:

„Ich bin ein vorsichtiger Mensch“

e-fundresearch: Ihr Fonds hebt sich von den Mitbewerbern u.a. durch das weitaus geringere Risikoprofil ab. Auf Sicht der letzten fünf Jahre weist der Capital Invest Austria Stock etwa im Vergleich zum ATX Prime oder zum Durchschnitt aller Österreich-Aktienfonds mit einer Volatilität von 11,5 Prozent p.a. ein unterdurchschnittliches Schwankungsrisiko auf. Wie würden Sie Ihren Fonds selbst beschreiben?

Friedrich Erhart: Es stimmt, dass wir eher ein Österreich-Value-Aktienfonds sind, da ich allein schon von meiner Mentalität her ein eher vorsichtiger Mensch bin. Ich klebe nicht am Index aber wäge das Chancen/Risiko-Verhältnis ganz genau ab und lasse nach oben lieber schon einmal ein paar Prozent liegen, wenn mir das Risiko bzw. die Bewertung zu hoch erscheint.

Ein gutes Beispiel war das heurige Jahr: Schon Ende 2005 habe ich mit einer Korrektur gerechnet und in den letzten Monaten des Vorjahres den Investitionsgrad dementsprechend gesenkt. Dieser bewegt sich – unter Berücksichtigung des Einsatzes von Index-Futures – in einer Bandbreite zwischen 90 und 110 Prozent. Und bis kurz vor dem Mini-Crash Mitte Mai habe ich eine maximale Cash-Quote von zehn Prozent gehalten was mir im Abwärtstrend dementsprechend geholfen hat. Seit Jahresbeginn liegt der Fonds deswegen wieder deutlich vor der Benchmark.

Alpha durch Stockpicking, Charttechnik & Investmentsory

e-fundresearch: Ihr Fonds hat den ATX Prime Index in jedem der letzten 16 Kalenderjahre geschlagen. Was ist Ihr Erfolgsrezept und wie schaffen Sie es langfristig und konsistent Alpha zu generieren?

Friedrich Erhart: Den größten Einfluss hat sicher das Stockpicking, vor allem in mittleren und kleineren Werten, also den Aktien aus der zweiten Reihe – obwohl mit einer derzeitigen Fondsgröße von mehr als 400 Millionen Euro der Schwerpunkt der Investments natürlich die großen Indextitel darstellen. Im Hoch vor einem Monat waren wir sogar schon bei einer halben Milliarde Euro Fondsvolumen.

Dazu kommt dann noch der taktische Einsatz von charttechnischen Signalen. Ich habe einfach ein besseres Gefühl wenn ich vor einem Trade noch einmal auf den Chart schaue um das Timing zu optimieren. chlussendlich regiert an der Börse zu 80 Prozent die Psychologie in Form von Gier und Angst. Ich versuche Marktübertreibungen zu nützen um innerhalb eines längerfristigen Trends auch einmal anti-zyklisch vorzugehen. Denn während der langfristige Gewinntrend von A nach B läuft, oszilliert die Börse zwischenzeitig um diese gedachte Linie. Eine rein fundamentale Sicht auf die Dinge ist deswegen nicht immer zielführend.

Als dritter Punkt braucht ein Investment eine gute Story. Beispiele dafür sind u.a. Übernahme-Phantasien, Produktinnvationen oder Managementwechsel.

„Hot Money“ wandert weiter

e-fundresearch: Seit wenigen Wochen zeigen die Kurse heimischer Aktien deutlich nach unten. Im Zeitraum 10.5.-15.6.2006 um mehr als 20 Prozent. Sie selbst bezeichnen das als einen Mini-Crash. Was sind eigentlich die Gründe für diese Entwicklung? Fundamental hat sich an den Unternehmen doch gar nichts geändert?

Friedrich Erhart: Hauptverantwortlich für die Verluste sind sicherlich die starken Mittelabflüsse ausländischer Investoren, vor allem von institutioneller Seite. Während der Anteil der ausländischen Anleger am Handelsvolumen der Wiener Börse vor fünf Jahren noch im niedrigen einstelligigen Bereich war, macht dieser heute bereits mehr als die Hälfte aus. Dieses „Hot Money“ kommt schnell, aber fließt auch schnell wieder ab. Und wenn alle auf einmal durch eine Tür wollen – Wien ist trotz einer Marktkapitalisierung von über 100 Milliarden Euro nach wie vor ein verhältnismäßig kleiner Handelsplatz – hat dies teilweise dramatische Auswirkungen.

Aktienkultur in Österreich entwickelt sich nur langsam

e-fundresearch: Genau hier versucht die Wiener Börse schon seit Jahren anzusetzen. Heimische institutionelle Investoren und Fondsmanager investieren zu wenig in Österreich-Aktien, heißt es. Wird hier noch zu wenig getan um den „home bias“ zu verstärken?

Friedrich Erhart: Im Vergleich zu ihrer Matktkapitalisierung - im MSCI World Index sind Österreich-AKtien nur mit 0,2 Prozent gewichtet - sind heimische Investoren in inländischen Aktien heute schon stark übergewichtet. Im Interesse einer sinnvollen regionalen Diversifikation sind hier natürlich Grenzen gesetzt. Meiner Meinung nach hat die Institution Wiener Börse in den letzten Jahren eine exzellente Arbeit gemacht, u.a. erfolgreiche Reformen, Marketing und  Roadshows. Viel mehr kann man eigentlich nicht tun. Auch darf man sich nach einer Vervierfachung des ATX-Index von der Bundesregierung keine weiteren steuerlichen Anreize - Stichpunkt Zukunftsvorsorge - mehr erwarten. Die Aktienkultur in Österreich wird sich einfach langsam entwickeln.

„Wir haben den Boden noch nicht gesehen“

e-fundresearch: Was sollen Anleger jetzt tun? Wie die Ausländer auch verkaufen oder Augen zu und durch?

Friedrich Erhart: Fundamental standen wir Anfang Mai höchstens am Beginn einer Übertreibung. Die Korrekturen der letzten Wochen waren aber sicher mehr als eine normale Konsolidierung. Üblicherweise haben solche starken Kursrückgänge in den letzten zehn Jahren immer länger gedauert, etwa drei Monate. Insofern gehe ich davon aus, dass der Markt den Boden noch nicht gefunden hat und chart-technisch besteht die Möglichkeit weiterer Indexrückgänge bis zu einem Niveau von 3.100-3.200 Punkten. Vom heutigen Niveau aus sind das noch weitere Verluste in der Höhe von maximal zehn Prozent.

Diese Niveaus sind dann aber für einen Einstieg durchaus attraktiv. Denn der ATX weist aktuell schon ein KGV von rund 12 auf. Diese Gewinnrendite von über acht Prozent erscheint mir vor dem Hintergrund des aktuellen Zinsniveaus doch günstig. Zu einem Verkauf rate ich deswegen trotz der erhöhten Volatilität jetzt nicht mehr.

„Osteuropa ist keine Einbahnstraße“

e-fundresearch: In den letzten Jahren hat sich der Wiener ATX eher im Gleichklang mit osteuropäischen Aktienmärkten entwickelt als mit Westeuropa. Wird das so bleiben und wenn ja, mit welcher langfristigen Entwicklung rechnen Sie bei Osteuropa-Aktien?

Friedrich Erhart: Aufgrund des hohen Exposures österreichischer Unternehmen in Osteuropa wird die hohe Korrelation weiter bestehen. Rund 80 Prozent aller ATX-Unternehmen weisen signifikante Ergebnisbeiträge aus Osteuropa auf. Das ganze ist aber ein zweischneidiges Schwert: Da wir im Aufwärtstrend profitiert haben, macht Wien den Abwärtstrend ebenso mit. Derzeit haben aber glaube ich die wenigsten einen langfristigen Anlagehorizont.

e-fundresearch: Wie lange wird die Osteuropa-Story bei heimischen Unternehmen noch aktuell bleiben?

Friedrich Erhart: Es stimmt, dass die Osteuropa-Story kein extrem neues Thema mehr ist. Ganz abgelutscht ist es aber auch nicht denn österreichische Unternehmen werden weiterhin – noch mindestens ein Jahrzehnt lang – vom erhöhten Wachstum in Osteuropa profitieren. Das ganze ist aber keine Einbahnstraße, denn mit den höheren Renditen sind auch höhere Risiken verbunden. Und viele dieser Erwartungen müssen auch erst einmal erfüllt werden, das scheinen viele Anleger immer wieder zu vergessen. Der langfristige Megatrend Osteuropa ist aber sicher intakt, zwischenzeitliche Verschnaufpausen sollen aber berücksichtigt werden.

Stahlzykliker eher meiden

e-fundresearch: Welche Aktien werden Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren die Gewinner sein? Wo setzten Sie im Fonds Schwerpunkte?

Friedrich Erhart: Ehrlich gibt es derzeit auf Sektorebene keine nennenwerten Schwerpunkte. Aufgrund der starken Kursrückgänge sehe ich attraktive Kaufgelegenheiten in nahezu allen Sektoren. Zyklische Unternehmen würde ich aber eher meiden, gerade der Stahlzyklus hält schon sehr lange an und auch hier wachsen die Bäume nicht in den Himmel. 

BAWAG hat geringe Auswirkungen auf die Börse

e-fundresearch: Welche Rolle spielt eigentlich der Skandal rund um die viertgrößte Bank Österreichs, die BAWAG, bei den Kursverlusten der Wiener Börse in den letzten Wochen?

Friedrich Erhart: Zeitlich fallen beide Ereignisse nur bedingt zusammen, da die negativen Fakten der BAWAG schon vor den Kursverlusten an der Wiener Börse bekannt wurden. Ich war aber selbst überrascht, wie wenig die Börse darauf reagiert hat. Ich sehe aber die Causa BAWAG als Sonderfall mit eigenen Gesetzmäßigkeiten und bin was die Bilanzqualität anderer heimischer Großbanken betrifft nicht beunruhigt.

e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!


Über die Person:
Friedrich Erhart schloss seine Ausbildung (Fachrichtung: allgemeiner Maschinenbau) 1982 an der HTL Wien 1 ab. Im Anschluss daran arbeitete er als Ingenieur bei verschiedenen Industrieunternehmen und technischen Büros. 1987 begann er, verschiedene Wertpapierseminare zu absolvieren und seine Wertpapierkenntnisse im Selbststudium zu vertiefen. Herr Erhart ist seit 1990 Fondsmanager bei der Capital Invest und in dieser Funktion Co-Manager des Capital Invest Austria Stock welchen er seit Anfang 1992 alleine verantwortet. Er absolvierte den ÖVFA-Lehrgang und erwarb das EFFAS-Diplom. Friedrich Erhart ist im ATX-Komitee als Vertreter der institutionellen Investoren tätig. 

Alle Daten per 16.6.2006 in Euro
Quelle:

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